Die Arbeitsmedizin umfasst verschiedene Felder und reicht von der Abklärung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen über die Beratung von Organisationen bezüglich Gesundheitsstandards bis hin zur Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ganz generell befasst sie sich also mit dem Wechselspiel zwischen Arbeit und Gesundheit. Die Arbeitsmedizin ist in der Theorie eine sehr ganzheitliche Medizin und berücksichtigt physische, psychische und soziale Faktoren. In der Praxis standen bis anhin jedoch die physischen Faktoren stark im Vordergrund. In den letzten 30 Jahren wurden die Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz massiv verbessert und als Folge davon sind die Berufsunfälle deutlich gesunken. Der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin rückt momentan stärker in den Fokus. Hier ist auch das mit Abstand grösste Potential der Arbeitsmedizin auszumachen.

Da wir in der Schweiz dank der letzten 30 Jahre mittlerweile einen hohen Standard an physischer Arbeitssicherheit geniessen, wäre es sinnvoll, in den nächsten 30 Jahren vermehrt den psychischen Aspekt der Arbeitsmedizin zu betonen (dazu gehört beispielsweise das betriebliche Gesundheitsmanagement, BGM). Dies auch vor dem Hintergrund, dass arbeitsplatzbezogene psychische Erkrankungen (allen voran das Burnout) auf dem Vormarsch sind. Im Artikel zum Burnout wird erläutert, dass sich die burnoutbedingten Kosten in der Schweiz seit 2010 verdoppelt (!) haben. Dieser enorme Kostenanstieg könnte durch den präventiven Ansatz der Arbeitsmedizin massiv verringert werden.

Konkret unternommen wird in der Schweiz dazu aktuell noch wenig. Wie aber könnte eine konkrete Vorbeugemassnahme aussehen? Ein Beispiel ist das regelmässige Ausfüllen eines Fragebogens zum psychischen Befinden am Arbeitsplatz. Dieser Fragebogen sollte von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Unternehmens zweimal jährlich ausgefüllt werden. Bei Auffälligkeiten sollte ein Gespräch mit einer psychologischen Fachperson stattfinden.

Die Fragebögen müssen natürlich strengstens vertraulich sein und von externen Fachpersonen analysiert werden, so dass die eigenen Vorgesetzten keinen Zugriff darauf haben. Eine solche Anonymität gegenüber dem Arbeitgeber bringt eine erhöhte Offenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit sich. Gerade wenn es darum geht, psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz früh zu erkennen, ist dies entscheidend. Die eigenen Vorgesetzen auf psychische Belastungen anzusprechen, ist für die betroffene Person mit viel Mut und Risiko verbunden.  Deswegen wird ein solcher Schritt in der Regel erst getan, wenn das Problem bereits eine relativ hohe Leidensschwelle erreicht hat.  

Die Psyche ist in allen Fällen weniger greifbar als physische Erkrankungen. Dies erschwert nicht nur die Behandlung, sondern auch Studien. Da der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin und dessen Leistungen auch finanziert werden müssen, braucht es die Krankenkassenanerkennung. Um dies zu erreichen, bedarf es jedoch der Studien, die den Mehrwert der neuen Intervention (z.B. die erwähnten Fragebögen mit externer Auswertung) eindeutig beweisen. Allerdings ist es sehr schwierig, einen direkten kausalen Link herzustellen zwischen einer solchen vorbeugenden Intervention und der Anzahl Burnouts, die verhindert wurden.

Bei physischen Erkrankungen verhält es sich anders: Wenn beispielsweise an einem neuen Tumormarker geforscht wird, kann numerisch und statistisch ganz klar festgelegt werden, welcher Marker zuverlässiger ist – der Altbewährte oder der Neue. Dazu verwendet man eine Untersuchungsgruppe, welche den neuen Marker erhält und eine Kontrollgruppe, die den bewährten Marker erhält. Danach können die Resultate verglichen und Schlüsse gezogen werden. Bei psychischen Erkrankungen ist es schwer, eine solche Beweislage zu schaffen. Dies ist leider einer der Gründe, weshalb der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin bisher nur eine Nebenrolle gespielt hat.

Abschliessend kann also festgehalten werden, dass die arbeitsmedizinische Versorgung in der Schweiz im Bezug auf die physische Gesundheit mittlerweile einen sehr hohen Standard erreicht hat. Die Arbeitssicherheit muss nicht mehr neu erfunden, sondern lediglich in ihren Feinheiten adaptiert – und vor allem umgesetzt – werden. Der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin geniesst einerseits noch nicht den selben Stellenwert wie der physische, andererseits wird er aber auch zunehmend relevanter und dringlicher.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die Feuerwehr hat als eine von drei Blaulichtinstitutionen einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und wird in der Schweiz zu einem überwiegenden Grossteil durch ein Milizsystem abgedeckt. Das bedeutet, dass die Feuerwehrleute ihre Arbeit vorwiegend freiwillig (nebenberuflich) ausüben. Feuerwehrleute setzen sich bei ihren Arbeiten regelmässig einem grossen Risiko aus. Die gesundheitlichen Risiken für Feuerwehrleute sowie mögliche Lösungsansätze zur Minimierung des Risikos und verschiedene Präventionsmassnahmen werden in diesem Artikel erläutert.

Der naheliegendste Risikofaktor, dem Feuerwehrleute bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind, ist der Rauch. Der Rauch, der bei einem Feuer entsteht, ist nachgewiesenermassen krebserregend. Dies hat damit zu tun, dass modernes Baumaterial viele krebserregende Stoffe enthält. Zum Vergleich: eine alte brennende Holzscheune erzeugt einen „gesünderen Rauch“ (weniger krebserregende Stoffe, da nur Holz) als ein modern gebautes Einfamilienhaus. Weil der Rauch vor allem über die Schleimhäute in den Körper gelangt, sind insbesondere Lungenkarzinome und Karzinome im Rachenbereich häufige Erscheinungen nach regelmässiger Rauchexposition. Auch abgesehen vom Rauch sind Feuerwehrleute krebserregenden und giftigen Substanzen ausgesetzt. Denn die Feuerwehr ist beispielsweise auch involviert, wenn giftige Substanzen in die Natur ausgetreten sind. Daher ist die korrekte Anwendung von Schutzausrüstung zentral bei der Bekämpfung von giftigen Substanzen.

Nebst dem Risiko durch Rauch und giftige Substanzen gibt es weitere gesundheitliche Risiken für Feuerwehrleute. So haben Feuerwehrleute beispielsweise ein erhöhtes Risiko von plötzlich auftretenden Problemen des Herzkreislaufsystems. Der Grund liegt darin, dass das Kreislaufsystem bei einem Brand einem länger anhaltenden massiven Stress und einer starken Hitze ausgesetzt ist. Dies erfordert eine massiv erhöhte Leistung des Herzens während Feuerwehreinsätzen.

Wie kann das kardiovaskuläre Risiko von Feuerwehrleuten minimiert werden? Weil Feuerwehrleute durch ihre Tätigkeit ein erhöhtes Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen haben, sind präventive Massnahmen entscheidend. Bei Stress und Hitze reagiert der Körper mit sehr starker Schweissproduktion (= starker Flüssigkeitsverlust) sowie einer Erhöhung der Körpertemperatur. Zudem wird die Bildung von Blutplättchen angeregt. Die Bluttplättchen können dann im schlimmsten Fall zu einem Gerinnsel verklumpen und ein arterielles Gefäss verstopfen. Dies erklärt das erhöhte kardiovaskuläre Risiko. Die beste Prävention für kardiovaskuläre Erkrankungen ist eine gute Fitness. Feuerwehrleute werden daher dazu angehalten, in ihrer Freizeit regelmässig ihre Fitness zu trainieren. Schnelles Joggen oder Intervalltraining bilden dabei die beste Grundlage, um das kardiovaskuläre System positiv zu belasten. Diese Belastung soll dazu dienen, dass der Körper und das Kreislaufsystem sich an die Herausforderungen bei einem Feuerwehreinsatz gewöhnen und ein Feuerwehreinsatz keine zu hohe Anforderung an den eigenen Körper darstellt.

Ein Beispiel für ein kardiovaskuläres Ereignis bei Feuerwehrleuten ist der Hitzschlag. Beim Hitzschlag versagen die Thermoregulationsmechanismen des Körpers, was zu einem Anstieg der Körpertemperatur auf über 40°C führt. Dies bringt die verschiedenen Organsysteme an ihre Belastungsgrenze und es treten die Leitsymptome Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zur Synkope (= Bewusstlosigkeit) auf.

Entscheidend für die Bekämpfung der gesundheitlichen Risiken für Feuerwehrleute sind gute Aufklärungsarbeit und die korrekte Anwendung sowie Reinigung der entsprechenden Ausrüstung. Diese zwei Aspekte erhöhen die Sicherheit für Feuerwehrleute entscheidend. Das Vermitteln von Wissen und die Sensibilisierung sind zwar Eckpfeiler der Prävention, dennoch muss die Umsetzung regelmässig überprüft werden. Um die körperliche Fitness der Feuerwehrleute sicherzustellen, gibt es beim Eintritt in die Feuerwehr einen obligatorischen Fragebogen und eine medizinische Untersuchung zur Tauglichkeitsabklärung. Wer bei der Feuerwehr ein Atemschutzgerät trägt, muss zudem alle fünf Jahre eine Lungenfunktionsprüfung absolvieren. Ab 40 Jahren reduziert sich das Intervall – dann müssen sich atemschutzgerättragende Feuerwehrleute alle drei Jahre und ab 50 Jahren sogar jährlich einer Lungenfunktionsprüfung unterziehen. Das hängt damit zusammen, dass die Lungenfunktion mit dem Alter physiologischerweise abnimmt und das Risiko von bösartigen Lungenerkrankungn steigt. Der gängigste Test zur Tauglichkeit ist der 12-Minuten-Lauf. Dieser prüft die Lungenfunktion und das kardiovaskuläre System sehr gezielt und zuverlässig.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Heutzutage arbeiten 20% aller erwerbstätigen Schweizer in einem Schichtsystem. Schichtarbeit wird definiert als eine Arbeitsleistung zu wechselnden Tages- oder Nachtzeiten oder zu konstanten, jedoch ungewöhnlichen Arbeitszeiten abseits der Tagesarbeit. Zu diesen Berufen gehören beispielsweise Pflege, Polizei, Logistik, Transport und Verkauf. Grundsätzlich gilt Tagesarbeit als Arbeit zwischen 6 Uhr und 20 Uhr, Abendarbeit zwischen 20 Uhr und 23 Uhr, Nachtarbeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr. Es gibt permanente Schichtsysteme (Dauerfrühschicht, Dauerspätschicht, Dauernachtschicht), aber auch rotierende Systeme sind oft im Einsatz (siehe „Arbeiten in der Nacht und in Schicht“, 2018). Durch zahlreiche Studien, die in einer Literaturanalyse ausgewertet wurden, konnte belegt werden, dass Nacht- und Wechselschichten durch die Störung des Tag-Nacht-Rhythmus zu Schlafmangel und Schlafstörungen führen können. Dies kann verminderte physische und mentale Leistungsfähigkeit bis hin zu Erkrankungen zur Folge haben (siehe „Leitlinie ‚Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit‘“, 2021).

Auswirkungen auf den Schlaf

Die Schlafdauer ist bei rotierenden 3-Schichtsystemen (also Früh-, Spät-, und Nachtdienst) und Nachtschichten reduziert, bei Spätschichten wiederum erhöht. Insbesondere im schnell-rotierenden 3-Schichtsystem ist der Schlaf merklich reduziert. Die permanente Nacht- und Spätschicht scheint die Schlafdauer weniger zu beeinträchtigen. Das heisst, schnell-rotierende 2- beziehungsweise 3-Schichtsysteme reduzieren die Schlafmenge am meisten. Des Weiteren zeigte die Literaturanalyse („Leitlinie ‚Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit‘“, 2021), dass Ruhezeiten zwischen zwei Diensten unter 11 Stunden mit vermehrter Müdigkeit einhergehen. Hinsichtlich Schlafproblemen und Müdigkeit vertragen Männer Schichtarbeit besser als Frauen, jüngere Personen besser als Ältere, wobei Ältere mehr Probleme im Nachtdienst, Jüngere hingegen mehr Schwierigkeiten mit dem Frühdienst haben.

Fehler und Unfälle

Die Literaturanalyse zeigte auf, dass die Häufung von risikobehafteter Arbeitsgestaltung (lange Arbeitszeit, Nachtdienste, hohe Anzahl von aufeinanderfolgenden Nachtdiensten) zu einem Anstieg des Unfallrisikos beitragen. Es konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass permanente Nachtschichtsysteme zu einer erhöhten Unfallhäufigkeit führen. Daraus ist zu entnehmen, dass nicht die Nachtarbeit an sich, sondern ein schnell-wechselndes Rotationssystem mit verminderter Konzentrationsfähigkeit und Fehlerhäufigkeit einhergeht, was wiederum zu Unfällen führen kann.

Herz-Kreislauferkrankungen

Schichtarbeit kann zu Schlafmangel, schlechter Schlafqualität und einer eingeschränkten Möglichkeit zur Erholung führen. Schichtarbeit ist mit ungünstigen Lebensstilveränderungen verbunden – dazu gehören schlechte Ernährungsgewohnheiten und Rauchen. Diese Faktoren begünstigen Entzündungen, Veränderungen in der Blutgerinnung und Blutdruckanstieg. Dadurch ist das Risiko für Herz- und Gefässerkrankungen erhöht.

Stoffwechselekrankungen

Die negativen Wirkungen von Schichtarbeit auf den Stoffwechsel beruhen auf den folgenden Faktoren: Nahrungsaufnahme zu einer Zeit, in der der Körper nicht auf Verdauung eingestellt ist, Schlafmangel und Störung des circadianen Rhythmus. Die Literaturanalyse deutete daraufhin, dass Schichtarbeit mit einem erhöhten Diabetes Typ II Risiko assoziiert ist. Ebenfalls ist das sogenannte metabolische Syndrom mit Schichtarbeit assoziiert. Dieses Syndrom beschreibt das Auftreten von den folgenden vier Veränderungen im Körper: hoher Blutzucker und damit einhergehende Insulinresistenz, stammbetonte Fettleibigkeit, erhöhte Blutfettwerte und hoher Blutdruck. Das metabolische Syndrom ist ein Risikofaktor für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Diabetes. Bei den genannten Stoffwechselerkrankungen sollte Schichtarbeit, insbesondere Nachtschicht, kritisch überprüft werden.

Gastrointestinale Erkrankungen

Ebenfalls gibt es einen Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und den folgenden Magen-Darm-Erkrankungen gibt: Magengeschwüre, funktionelle Darmerkrankungen wie Reizmagen und Reizdarm sowie Refluxkrankheit. Ferner gibt es laut der Studienanalyse Anhaltspunkte, dass das Risiko für Dickdarmkrebs bei einer Schichtarbeitstätigkeit über 15 Jahre erhöht ist. Die Frage, ob man zum Beispiel mit chronischer Darmerkrankung einer Schichttätigkeit nachgehen sollte, muss immer individuell erwägt werden und kann im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung evaluiert werden.

Neurologische Erkrankungen

Schichtarbeitende haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Migräne und Kopfschmerzen. Unregelmässiges Schlafverhalten und Schlafstörungen gelten als Triggerfaktor für Migräneanfälle und chronische Kopfschmerzen. Obwohl kein Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und einem Auftreten von Epilepsie zu beobachten ist, sollte bei Personen mit Epilepsie sehr sorgfältig überlegt werden, ob Schichtarbeit in Frage kommt.

Psychische Erkrankungen

Es zeigt sich ein erhöhtes Risiko für Depressionen beziehungsweise depressiver Symptomatik in Zusammenhang mit Schichtarbeit. Zu depressiver Symptomatik gehören zum Beispiel Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, Interessensverlust und eine gedrückte Stimmung. Wiederum gibt es den sogenannten „healthy worker effect“, das bedeutet, dass viele Beschäftigte auf die beginnende Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit mit dem Verlassen der Schichtarbeit reagieren. Erschöpfung, Erholungsbedürfnis sowie Schlafstörungen führen nämlich vermehrt zu einem Wechsel in reguläre Arbeitszeiten.

Krebserkrankungen

Aktuell kann man aus der Literatur nicht eindeutig beantworten, ob Schichtarbeit mit vermehrtem Auftreten von Krebserkrankungen einhergeht. Obwohl bis heute keine Kausalzusammenhänge zwischen Krebserkrankungen und Schichtarbeit gefunden wurden, gibt es Hinweise auf interne (genetische) und externe Faktoren (Lifestyle-Faktoren wie Rauchen, Essverhalten, Lichtexposition), welche das Krebsrisiko durch Schichtarbeit erhöhen.

Gibt es eine optimale Schichtplangestaltung?

Prinzipiell gilt, dass Schichtpläne sich möglichst nach den Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren sollten, beispielsweise durch Wahlarbeitszeiten oder individualisierte Dienstpläne.  Es gelten zudem folgende Empfehlungen:

  • Bei aufeinanderfolgenden Schichten sollten maximal 3 Nachtschichten in Folge geplant werden.
  • Einzelne Arbeitstage zwischen freien Tagen sollten vermieden werden.
  • Vorwärtsrotationen (Früh – Spät – Nachtschicht) sind Rückwärtsrotationen vorzuziehen.
  • Der Frühschichtbeginn sollte nicht zu früh sein. Als zu früh gilt alles vor 6 Uhr, wobei auch regelmässige Schichten vor 8 Uhr den Körper beeinträchtigen. (Groll, 2013)
  • Innerhalb der Schicht sollte auf ausreichende Pausen geachtet werden, es sollten möglichst keine Überstunden anfallen.
  • Eine vollständige Erholung nach der Arbeit sollte möglich sein.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Schichtarbeit einen indirekten und direkten Einfluss auf die Gesundheit hat. Da Schichtarbeit in vielen Berufen unabdingbar ist, ist es umso wichtiger, die Schichtpläne nach den physischen, psychischen und sozialen Bedürfnissen der Beschäftigten zu gestalten.

Quellen

Arbeiten in der Nacht und in Schicht. (2018). SECO | Direktion für Arbeit | Arbeitsbedingungen.

Groll, T. (2013, Januar 31). Gegen den Biorhythmus und die Gesundheit. Die Zeit. https://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-01/schichtarbeit-gesundheit-risiken?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

Leitlinie „Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit“. (2021). Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM).

Dr. med. univ. Anemone Rutter

Dr. med. univ. Anemone Rutter

Assistenzärztin (MED4LIFE)

Dieser Artikel soll die arbeitsmedizinische Relevanz von Asbest aufzeigen und die damit verbundenen Krankheiten erläutern. Asbest ist seit 1990 gesetzlich verboten, doch man muss davon ausgehen, dass fast jedes vor 1990 erbaute Gebäude mit asbesthaltigen Materialien bestückt ist. Dieses Thema ist also nach wie vor sehr aktuell, da ein Grossteil der Gebäude und Häuser in der Schweiz vor 1990 erbaut wurden.

Vorab soll jedoch geklärt werden, was Asbest überhaupt ist, wo er überall vorkommt und weshalb er gefährlich ist. Asbest beschreibt eine mineralische Naturfaser, die im Gestein vorkommt und im Baugewerbe lange verwendet wurde. Asbestfasern zeichnen sich durch ihre Festigkeit, sowie die Hitze- und Säurebeständigkeit und auch die wasserabweisende Wirkung aus. Ohne die gesundheitsschädigende Wirkung wäre Asbest also fast schon ein Wunderstoff, da er viele technisch relevante Anforderungen erfüllt. Die Gesundheitsrisiken wurden leider erst relativ spät entdeckt (um 1970) und seit der Entdeckung verging aufgrund langanhaltender Lobbyarbeit aus dem Baugewerbe noch einmal viel Zeit, bis sich 1990 in der Schweiz ein Asbestverbot etablierte.

Asbestfasern wurden häufig zum Zement beigefügt und bringen so die oben genannten Eigenschaften in den Zement. Zudem wurden die eher kurzen Fasern des Asbests in weichen organischen Massen eingesetzt, um so beispielsweise Beläge, Beschichtungen oder Gummidichtungen zu optimieren. Asbest kann in einem Haushalt also fast überall vorkommen. Besonders häufig kommt Asbest in Decken, Treppen, Dächern, Wänden und Türen sowie Rohrleitungen vor. Es ist jedoch sehr wichtig zu erwähnen, dass der Asbest in der verbauten Form kaum ein Gesundheitsrisiko darstellt. Gefährlich wird der Asbest vor allem dann, wenn die asbestbesetzten Produkte bearbeitet werden. Wird beispielsweise in eine Fassade gebohrt oder ein Rohr nicht fachgemäss ausgebaut, können feine Teile der Asbestfasern in die Luft gelangen.

Feinste Asbestfasern (diese Fasern werden auch als Asbeststaub bezeichnet) können eingeatmet werden und sich dann in den Lungenbläschen, fachsprachlich Alveolen, absetzen. Diese Fasern kann der menschliche Körper kaum abbauen und die Fasern setzen sich dadurch dauerhaft in der Lunge ab. Das heisst, dass alle asbestbedingten Krankheiten auf die Atemwege zurückzuführen sind. Problematisch ist vor allem, dass asbestbedingte Lungenerkrankungen eine sehr hohe Latenzzeit haben. Das heisst, dass zwischen dem Einatmen der feinen Asbestfasern und dem Auftreten von Symptomen sehr viel Zeit vergeht. Genau beziffern kann man diese Zeitspanne nicht, sie beträgt jedoch im Minimum 15 Jahre, in der Regel sogar bis zu 30 Jahren. Das bringt also die Schwierigkeit, dass Betroffene zum Teil jahrelang gar nicht merken, dass sie dem Asbest ausgesetzt waren und eine dadurch bedingte Lungenerkrankung entwickeln.

Dies erschwert dann initial auch die Diagnosefindung, weil die Ursache so viele Jahre zurückliegt. Asbest ist sicherlich stark krebserregend, doch es gibt auch weitere Lungenerkrankungen, welche die Asbestfasern auslösen können. Die Bekannteste ist die sogenannte Asbestose. Die Asbestose entsteht, wenn sich die Lunge durch den Asbeststaub krankhaft verändert und sich im Lungengewebe Narben bilden. Der Asbeststaub wirkt nicht nur auf die oben erwähnten Alveolen, sondern auch auf das umliegende Bindegewebe der Lunge. Der schädliche Umbau des Bindegewebes wird Fibrosierung genannt, das Resultat ist eine asbestbedingte Lungenfibrose. Die Intensität der Asbestose ist proportional zur Expositionsdauer mit dem Asbeststaub.

Abschliessend kann also festgehalten werden, dass Asbest trotz einem mittlerweile langjährigen Verbot nach wie vor eine Gefahr darstellt. Die Gefahr besteht jedoch in den allermeisten Fällen nur bei der Bearbeitung von Materialien, die Asbest beinhalten. Prävention ist der wichtigste Faktor, wenn es um die Gesundheit in Zusammenhang mit Asbest geht! Diese besteht aus Aufklärungsarbeit – einerseits darüber, was Asbest ist, andererseits darüber, ob Asbest im zu bearbeitenden Gebäude vorkommt. Eine Probenentnahme vor Bauarbeiten an Gebäuden, die vor 1990 erbaut wurden, verhindert Asbestfälle sehr effektiv.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Eine gesunde Work-Life Balance ist mittlerweile einer der meistgenannten Wünsche bei Bewerbungsgesprächen. Die Work-Life Balance beschreibt das Wechselspiel zwischen in der Regel vorgegebenen Berufsanforderungen und einem persönlichen Handlungsspielraum, den man nach Belieben selbst ausgestalten kann. Die Balance zwischen den beiden ist individuell und wird von jeder und jedem für sich selbst bestimmt. Dabei gibt es einen klaren Trend, wenn man die arbeitenden Altersgruppen betrachtet. Die ältere arbeitende Generation (45-65 Jahre) lässt Work und Life eher ineinander verschmelzen und vermeidet ein zu klares Abstrahieren. Die jüngere Generation, allen voran die Generation-Z, verfolgt hingegen meist den Ansatz, Arbeit und Privatleben sehr strikt voneinander zu trennen. Zudem gibt es einen von der Generation Z ausgehenden sehr starken Wunsch nach mehr Freizeit und weniger Arbeit. Starke Indizien dafür sind die Erwägungen einer Vier-Tage-Woche und das immer häufiger gesuchte Teilzeitmodell.

Wie hängen eine gesunde Work-Life Balance und Prokrastination zusammen?

Einer der wichtigsten Punkte, der sowohl den Work- als auch den-Life Aspekt betrifft, ist das Vermeiden von Prokrastination. Prokrastinieren bedeutet, eine Aufgabe immer wieder aufzuschieben. Dieser Effekt zeigt sich im Work-Aspekt jedoch ganz anders als im Life-Aspekt. Bei der Arbeit hat Prokrastination einen sehr grossen psychologischen Effekt! Sie vermindert die Leistungsfähigkeit und reduziert auch nachhaltig das Interesse an anderen Aufgaben, die erledigt werden müssen. In der Freizeit hat Prokrastination eher eine Stimmung des Nachtrauerns zur Folge.

Daher sind die folgendenden Punkte entscheidend für eine nachhaltige Work-Life Balance:

  1. Erstellen Sie sich einen Zeitplan
  2. Erledigen Sie unangenehme oder schwierige Aufgaben zuerst
  3. Reflektieren Sie ihre Arbeitsbewältigung nach Vollendung dieser Aufgabe

Diese drei Punkte verhindern zusammen das Prokrastinieren und die Reflexion hilft dabei, zukünftige ähnliche Aufgaben optimiert zu bewältigen.

Ein neuer Aspekt für eine gelungene Work-Life Balance betrifft die freien Tage. Den allermeisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist vor allem das Wochenende wichtig, um den Life-Aspekt auszuleben.   Dabei stehen oft die Erholung sowie Hobbys im Vordergrund. Machen Sie sich auch hier einen groben Zeitplan. Denn für den psychologischen Erholungseffekt ist es ganz entscheidend, dass die Erholung auf einer aktiven Entscheidung beruht und nicht passiv geschieht. Wenn Sie beispielsweise ausschlafen wollen und einen lockeren Samstag im Garten anstreben, versuchen Sie, das bewusst zu machen. Wenn Sie einfach passiv in den Tag hineinleben, ohne dass der lockere Tag eine bewusste Entscheidung ist, wird der Erholungseffekt danach viel kleiner ausfallen. Dabei hilft es auch, in die aktive Erholung kleinere Aktivitäten einzubauen.

Das Prokrastinieren kann auch abseits des Arbeitslebens vorkommen und die Work-Life Balance negativ beeinflussen. Wenn Sie beispielsweise schon immer einmal Fallschirmspringen wollten und es bis heute nie gemacht haben, sind Sie in diesem Hinsicht der Prokrastination verfallen. Um dem vorzubeugen ist beispielsweise eine jährliche «Bucketlist» von grösseren Erlebnissen/ Ausflügen ein sehr effizientes Mittel. Diese Liste hilft dabei, immer wieder eine kleinere Herausforderung zu erleben, welche den Life-Aspekt bereichert.

Wer sich längerfristig in einer Dysbalance zwischen Arbeit und Leben sieht, steht vor der Herausforderung, diese aktiv zu ergründen. Das ist oftmals gar nicht so einfach, denn die Dysbalance kann auf beide Seiten gehen, und sowohl im Work- als auch im Life-Aspekt können Probleme auftreten, die eine schlechte Work-Life Balance begünstigen. Wenn Ihnen dabei auffällt, dass in Ihrem Fall ausschliesslich die Arbeit zu einer schlechten Work-Life Balance beiträgt, sollte als erstes ein Gespräch mit den Mitarbeitenden oder dem Vorgesetzten angestrebt werden, um die Probleme anzusprechen. Eine Dysbalance zugunsten der Arbeit kann längerfristig zu einem Burnout führen.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Das Gehör lässt sich relativ einfach schützen, dennoch gibt es nach wie vor viele arbeitsbezogene Erkrankungen des Gehörs. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Die häufigsten sind subjektive Unterschätzung der schädigenden Wirkung von Lärm und ungenügende Aufklärungsarbeit. Daher soll dieser Artikel erklären, was bei übermässigem Lärm mit dem Gehör passiert, ab wann Schäden entstehen und wie man sich am besten davor schützt.

Ein Gehörschutz am Arbeitsplatz muss ab Schallpegeln von über 85 Dezibel getragen werden. Die Dezibelskala ist eine Referenzskala. Es wird also der vorherrschende Schalldruck gegen einen vorbestimmten Referenzschalldruck gemessen. Der Referenzschalldruck liegt bei 20 Mikropascal, was der absoluten Hörschwelle bei einer Frequenz von 1000 Hertz entspricht. Die hörbaren Frequenzen reichen von 20 Hertz bis 20‘000 Hertz. 85 Dezibel wird als Grenze gewählt, ab der ein Gehörschutz am Arbeitsplatz getragen werden muss, weil die Schadensgrenze bei etwa 90 Dezibel liegt. Die Schadensgrenze ist jedoch stark frequenzabhängig. Es gilt der folgende Grundsatz: Je höher die Frequenz eines Tones, desto kleiner seine Wellenlänge und desto höher der Ton. Bei sehr tiefen Tönen ist die Schadensgrenze höher als bei hohen Tönen und liegt bei etwa 110 Dezibel. Das heisst, dass hohe Töne vergleichsweise weniger laut sein müssen, um bereits Schaden anzurichten, als tiefe Töne.

Es gibt einen Unterschied zwischen der Schmerzgrenze und der Schadensgrenze. Die Schadensgrenze liegt deutlich unter der Schmerzgrenze. Dies führt dazu, dass unser Gehör schon lange einen Schaden davonträgt, wenn man anfängt, lärmbedingte Schmerzen zu empfinden. Hier schlägt der Schutzmechanismus des Schmerzes also gewissermassen fehl. Angenommen in einem zu lauten Nachtclub läuft die Musik beispielsweise bei 110 Dezibel, dann liegt die Dezibelzahl über der Schadens-, aber unter der Schmerzgrenze. Das heisst, dass die Musik zwar schädlich ist, jedoch von den Anwesenden kein Schmerz verspürt wird.

Wie wird das Gehör bei zu hohen Schalldruckpegeln beschädigt?

Die Hörschnecke (fachsprachlich Cochlea) überträgt die ankommenden Schallwellen mittels Haarzellen auf feine Nerven, welche das empfangene Signal zum Gehirn weiterleiten, wo es als Ton wahrgenommen wird. Die Haarzellen lassen sich in äussere und innere Haarzellen unterteilen. Bei zu hohem Schalldruck werden insbesondere die äusseren Haarzellen beschädigt. Das kann man sich wie ein mechanisches Zerbrechen der Haare auf diesen Zellen vorstellen – natürlich auf Mikroebene. Die äusseren Haarzellen sind dazu da, das Signal zu verstärken, wohingegen die inneren das Signal verarbeiten. Der Schaden geschieht also vor allem im Bereich der Signalverstärkung. Gesundheitliche Folgen von Lärmbelastung sind zum Beispiel Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Angstzustände, ein erhöhtes Herzinfarktrisiko oder Tinnitus. Für die Arbeitsmedizin ist es entsprechend wichtig, dass ein adäquater Gehörschutz am Arbeitsplatz getragen wird. Ohropax sind kein adäquater Gehörschutz am Arbeitsplatz.

Der arbeitsbedingte Schutz des Gehörs wurde lange Zeit vernachlässigt. Noch heute gibt es viele arbeitsbezogene Erkrankungen des Gehörs; genaue Zahlen sind leider nicht bekannt. Allerdings gibt es auch gute Neuigkeiten: Während im Jahr 1970 noch 35% der Arbeitnehmenden in lärmexponierten Branchen einen deutlichen Schaden des Gehörs bei der Arbeit erlitten, sind es heute nur noch 8% (Jost & Pletscher, 2013). Ausserdem sind die Schäden heute seltener auf den nicht vorhandenen Schutz und häufiger auf das Verhalten der Arbeitnehmenden zurückzuführen. Mit Verhalten ist hier gemeint, dass der Gehörschutz am Arbeitsplatz falsch eingesetzt oder getragen wird.

Ein weitverbreiteter Mythos besagt zudem, dass das Gehör erst bei längerfristigen zu lauten Geräuschen einen Schaden erleidet. Das ist jedoch falsch, denn kurze intensive Geräuscherlebnisse sind sogar eine häufige Ursache für arbeitsbezogene Erkrankungen des Gehörs. Als Beispiel für ein kurzes intensives Geräusch, das Erkrankungen hervorrufen kann, dient das Knalltrauma. Bei einem Knalltrauma liegt der Schalldruckpegel im Millisekundenbereich über 160 Dezibel.

Zum Abschluss soll betont werden, dass Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer jederzeit das Recht auf einen angemessenen Gehörschutz am Arbeitsplatz haben. Wenn Sie den Verdacht hegen, dass ein Missstand bezüglich des Gehörschutzes vorliegt, so sollten Sie dies Ihrer Vorgesetzten oder Ihrem Vorgesetzten unverzüglich melden. Mögliche Massnahmen zum Schutz des Gehörs bei der Arbeit sind Dezibelmessungen sowie das Tragen eines Gehörschutzes.  Auch wenn viele greifende Massnahmen existieren, gibt es auch heute noch eine leider weitverbreitete Kultur der Vernachlässigung bezüglich Gehörschutz am Arbeitsplatz. Dieser kann jedoch jede und jeder Einzelne (ob Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer oder Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber) durch das eigene Verhalten entgegenwirken.

Quelle

Dr. med Jost Marcel und Dr. med. Pletscher Claudia (2013). https://www.ressourcenplus.ch/wp-content/factsheet-berufskrankheiten_suva.pdf Zuletzt am 31.08.2022 um 18:30

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die Lehre stellt für viele die erste Arbeitserfahrung dar und hat daher für die meisten Lernenden einen sehr hohen Stellenwert. Darüber hinaus bildet sie oftmals einen entscheidenden Pfeiler für die spätere Karriere. Im Vergleich zu früher wird dies allerdings dadurch relativiert, dass es heutzutage zahlreiche Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt. Dieser Artikel soll aufzeigen, wie die jugendliche Person in der Lehre arbeitsmedizinisch gesehen gesund bleibt. Ich möchte dabei den Fokus aber nicht unbedingt auf die klassisch medizinischen Aspekte legen, denn die Anforderungen an die physische Arbeitssicherheit sind über die Berufsgruppen hinweg sehr unterschiedlich. So muss beispielsweise ein Pfleger oder eine Pflegerin für die Gefahren von Spritzen sensibilisiert werden, kann dafür aber in der Regel nichts mit Stahlkappenschuhen anfangen, welche jedoch in Produktionsstätten oft Pflicht sind. Daher möchte ich mich nicht auf spezifische Guidelines in den jeweiligen Berufsgruppen konzentrieren, sondern die Lernenden ganzheitlich betrachten.

Ganzheitlich betrachten bedeutet, dass nicht nur physische, sondern auch psychische und soziale Faktoren berücksichtigt werden sollen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass sich Personen in der Lehre in einem psychisch oft schwierigen Lebensabschnitt befinden; nämlich der Pubertät. Vorab möchte ich jedoch auf einen Punkt, der physische Sicherheitsvorkehrungen betrifft, spezifisch eingehen. Das erstmalige Vermitteln von arbeitsmedizinisch relevanten Sicherheitsmassnahmen ist für Lernende extrem wichtig! Denn wenn man etwas einmal falsch gelernt hat, ist es schwierig, dies umzulernen. Ein bewährtes Konzept besagt, dass die Sicherheitsmassnahmen am besten verstanden und umgesetzt werden, wenn sie dreistufig vermittelt werden. In der Folge werden die drei Stufen dargestellt:

Stufe 1

Erklären Sie dem/der Lernenden theoretisch und in einer neutralen Umgebung (z.B. Büro), was die besagte Sicherheitsmassnahme umfasst, deren Zweck und auch die Gefahr bei Nicht-Einhaltung.

Stufe 2

Erklären Sie die Sicherheitsmassnahme am unmittelbaren Ort der Gefahr praxisbezogen.

Stufe 3

Lassen Sie sich die Sicherheitsmassnahme von der lernenden Person erklären und lassen Sie sich auch erklären, weshalb die besprochene Massnahme sinnvoll ist. Der Grund für die Massnahme soll hier nicht vernachlässigt werden.

Dieses dreistufige Modell hat mehrere Vorteile. Zum Ersten wird die Erklärung theoretisch und praktisch vermittelt. Zum Zweiten hat die lernende Person die Möglichkeit, die Massnahme selbst wiederzugeben und zu zeigen, ob die Massnahme vollständig verstanden wurde. Stufe drei bringt des Weiteren den Vorteil, dass Sie als Vorgesetzte oder Vorgesetzter überprüfen können, ob die Massnahme korrekt verstanden wurde, und können bei allfälligen Fehlern intervenieren. Es ist wichtig hervorzustreichen, dass arbeitsmedizinischen Massnahmen konsequenter umgesetzt werden, wenn die Sinnhaftigkeit bekannt ist.

Die psychische Begleitung erfordert während der Lehre andere Methoden als im Berufsleben von Erwachsenen. Bei Erwachsenen ist das Burnout das zentralste psychische Problem. Dies kommt bei Lernenden kaum vor, einerseits aufgrund des Alters, andererseits aufgrund des etwas geschützteren Rahmens durch die Ausbildung. Die Verantwortung und der Leistungsdruck sind während der Lehre im Vergleich zu späteren Karrierestufen in aller Regel nicht sehr hoch. Während der Lehre muss jedoch die Pubertät sehr stark berücksichtigt werden, wenn man die Psyche betreffende arbeitsmedizinische Massnahmen gezielt umsetzen möchte. Dabei ist vor allem eine enge Kommunikation mit regelmässigem Feedback vonseiten des Arbeitgebers sehr wichtig. Das Feedback hilft dabei, der während der Pubertät weitverbreiteten Orientierungslosigkeit zumindest in der Arbeitswelt entgegenzuwirken. Dabei profitieren Lernende enorm davon, wenn sie nach ihrem Wohlbefinden in der Lehre gefragt werden und dadurch ihre Psyche mit einbezogen wird. Ein isoliertes, rein fachliches Feedback kann auf die Lernenden dagegen sehr einseitig wirken.

Abschliessend kann man also zusammenfassen, dass das Vermitteln von Sicherheitsmassnahmen bei Lernenden einen sehr hohen Stellenwert haben muss. Dazu eignet sich das dreistufige Modell. Um die Lernenden psychisch optimal begleiten zu können, ist vor allem eine rege Kommunikation unter Einbezug der Lernenden sehr wichtig. Die Kommunikation darf, und das geschieht in der Lehre leider oftmals, keine Einbahnstrasse sein.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Dieser Artikel befasst sich mit einer psychischen Erkrankung, welche in der Schweiz stark auf dem Vormarsch ist. Leider wird sie tabuisiert, weswegen sich die Betroffenen häufig nicht eingestehen, darunter zu leiden. Die Rede ist hier vom sogenannten Burnout. Ein Burnout lässt sich durch drei Komponenten charakterisieren – emotionale Erschöpfung, Entfremdung und verminderte Effektivität. Ganz wichtig ist hierbei, dass ein Burnout per se arbeitsbezogen ist. Ähnliche Effekte können natürlich auch im Privatleben entstehen, dann wird jedoch nicht von einem Burnout gesprochen. Eine Person leidet also an einem Burnout, wenn sie die obigen drei Komponenten arbeitsbezogen erfüllt. Natürlich gibt es Abstufungen – vom leichten Burnout spricht man, wenn nicht alle Komponenten erfüllt sind. Hierbei ist die verminderte Effektivität die am schwierigsten zu bestimmende Komponente, denn oftmals ist Überarbeitung ein starker Trigger für ein Burnout. Dann dreht man sich als Betroffener zunehmends im “Hamsterrad“ und bemerkt die verlorene Effektivität möglicherweise gar nicht.

In der Arbeitswelt wird bei Burnoutpatientinnen und Burnoutpatienten immer das Verhältnis von Ressourcen zu Belastungen untersucht. Diese Begriffe werden dabei nicht sehr eng definiert. In die Kategorie Ressourcen fallen beispielsweise Handlungsspielraum, Wertschätzung, Vielfalt der Aufgaben und viele weitere Aspekte. Die Belastungen hingegen bestehen beispielsweise aus Zeitdruck, sozialen Belastungen durch Mitarbeitende, Unklarheit bei der Arbeitsausführung, zu tief empfundene Entlöhnung für die geleistete Arbeit etc. Allgemein lässt sich formulieren, dass eine langzeitige Überforderung am Arbeitsplatz oft in einem Burnout endet. Das muss nicht zwingend eine arbeitsspezifische Überforderung sein, sondern ist häufig eine emotionale Überforderung. Das heisst also, dass es eine Dysbalance gibt zwischen Ressourcen und Belastungen. Für eine optimale Leistungserbringung ist eine Balance jedoch unverzichtbar. Als Gegenspieler zum Burnout gibt es auch das sogenannte Boreout. Das tritt dann auf, wenn die betroffene Person unterfordert ist und bei der Arbeit mehr Ressourcen als Belastungen antrifft. Das mag kurzfristig verlockend wirken, doch der Mensch muss sich aus evolutionstechnischen Gründen gefordert fühlen, um sich entfalten zu können. Der optimale Zustand liegt also dann vor, wenn sich Ressourcen und Belastungen in einem Gleichgewicht befinden. Man soll sich also herausgefordert fühlen und anstrengen müssen, dies jedoch in einem gewissen Rahmen, sodass die Herausforderungen längerfristig weder zu klein (Boreout) noch zu gross (Burnout) sind.

Die Gesundheitskosten aufgrund von Burnouts haben sich in der Schweiz zwischen 2010 und 2020 verdoppelt! Aktuell gibt die Schweiz ungefähr 8 Milliarden pro Jahr für burnoutbedingte Gesundheitsprobleme aus. Dabei ist es sehr verwunderlich, dass ein Burnout nicht als Krankheit deklariert wird. Das Burnout gilt lediglich als Risikofaktor für Krankheiten, jedoch nicht als Krankheit selbst. Das kann zu finanziellen Konfliktsituationen zwischen Krankenkassen, Arbeitgebenden und dem betroffenen Arbeitnehmer bzw. der betroffenen Arbeitnehmerin führen. Daher ist bei einem Burnout eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebenden, betroffenen Arbeitnehmenden und Ärzteschaft notwendig. Dieses Dreieck birgt oft Konfliktpotenzial – insbesondere zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden.

Was das Burnout so einzigartig macht, ist die stark individuelle Ausprägung. Daher ist das Burnout auch so breit definiert. Aufgrund dieser Individualität sollte die Beziehung zwischen Patientin oder Patient und Ärztin oder Arzt in einer solchen Situation optimalerweise besonders eng sein. Bereits die erste Konsultation wird dabei von der Ärzteschaft als Teil des Weges aus dem Burnout heraus gehandhabt. Es ist entscheidend, dass die Reintegration am Arbeitsplatz so gut wie möglich verläuft, aber auch das birgt ein gewisses Konfliktpotential. Als Betroffene oder Betroffener glaubt man sich mit einem Arztzeugnis erstmal in Ruhe gelassen, aber dem ist nicht so, denn das Ziel bei einem Burnout ist nicht nur das Wiedererlangen der drei verlorenen Burnout-Komponenten, sondern auch die schnellstmögliche Reintegration an den Arbeitsplatz. Auch wenn für Betroffene in der Situation zu Beginn verständlicherweise schwierig einzusehen ist, ist dieses schnelle Angehen der Reintegration unabdingbar. Ansonsten droht ein allgemeiner Antriebsverlust, der dann auch im Privatleben überhandnimmt.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen in diesem Artikel einen persönlichen Ratschlag mitgeben: Falls Ihnen beim Lesen des Artikels oder auch schon davor auffiel, dass Sie dem typischen Burnoutmuster (teilweise) entsprechen, versuchen Sie sich doch diesbezüglich jemandem anzuvertrauen. Sie wären garantiert nicht alleine in der Situation und durch das Ansprechen ganz vielen einen wichtigen Schritt voraus! Dies ist oftmals – vor allem aufgrund der Tabuisierung – nicht einfach. Doch alleine schon darüber zu sprechen und die Sorgen einer anderen Person gegenüber eingestanden zu haben, kann enorm hilfreich sein und die Angst davor nehmen, das Problem auch unter ärztlicher Begleitung anzugehen.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
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Die westliche Bevölkerung hat sich in den letzten Generationen zunehmend von einer Stehkultur hin zu einer Sitzkultur bewegt. Der menschliche Körper ist jedoch evolutionär nicht darauf ausgerichtet, den ganzen Tag zu sitzen. Zudem ist die evolutionäre Entwicklung zu langsam, als dass sie mit unserer rapiden Verhaltensänderung weg vom Stehen und hin zum Sitzen mithalten könnte. In der Schule und in jeglichen Büros wird der gesamte Tag im Sitzen verbracht. Was man machen kann, dass dies keine Folgeschäden hervorruft, ist Thema dieses Artikels.

Die Schäden manifestieren sich natürlich in aller Regel am Rücken, aber auch das Gesäss, kann betroffen sein. Eigentlich sind es nur zwei Hauptkomponenten, die beachtet werden müssen, um körperliche Schäden durch das Sitzen zu vermeiden. Die erste Hauptkomponente bildet die Körperhaltung. Sie ist der absolut wichtigste Faktor, um sitzbedingten Rückenschmerzen vorzubeugen. Eine korrekte Sitzhaltung sieht folgendermassen aus: Die Knie machen einen 80-90° Winkel. Die Füsse sind flach auf dem Boden. Viele vernachlässigen die Beine und denken, dass dies keinen Einfluss auf den Rücken hat. Falls Sie bis anhin auch geglaubt haben, dass die Körperhaltung fast ausschliesslich den Rücken betrifft, versuchen Sie doch einmal Folgendes: Halten Sie die Position des Rückens beim Sitzen konstant und bringen Sie ihre Beine in deutlich verschiedene Positionen (natürliche Positionen, die Sie auch wirklich einnehmen würden). Sie können dann bei genauer Ausführung spüren, dass sich die Spannung der Haltungsmuskulatur im lumbalen Rückenbereich (das heisst im unteren Rückenbereich) verändert. Optimal ist diese Spannungsverteilung bei flach auf den Boden gesetzten Füssen.

Der Rücken selbst soll aufrecht sein und ohne Buckel im Lumbalbereich. Nun sind nebst den Beinen auch die Arme nicht zu vernachlässigen. Denn in den allermeisten Fällen befinden sich sitzende Personen an einem Tisch. Dabei sollten die Schultern locker hängen und der Ellbogen einen Winkel von ungefähr 90° bilden, um beispielsweise zu schreiben oder eine Tastatur zu bedienen. Die Körperhaltungsbestandteile sind also Beine — Rücken — Arme. Es bleibt jedoch ein weiteres Problem und das ist die Umgewöhnung hin zu einer korrekten Haltung.

Gerade wenn Sie von einer Fehlhaltung betroffen sind, ist die Umgewöhnungszeit ziemlich schwer, weil die Sitzhaltung oft dem Bewusstsein entzogen wird und man dann unbewusst in die alte Fehlhaltung zurückrutscht. Hierzu eine Methode, die Abhilfe schaffen soll: Legen Sie sich Zeiten fest, zu denen Sie sich Ihre Haltung ins Bewusstsein rufen und bei Bedarf adaptieren. Wenn Sie das beispielsweise als Art Ritual immer zur vollen Stunde machen, wird die korrekte Sitzhaltung irgendwann zur Routine. Für Schüler*innen bietet es sich zum Beispiel auch an, zu Beginn jeder Lektion bewusst auf die Sitzhaltung zu achten.

Die zweite Hauptkomponente, die Folgeschäden durch das Sitzen vorbeugen soll, ist sehr simpel: Sitzen Sie nicht zu lange am Stück. Einerseits ist es schlecht für die Haltung selbst, da die Haltungsmuskulatur im Rücken mit der Zeit an Spannung verliert. Andererseits verschlechtert sich als Nebeneffekt auch die Zirkulation, was sich negativ auf die Hirndurchblutung und somit auch auf die Konzentration auswirkt. Sie sollten mindestens einmal pro Stunde kurz aufstehen und die Gelenke der Extremitäten bewegen. Was auch hilft in diesen kurzen Sitzpausen, ist eine aktive Bewegung des Rückens. Das dient dazu, andere Muskeln als die Haltungsmuskulatur zu aktivieren, was zu einer Entspannung ebendieser Haltungsmuskulatur führt.

Wie eingangs erwähnt, betreffen durch das Sitzen hervorgerufene Probleme auch das Gesäss. Bei zu langem Sitzen können sich durch die Überbeanspruchung der Haut beispielsweise Ekzeme im Gesässbereich bilden. Die Haut wurde in dem Fall durch das Gewicht, das auf dieser Haut lastet, gewissermassen gequetscht. Wenn noch Reibung hinzukommt, beispielsweise durch leichte Bewegungen während des Sitzens, begünstigt dies Ekzeme noch weiter. Ekzeme im Gesässbereich sind einerseits lästig, aber andererseits auch hartnäckig. Denn das Sitzen lässt sich bei einer Person, die ihren Alltag gezwungenermassen hauptsächlich im Sitzen verbringt, kaum so reduzieren, dass es eine Abheilung des Ekzems begünstigen würde.

Abschliessend kann festgehalten werden, dass insbesondere die Körperhaltung extrem wichtig ist, um sitzbedingten Rückenschmerzen bereits präventiv keine Chance zu geben. Aber auch regelmässiges Aufstehen und Bewegen des Rückens begünstigen einen schmerzfreien Rücken, da der Rücken nicht zu lange in einer Position ausharren soll. Zuletzt darf nicht vergessen werden, dass auch das Gesäss sitzbedingte Probleme verursachen kann.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
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Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) definiert die Inhalte und Ziele der Arbeitsmedizin wie folgt:

INHALTE
Das Gebiet der Arbeitsmedizin umfasst als präventivmedizinisches Fach die Wechselbeziehungen zwischen Arbeits- und Lebenswelten sowie Gesundheit und Krankheiten. Im Mittelpunkt steht der Erhalt und die Förderung der physischen und psychischen Gesundheit und Leistungsfähigkeit des arbeitenden Menschen. Dazu gehören

  • die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsbedingungen,
  • die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung und Begutachtung arbeits- und umweltbedingter Risikofaktoren, Erkrankungen und Berufskrankheiten,
  • die Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefährdungen, inkl. individueller und betrieblicher Gesundheitsberatung,
  • die Vermeidung von Erschwernissen und Unfallgefahren,
  • die berufsfördernde Rehabilitation.

Die Arbeitsmedizin stützt sich auf eine ganzheitliche Betrachtung des arbeitenden Menschen mit Berücksichti­gung somatischer, psychischer und sozialer Prozesse. Sie handelt auf der Grundlage eines wissen­schaftlich begründeten medizinischen Methodeninven­tars und nutzt auch Erkenntnisse und Methoden anderer Wissenschaftsdisziplinen. Ihre Aktivitäten sind eingeordnet in multidisziplinäres Handeln.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM), 2021

ZIELE
Die Ziele der Arbeitsmedizin bestehen in der Förderung, Erhaltung und Mitwirkung bei der Wiederherstellung von Gesundheit  sowie der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit des Menschen. Die Ziele der Arbeitsmedizin werden umgesetzt durch

  • das Bereitstellen wissenschaftlicher Grundlagen für die menschengerechte Gestaltung von Arbeit,
  • das Aufdecken von Ursachen und Ableitung präventiver Maßnahmen bei arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen, arbeitsbedingten Erkrankungen, Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen,
  • das Mitwirken bei Förderung, Erhalt und Wiederherstellung der individuellen Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM), 2021

BERUFSFELD
Einen interessanten Einblick in die alltägliche Arbeit des Arbeitsmediziners bzw. der Arbeitsmedizinerin liefert beigefügtes Interview des in Medizinstudenten- und Ärztekreisen bekannten Thieme-Verlags.