Schätzungsweise 10-30% aller Menschen, die an einer COVID-19 Infektion erkrankten und nicht im Spital behandelt wurden, entwickelten das Long-Covid-Syndrom. Bei Personen, die hospitalisiert wurden, geht man davon aus, dass 50-70% Long Covid entwickelten. Die Dunkelziffer könnte sogar noch höher ausfallen, da viele Fälle von Long Covid nicht gemeldet wurden. Circa 10-12% aller geimpften Personen entwickelten Long Covid. Obwohl Long Covid in jedem Alter auftreten kann, wurden die meisten Fälle in der Altersgruppe der 36-50-Jährigen registriert (Davis et al., 2023).  

Zum Zeitpunkt März 2022 hatten sich 60% der Weltbevölkerung gegen das Corona-Virus 19 geimpft. Obwohl zahlreiche Studien die Effektivität und Sicherheit dieser Impfstoffe bestätigen, traten bei wenigen Personen seltene Nebenwirkungen abseits der häufigen Nebenwirkungen auf. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören zum Beispiel Schmerzen und Rötungen an der Einstichstelle sowie das Auftreten von Fieber und Gliederschmerzen kurz nach der Impfung. Die seltenen Nebenwirkungen, die vorwiegend mit Autoimmunerkrankungen assoziiert werden, fasst man als Post-Vac-Syndrom zusammen (Jara et al., 2022).

Long Covid

Man spricht von Long Covid, wenn Symptome vier Wochen nach einer überstandenen Covid-Infektion immer noch vorhanden sind oder sich neue Symptome entwickeln, die nicht anderweitig erklärt werden können. Zu den Symptomen gehören (COVID-19 – AMBOSS, o. J.):

  • Erschöpfung
  • Muskelschwäche
  • Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Haarausfall
  • Atemnot unter Belastung
  • Husten
  • Schwindel
  • Konzentrationsstörungen

Diagnostisch sollte primär eine ärztliche Untersuchung, eine Blutabnahme, ein Lungenfunktionstest, ein Belastungs-EKG und ein Fragebogen zu psychosozialen Ko-Faktoren zur Feststellung der Organfunktionen und hiermit auch zum Ausschluss anderer Erkrankungen erfolgen (Long-Covid-Sprechstunde MedAmbi, o. J.).

Aktuell gibt es wenige wissenschaftlich fundierte Behandlungsmöglichkeiten für Long Covid. Dies liegt daran, dass es Long Covid erst seit wenigen Jahren gibt. Allerdings haben sich in den letzten Jahren viele Spitäler und Reha-Kliniken auf Long Covid spezialisiert und bieten multidisziplinäre ambulante oder stationäre Behandlungen an. Die Behandlungsansätze liegen einerseits in der Mobilisierung der Betroffenen beispielsweise durch Ergo- und Physiotherapie, andererseits durch Medikamente und psychosoziale Angebote, wie Einzelgespräche und Gesprächsgruppen für Betroffene.

Post-Vac-Syndrom

Studien sind sich einig, dass die Vorteile einer Covid-19-Impfung deutlich die Nachteile überwiegen. Trotzdem gibt es eine niedrige Inzidenz an Personen, die wenige Tage oder Wochen nach einer Covid-19-Impfung seltene Nebenwirkungen in Form von Autoimmunerkrankungen entwickelten. Folgende Autoimmunerkrankungen wurden registriert: Guillain-Barre Syndrom, IgA Nephropathie, Autoimmunenzephalitis, Kawasaki Vaskulitis, Autoimmune Polyarthritis, Morbus Basedow, Vakzin-induzierte immune Thrombozytopenie, Rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, autoimmune Lebererkrankungen.

Bis heute gibt es keinen konkreten Nachweis, dass die Impfung der direkte Auslöser dieser Erkrankungen war. Man geht aber davon aus, dass der Körper Autoantikörper gegen bestimmte Inhaltsstoffe des Vakzins produziert und somit den eigenen Körper angreift (Chen et al., 2022). Zur Behandlung dieser Autoimmunerkrankungen kommen die bereits etablierten Behandlungsleitlinien der jeweiligen Erkrankung zum Einsatz. So setzt man beispielsweise bei rheumatologischen Autoimmunerkrankungen bestimmte Medikamente ein (wie NSARs, DMARDs und Glukokortikoide).

Schlussbemerkung

Da die Symptome des Long-Covid-Syndroms vielfältig sind und mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können, ist es wichtig, andere Erkrankungen zunächst auszuschliessen und sorgfältig zu diagnostizieren. Erst wenn die Diagnose bestätigt ist, lohnt es sich, verschiedene Therapieangebote in Erwägung zu ziehen, um wieder in den normalen Alltag zurückkehren zu können.

Quellen

Chen, Y., Xu, Z., Wang, P., Li, X.-M., Shuai, Z.-W., Ye, D.-Q., & Pan, H.-F. (2022). New-onset autoimmune phenomena post-COVID-19 vaccination. Immunology, 165(4), 386–401. https://doi.org/10.1111/imm.13443

COVID-19—AMBOSS. (o. J.). Abgerufen 21. Juni 2023, von https://next.amboss.com/de/article/gG0FAh?q=long-covid#Zbd0329f6b032ddab85be5074ace635aa

Davis, H. E., McCorkell, L., Vogel, J. M., & Topol, E. J. (2023). Long COVID: Major findings, mechanisms and recommendations. Nature Reviews Microbiology, 21(3), Article 3. https://doi.org/10.1038/s41579-022-00846-2

Jara, L. J., Vera-Lastra, O., Mahroum, N., Pineda, C., & Shoenfeld, Y. (2022). Autoimmune post-COVID vaccine syndromes: Does the spectrum of autoimmune/inflammatory syndrome expand? Clinical Rheumatology, 41(5), 1603–1609. https://doi.org/10.1007/s10067-022-06149-4

Long-Covid-Sprechstunde MedAmbi. (o. J.). Kantonsspital St.Gallen. Abgerufen 21. Juni 2023, von https://www.kssg.ch/aim/leistungsangebot/long-covid-sprechstunde-medambi

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Dr. med. univ. Anemone Rutter

Assistenzärztin (MED4LIFE)

Bakterien gehören gemeinsam mit Viren zu den häufigsten Krankheitserregern. Dabei existiert eine grosse Bandbreite von Bakterien, welche verschiedene Krankheiten von unterschiedlichen Schweregraden hervorrufen können. Bakterien haben im Gegensatz zu Viren einen zellulären Aufbau. Bakterielle Zellen unterscheiden sich jedoch fundamental von Körperzellen. Sie haben keinen Zellkern und im Gegensatz zu Körperzellen nicht nur eine dünne Zellmembran, sondern eine dicke Zellwand. Weil Bakterien keinen Zellkern haben, liegt ihr genetisches Material frei im Zytoplasma vor. Oftmals bildet die DNA von Bakterien eine ringförmige Struktur, sogenannte Plasmide. Das ist ein weiterer wichtiger Unterschied, denn die DNA in Körperzellen liegt immer linear als Strang und nie zirkulär vor.

Die Genomgrösse von Bakterien umfasst ungefähr 0.1% der Genomgrösse des Menschen. Dabei haben Bakterien eine enorm hohe Generationsrate. Die Pathogenität – also die Fähigkeit, krankhafte Veränderungen in einem Organismus hervorzurufen – wird vor allem durch Toxine ausgelöst. Toxine sind vom Bakterium ausgeschiedene Moleküle, die zu Erkrankungen führen. Die verschiedenen Toxine wirken auf unterschiedliche zelluläre Zielstrukturen und rufen daher verschiedene Krankheiten hervor. Bakterien können einen ausgeklügelten Mechanismus anwenden, um sich dem Immunsystem zu entziehen. Oberflächenproteine können sich im Zuge der Immunevasion denjenigen des Wirts angleichen. Dies resultiert in einer verminderten Immunerkennung, weil dies Autoimmunität fördern würde. Die Bakterien bauen sich also gewissermassen einen tarnenden Umhang, indem sie sich gegenüber dem Immunsytem als körpereigen ausgeben. Dieser Mechanismus wird auch molekulares Mimikry genannt.

Bakterien bekämpfen

Schwere bakterielle Infektionen werden mit Antibiotika bekämpft. Die Antibiotika zielen meist gegen die Zellwandsynthese oder die Ribosomen, welche für die Translation verantwortlich sind. Heutzutage seltener werden Antibiotika eingesetzt, welche die Vermehrung der Erbgutinformation hemmen. Antibiotika haben nicht nur grosse Einsatzgebiete bei bakteriellen Infektionen zur therapeutischen Behandlung, sondern auch in der Prophylaxe bei Kontakt mit Infizierten. Zur Lebensmittelaufbereitung werden auch Antibiotika eingesetzt, insbesondere solche, welche kaum Resistenzen fördern.

Die Wirksamkeit von Antibiotika wird auf einer mit Bakterien besetzten Nährstoffplatte getestet. Auf diese Nährstoffplatte wird ein Antibiotikum gegeben und dann wird das bakterielle Wachstum in Anwesenheit des Antibiotikums geprüft. Das ergibt auf der Nährstoffplatte eine sogenannte Hemmzone. Je grösser die Hemmzone, desto empfindlicher reagiert das Bakterium auf das Antibiotikum. Denn wenn das Antibiotikum nicht nützen würde, gäbe es keine Hemmzone und die Bakterien würden sich bis zum Auftragungsort des Antibiotikums vermehren.

Antibiotikaresistenzen

Da Bakterien gegenüber Antibiotika resistent werden können, ist die laufende Entwicklung neuer Antibiotika essenziell. In den letzten 30 Jahren gab es jedoch keine nennenswerten neuartigen Antibiotika, sondern lediglich neue Varianten von bereits Bekannten. Das hängt traurigerweise damit zusammen, dass Antibiotika für die Pharmaindustrie vergleichsweise wenig rentabel sind. Diese verdienen an einer Patientin oder einem Patienten mit einer chronischen Erkrankung extrem viel mehr, als an einer Person, die auf Antibiotika angewiesen ist. Dies hängt mit der Therapiedauer zusammen. Personen mit beispielsweise Diabetes oder Bluthochdruck brauchen ihr Insulin respektive die Antihypertensiva für ihr restliches Leben, wohingegen eine Antibiotikagabe durchschnittlich 10 Tage dauert.

Hochrechnungen haben ergeben, dass dieses Problem global massive Auswirkungen haben wird. Zur Zeit sterben etwas mehr als eine Million Menschen pro Jahr an resistenten Keimen. Das WEF und die WHO schätzen die Zahl Verstorbener aufgrund von resistenten Bakterien auf 10 Millionen im Jahr 2050, wenn die Entwicklung von Antibiotika so langsam weitergeht. Das wäre eine Verzehnfachung der Todesfälle! Das kommt beim heutigen Wissensstand einer Tragödie gleich, weil die technischen Mittel vorhanden wären und lediglich mangelnde Profite die Entwicklung neuer Antibiotika hemmen.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die Lyme-Borreliose ist eine durch Zecken übertragene Erkrankung. Der verantwortliche Erreger ist ein Bakterium namens Borrelia burgdorferi sensu lato. Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa und Nordamerika. Rund 5% bis 30% der Zecken in der Schweiz sind mit Borrelien infiziert. Im Schnitt erkranken circa 10‘000 Personen jährlich in der Schweiz an einer Lyme-Borreliose. Bis heute gibt es im Gegensatz zu FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis; eine Hirnhautentzündung, die ebenfalls durch Zecken übertragen wird) keine Impfung dagegen.

Betroffen sind vor allem Personen, die häufig in der Natur unterwegs sind. Als Schutz vor Zeckenbissen gilt geschlossene Kleidung, das Meiden von Unterholz, Insektensprays mit Zeckenschutz und das Untersuchen der Haut nach einem Aufenthalt im Wald. Je schneller man eine Zecke aus der Haut entfernt, desto geringer ist das Risiko, dass eine Lyme-Borreliose entsteht (BAG, 2023).

Symptome

Die Symptome einer Lyme-Borreliose sind vielfältig. Eine Infektion kann auch gänzlich ohne Symptome verlaufen. Die Erkrankung wird in drei Stadien eingeteilt, wobei es nur selten zu den Stadien II und III kommt.

Lokale Frühmanifestation (Stadium I)

  • Erythema migrans: Circa die Hälfte der Betroffenen entwickeln innerhalb von 6 Wochen nach den Zeckenbiss ein sogenanntes Erythema migrans. Das Erythema migrans ist ein Hautausschlag, der sich an der Stichstelle bildet und kreisförmig ausbreitet. Es kommt zu einer zentralen Rötung und einem roten Ring um die Stichstelle. Der Ausschlag ähnelt einer Schiessscheibe oder dem sogenannten „bull‘s eye“. Selten kommt es in diesem Stadium auch zu Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen.

Frühe disseminierte Infektion (Stadium II)

  • Akute Neuroborreliose: 3-12% der Betroffenen entwickeln Wochen bis Monate nach einer Infektion neurologische Symptome. Dazu gehören starke Schmerzen in Armen und Beinen, Lähmungserscheinungen der Extremitäten sowie Hirnnervenausfälle (Lähmungserscheinungen der Gesichts- und Augenmuskeln). 
  • Lyme Karditis: Bis zu 4% der unbehandelten Patienten mit einer Lyme-Borreliose entwickeln eine Herzmuskelentzündung, die zu Herzrhythmusstörungen führen kann.

Späte disseminierte Infektion (Stadium III)

  • Lyme-Arthritis: Bis zu 60% der Erkrankten in Nordamerika entwickeln eine Gelenkentzündung – in Europa ist dies deutlich seltener der Fall. Hierbei kommt es zu Entzündungen von einem oder mehreren Gelenken; häufig am Knie. Die Fingergelenke sind hingegen – anders als bei einer normalen Arthritis – fast nie betroffen (Lyme-Borreliose – AMBOSS, 2023).

Diagnostik

Bei Auftreten eines Erythema migrans ist keine weitere Untersuchung notwendig. Bei unklarer Symptomatik sollte jedoch eine Blutabnahme zur Erregerbestimmung veranlasst werden. Im ersten Schritt wird ein ELISA Test gemacht, bei positivem Ergebnis zusätzlich ein Immunoblot zur Bestätigung. Allerdings bedarf die Lyme-Borreliose bei einem positiven Test ohne Symptome keiner Therapie. Bis zu 25% der Bevölkerung haben nämlich erhöhte Borrelien-Antikörper, ohne an einer Borreliose zu leiden. Gleichzeitig kann das Ergebnis auch falsch negativ sein, vor allem in der Frühphase (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V., o. J.). Man orientiert sich hier vor allem an dem Stadium: in der Frühphase sind bei 50-90% der Erkrankten die IgM-Antikörper positiv, im Stadium II und III eher die IgG-Antikörper.

Therapie

Eine antibiotische Behandlung sollte so schnell wie möglich eingeleitet werden, um den Erkrankungsverlauf zu verkürzen und Langzeitkomplikationen zu vermeiden. Im Stadium I ist Doxycyclin das Antibiotikum der ersten Wahl. Alternativ können Amoxicillin, Cefuroxim oder Azithromycin eingesetzt werden. Im Stadium II ist Doxycyclin ebenfalls die erste Wahl. Im Stadium III ist die Behandlung abhängig von den Beschwerden: Bei der Lyme-Arthritis kommen Doxycyclin, Amoxicillin oder Ceftriaxon zum Einsatz. Eine einmalige Wiederholung der antibiotischen Therapie kann in Betracht gezogen werden. Zusätzlich können antientzündliche Schmerzmittel eingesetzt werden, beispielsweise Ibuprofen oder Diclofenac. Auch Physiotherapie ist bei der Lyme-Arthritis empfohlen.

Ausserdem berichten viele Patienten, Jahre nach einer Infektion an anhaltenden Leistungseinschränkungen, Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und weiteren Beschwerden zu leiden. Patienten, die 6 Monate nach einer Lyme-Borreliose und trotz adäquater antibiotischer Therapie diese Beschwerden vorweisen, leiden möglicherweise an dem Post-Borreliose-Syndrom (auch PTLDS) (Radolf et al., 2021). Für das PTLDS gibt es bis heute wenige Behandlungsmöglichkeiten und diese sind eher symptom-orientiert.

Unterschiede zwischen Europa und Nordamerika

Obwohl die Lyme-Borreliose in beiden Regionen auftritt, ist die Manifestation der Erkrankung in den jeweiligen Regionen verschieden. Das kommt daher, dass in Europa andere Gattungen des Borrelien-Bakteriums vorkommen als in Nordamerika. In Nordamerika ist vor allem die Lyme-Arthritis, also die gelenkentzündliche Form, viel präsenter als in Europa. Im Gegensatz dazu kommt in Europa die Neuroborreliose, Lyme-Encephalopathie (Hirnschädigung) und Hautmanifestationen viel häufiger vor (Marques et al., 2021). Dieser Hinweis ist wichtig, denn viele Informationen und Selbsthilfegruppen für Betroffene im Internet stammen aus den USA und beziehen sich hauptsächlich auf die für diese Region typischen Beschwerdebilder.

Was Sie tun können

Schützen Sie sich vor einem Zeckenbiss durch geschlossene Kleidung, das Meiden von Unterholz, Insektensprays mit Zeckenschutz und das Untersuchen der Haut nach einem Aufenthalt im Wald. Es ist essentiell, eine Lyme-Borreliose frühzeitig zu erkennen und mit einem geeigneten Antibiotikum zu behandeln. Wenn Sie bei sich eine Hautrötung feststellen, die sich kreisförmig ausbreitet – insbesondere im Sommer nach einem Aufenthalt in der Natur –, suchen Sie umgehend Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder gegebenenfalls ein Notfallzentrum auf! Ohne Behandlung können sich Spätstadien und Folgekomplikationen entwickeln, die in der Regel schwer zu behandeln sind und keine Heilung versprechen. Falls Sie oder Personen in Ihrem Umfeld an den Folgen einer Lyme-Borreliose leiden, empfehlen wir eine personalisierte Immuntherapie: https://immunmed.ch/.

Quellen

BAG, Bundesamt für Gesundheit (2023). Borreliose / Lyme-Krankheit. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/krankheiten-im-ueberblick/borreliose-lyme-krankheit.html

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (o. J.). DGRh e.V. Abgerufen 7. Juni 2023, von https://dgrh.de/Start/Publikationen/Empfehlungen/Krankheitsbezogene-Therapie/Lyme-Borreliose.html

Lyme-Borreliose—AMBOSS. (2023, März 7). https://next.amboss.com/de/article/4f03m2?q=lyme-borreliose#Zc3bdc478cda08cf6537434c7bf6e4618

Marques, A. R., Strle, F., & Wormser, G. P. (2021). Comparison of Lyme Disease in the United States and Europe. Emerging Infectious Diseases, 27(8), 2017–2024. https://doi.org/10.3201/eid2708.204763

Radolf, J. D., Strle, K., Lemieux, J. E., & Strle, F. (2021). Lyme Disease in Humans. Current issues in molecular biology, 42, 333–384. https://doi.org/10.21775/cimb.042.333

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Dr. med. univ. Anemone Rutter

Assistenzärztin (MED4LIFE)

Dieser Artikel soll dazu dienen, den korrekten Umgang mit Desinfektionsmitteln zu erläutern. Dabei wird nicht nur auf Desinfektionsmittel im Gesundheitswesen, sondern auch auf die Anwendung in der Allgemeinbevölkerung eingegangen. Der Artikel soll auch die Nachteile der Händedesinfektion aufzeigen und erläutern, wie man die Haut bei häufiger Nutzung von Desinfektionsmittel optimal schützen und pflegen kann. Zudem wird der Einfluss von Desinfektionsmittel auf die Normalflora behandelt.

Im Gesundheitswesen gibt es aus arbeitsmedizinischer Sicht die bekannten fünf Indikationen zur Händedesinfektion; sie umfassen die Händedesinfektion VOR und NACH Patientenkontakt, vor aseptischen Tätigkeiten, nach Kontakt mit infektiösem Material und nach Kontakt mit der direkten Patientenumgebung, welche möglicherweise kontaminiert ist. Dabei soll mengenmässig zwingend eine hohle Hand an Desinfektionsmittel verwendet und die Hände während mindestens 30 Sekunden systematisch desinfiziert werden.

Durch die Covid-Pandemie wurde auch die Allgemeinbevölkerung enorm auf die Händedesinfektion sensibilisiert. Aber auch auf Reisen ist die Verwendung von Desinfektionsmitteln sehr beliebt. Beim Kauf sollte darauf geachtet werden, dass das Desinfektionsmittel maximal 70% Alkohol enthält. Wenn der Alkoholgehalt höher ist, ist die Schädigung der Haut allgemein stärker und die Normalflora (mehr dazu weiter unten) wird deutlich verstärkt angegriffen.

Bei häufiger und langanhaltender Desinfektion der Hände ist eine adäquate Pflege enorm wichtig. Es mag kontraintuitiv sein, dass eine Flüssigkeit die Haut austrocknet, doch aufgrund des hohen Alkoholgehalts im Desinfektionsmittel ist genau dies das Resultat. Daher besteht das grundlegende Prinzip der Hautpflege darin, der Haut eine optimale Rückfettung zu gewährleisten. Dabei kann auf handelsübliche Handcremes zurückgegriffen werden. Diese spenden Feuchtigkeit für die Haut. Es lohnt sich, sie jeweils morgens und abends anzuwenden. Wer im Gesundheitswesen arbeitet und sich daher ständig die Hände desinfiziert, profitiert aufgrund der schnellen Einwirkzeit auch enorm davon, die Hände während Pausen mit einer rückfettenden Creme zu pflegen.

Hinzu kommt, dass durch Desinfektionsmittel auch die Normalflora der Haut gestört wird. Die Normalflora beschreibt alle Mikroorganismen (Bakterien, Pilze etc.), welche unsere Haut besiedeln. Den grössten Anteil der Normalflora machen die Bakterien aus. Diese sind jedoch nicht pathogen (=krankheitserregend). Gewisse dieser Bakterien sind sogenannte Opportunisten und lösen bei einer für sie günstigen Gelegenheit (das klassische Beispiel wäre eine Schnittwunde) eine bakterielle Infektion aus. Der Nutzen der Normalflora liegt primär darin, auf der Haut ein saures Milieu zu erhalten. Die Normalflora ist geprägt durch eine hohe bakterielle Diversität. Es ist sogar so, dass auf und im menschlichen Körper mehr bakterielle Zellen auftreten als menschliche Zellen! Da die bakteriellen Zellen jedoch um ein Vielfaches kleiner sind als Körperzellen, machen sie insgesamt nur etwa 1.5 Kilogramm des Körpergewichts aus.

Warum ist Desinfektionsmittel nicht gleich Desinfektionsmittel?

Der grösste Unterschied liegt zwischen der Händedesinfektion und der Flächendesinfektion. Bei der Händedesinfektion wird auf ein Mittel zurückgegriffen, das auf einer rein alkoholischen Wirkstoffbasis beruht. Bei der Flächendesinfektion hingegen werden eher Peroxidverbindungen verwendet, um bakterielle Biofilme auf Oberflächen zu beseitigen. Ein Biofilm ist eine dünne gelartige Schicht, die Bakterien produzieren, um auf Oberflächen überleben zu können. Aus diesem Grund wird bei der Flächendesinfektion seit einiger Zeit auch wischen empfohlen. Die Flächendesinfektion mit Zerstäubern (Sprühflaschen) ist nicht adäquat und nicht mehr zeitgemäss!

Es gibt aber auch grosse Unterschiede bei der Anwendung von Händedesinfektionsmitteln. Es ist aus arbeitsmedizinischer Sicht in einem Gesundheitszentrum enorm wichtig, zu prüfen, ob das gewählte Desinfektionsmittel die nötigen Keime gezielt abtötet. Gerade bei Infektionskrankheiten ist das entscheidend. Das Norovirus beispielsweise benötigt ein anders zusammengesetztes Desinfektionsmittel als Campylobacter Bakterien. Beide lösen Durchfallerkrankungen aus, dennoch muss die Desinfektionsprophylaxe anders gestaltet werden.

Abschliessend kann also festgehalten werden, dass in Gesundheitsinstitutionen die fünf Indikationen zur Händedesinfektion und die Wahl des richtigen Desinfektionsmittels gegen den vorhandenen Erreger aus arbeitsmedizinischer Sicht die wichtigsten Aspekte sind. Für die Allgemeinpflege gilt, dass eine adäquate Händedesinfektion mit einer ausreichenden rückfettenden Hautpflege einhergehen sollte.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die warmen Herbsttage gehen langsam zu Ende und der Winter steht vor der Tür. Während wir uns auf die vorweihnachtliche Stimmung freuen, uns den Winter in den Bergen vorstellen und die Skier für die kommende Saison vorbereiten, gibt es jemanden, dem der Umschwung nicht ganz so einfach fällt: unser Körper. Die Umstellung vom warmen, eher feuchten Sommer und Herbst zum kalten, trockenen Winter hat einen Einfluss auf unsere Haut, unser Immunsystem und unsere Atmung.

Der Grund für die trockene Luft im Winter liegt in der physikalischen Eigenschaft des in der Luft vorkommenden Wasserdampfes. Die absolute Luftfeuchtigkeit ist der wirkliche Wasserdampfgehalt, der sich in der Luft befindet. Die relative Luftfeuchtigkeit ist der prozentuale Anteil des möglichen, maximalen Wasserdampfgehaltes in der Luft. Wie viel Wasserdampf die Luft aufnehmen kann, ist Temperatur abhängig. Je wärmer die Luft, desto höher ist die mögliche absolute, maximale Luftfeuchtigkeit. Je kälter die Luft, desto geringer ist deren Kapazität, Wasserdampf zu speichern.

Für den Körper, die Haut, Schleimhäute und Atemwege ist die relative Luftfeuchtigkeit entscheidend. Auch wenn die vorherrschende relative Luftfeuchtigkeit draussen im Winter ähnlich ist wie im Sommer, unterscheidet sie sich in Innenräumen stark. Befinden wir uns nämlich in einem geschlossenen, kühlen Raum und heizen diesen auf, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit schnell ab.

Die Hautfeuchtigkeit ist eng an die Luftfeuchtigkeit gekoppelt. Eine trockene Haut führt dazu, dass die Haut ihre Elastizität verliert, spröder und rissiger wird. Dadurch verliert sie ihren natürlichen Schutzmechanismus. Wie Sie dem Artikel «Die menschliche Haut» entnehmen können, hat die Haut neben der Flüssigkeitsregulation auch die Aufgabe der Temperaturregulation und – für den vorliegenden Artikel entscheidend – eine Schutzfunktion. Durch die spröde, rissige Haut entstehen kleine Mikroläsionen, durch welche Bakterien, Viren und Pilze einfacher durch die Haut eindringen können. Die Infektionsgefahr ist dadurch generell erhöht. Nebenbei können diese Mikroläsionen auch schmerzhaft sein. Vor allem an Orten, wo die Haut sehr dünn ist, kann die Epithelschicht komplett einreissen. Mundwinkel und die Haut am Fingernagel-Haut-Übergang sind dafür besonders anfällig.

Die Schleimhäute sind von trockener Luft noch stärker bedroht, da sie nicht über die hornige Schutzschicht der restlichen Haut verfügen. Die Schleimhäute dünnen sich aufgrund des Flüssigkeitsverlustes aus und werden dadurch, wie auch durch Mikroläsionen, infektionsanfälliger. Zudem fällt es Viren leichter, in trockener Luft zu überleben, und werden in ihr leichter übertragen. Grund dafür sind die fehlenden Wasserdampfpartikel in der Luft. Diese lagern sich nämlich an die Virenpartikel an und führen dazu, dass sie schwerer werden, schneller zu Boden fallen, und somit aus der Luft entfernt werden. Ein weiterer unangenehmer Effekt der zu dünnen, trockenen Schleimhäute ist erhöhtes Nasenbluten im Winter. Die Gefässe der Nasenscheidewand liegen sehr oberflächlich und sind nur von Schleimhaut bedeckt. Bei einer durch Trockenheit ausgedünnten Schleimhaut, sind die Gefässe nun weniger gepolstert. Dadurch laufen sie Gefahr, durch kleine mechanische Reize zu platzen oder aufzureissen. Vor allem ältere Personen, bei welchen die Hautfeuchtigkeit physiologisch bereits verringert ist, sind davon betroffen.

Nicht nur die Hautfeuchtigkeit, sondern der ganze Feuchtigkeitshaushalt ist von zu geringer Luftfeuchtigkeit und der Kälte betroffen. Um einen optimalen Sauerstoffaustausch zu ermöglichen, braucht die Einatemluft eine gewisse Wärme und Luftfeuchtigkeit. Atmen wir kalte Luft ein, wird diese über unsere Atemwege erwärmt. Damit sinkt, wie oben bereits erklärt, die relative Luftfeuchtigkeit. Trockene Luft verfügt aber nicht über die gleiche Sauerstoffaustauschkapazität wie warme Luft, und muss daher ebenfalls vom Körper in den Atemwegen angefeuchtet werden. Dieser Vorgang entzieht dem Körper zusätzliche Flüssigkeit, oft mehr sogar, als wenn man im Sommer bei heissen Temperaturen viel schwitz.

Um dem ganzen Flüssigkeitsverlust und dem Austrocknen der Haut entgegenzuwirken gibt es mehrere Massnahmen. Verwenden Sie im Winter häufiger Feuchtigkeitscrème, vor allem für stark exponierte Stellen wie Hände und Gesicht. Schauen Sie auf eine ausgewogene Trinkmenge und verzichten Sie wenn möglich auf exzessives Heizen. Ebenfalls können Sie zu Hause mit einem Luftbefeuchter für eine optimale Luftfeuchtigkeit sorgen. Diese sollte zwischen 40 – 60% liegen. Stärken Sie Ihr Immunsystem zusätzlich mit genügend Vitaminen, Bewegung und ausreichend Schlaf. Mehr dazu im Artikel «Gesund in den Herbst».

Quellen

Paschotta, R. (2021). Luftfeuchtigkeit: Energie-Lexikon. Abgerufen von: https://www.energie-lexikon.info/luftfeuchtigkeit.html (zuletzt am 10.11.2022).

Eccles, R., & Wilkinson, J. E. (2015). Exposure to cold and acute upper respiratory tract infection. Rhinology53(2), 99–106. https://doi.org/10.4193/Rhino14.239

Robin van den Wildenberg

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Im ersten Artikel zu den Hausmitteln wurde das allgemeine Potential der Hausmittel sowie die Hausmittel gegen Erkältungen und Grippen behandelt. Dieser Artikel fokussiert sich auf Hausmittel gegen Husten; spezifisch geht es um Teesorten, selbstgemachte Hustensäfte und die Wirkung des Inhalierens.

Wenn man verschiedene Hausmittel gegen Husten diskutiert, muss man sich zuerst die verschiedenen Ausprägungen des Hustens vergegenwärtigen. Man unterscheidet trockenen von produktivem Husten. Anders formuliert kann man den Husten unterteilen in eine Ausprägung ohne Auswurf und eine Ausprägung mit Auswurf. Der Husten ohne Auswurf ist in aller Regel sehr trocken und schmerzt daher oftmals in der Brust und in den Atemwegen. Je nach Hustentyp werden andere Hausmittel gegen Husten relevant. Auch beim Husten gilt der allgemeine Leitsatz: Je stärker und länger anhaltend die Symptome, desto eher sollte eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Wenn ein Husten, unabhängig vom Typ, länger als eine Woche nach Beginn der Behandlung mit Hausmitteln anhält, muss zwingend eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.

Die geeigneten Teesorten als Hausmittel gegen Husten unterscheiden sich je nach Ausprägung des Hustens. Bei Husten ohne Auswurf sollte auf Teesorten mit Heilpflanzen gesetzt werden, die Schleimstoffe enthalten. Diese Schleimstoffe dienen dazu, die Schleimhaut der Atemwege, welche durch das dauernde Husten stark gereizt wird, zu bedecken und eine Art Film zu bilden. Die bekanntesten Sorten, welche dies bewerkstelligen, sind Lindenblüten und Isländisches Moos. Es gibt auch viele Lutschpastillen, welche auf diesen Heilpflanzen basieren. Wenn der Husten von Auswurf begleitet wird, werden andere Teesorten empfohlen. Dann geht es um die gegenteilige Funktion, nämlich darum, den Schleim zu lösen. Pflanzliche Schleimlöser kommen in Anis, Fenchel und Thymian vor, daher werden vor allem diese Teesorten bei Husten mit Auswurf angewendet.

Parallel zu Tee kann auch Hustensaft selbstgemacht werden. Selbstgemachter Hustensaft basiert oft auf einer Mischung aus Zwiebel und Honig. Die Zwiebel enthält ätherische Öle, welche eine Art Allzweckwaffe gegen Reizhusten darstellen. Der Honig dient als Zuckerquelle, um eine gewisse Zähflüssigkeit zu gewährleisten und auch den Geschmack zu verbessern. Für Kleinkinder unter einem Jahr muss zwingend eine alternative Zuckerquelle als Honig herangezogen werden! Das hat damit zu tun, dass Honig Bakterien enthält, welche ein Gift produzieren, das das Nervensystem lahmlegen kann. Weshalb dieses Gift bei etwas älteren Kindern ungefährlich ist, ist noch nicht geklärt. Als alternative Zuckerquelle kann erwärmter Haushaltszucker herangezogen werden.

Im ersten Artikel zu den Hausmitteln wurde das Inhalieren bereits erwähnt. Dies kann auch als Hausmittel gegen Husten eingesetzt werden. Das Inhalieren soll jedoch nur bei Husten mit Auswurf, nicht bei trockenem Husten angewendet werden. Bei Husten mit Auswurf hilft das Inhalieren dabei, die Atemwege durch den eingeatmeten Wasserdampf zu befeuchten; das verflüssigt den abgesetzten Schleim und unterstützt den Abtransport des Schleims, weil der Schleim auf einer mit Feuchtigkeit benetzten Schleimhaut weniger gut haften kann. Beim trockenen Husten hingegen wird das Inhalieren explizit nicht empfohlen, weil der heisse Dampf dann die bereits gereizte Schleimhaut noch weiter reizt.

Abschliessend kann also festgehalten werden, dass – wie die Grippe und die Erkältungen– auch ein Husten, unabhängig von der Art, mit Hausmitteln gegen Husten behandelt werden kann. Es soll jedoch beachtet werden, dass eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden muss, wenn der Husten länger als eine Woche anhält oder der Husten innerhalb der Hausmitteltherapie deutlich schlimmer wird. Beim Husten ist es zudem wichtig, die Ausprägung des Hustens zu berücksichtigen. Denn je nach Ausprägung müssen andere Hilfsmittel verwendet werden. So entscheidet die Ausprägung über geeignete Teesorten und über den Nutzen des Inhalierens.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Hausmittel sind ein weitverbreitetes Phänomen, das von vielen befürwortet, von einigen jedoch auch sehr kritisch betrachtet wird. Hausmittel haben gegenüber der Schulmedizin oftmals einen schweren Stand, da ihre Wirkung oft nicht auf Evidenz basiert und rein durch natürliche Stoffe hervorgerufen wird. Dieser Artikel befasst sich zu Beginn mit dem allgemeinen Potential der Hausmittel und geht dann über zum Hauptteil, welcher auf Hausmitteln gegen Erkältungen und Grippen eingeht.

Bei Hausmitteln soll ein einfacher Grundsatz verfolgt werden: Je schwerer eine Krankheit und deren Symptome, desto eher soll auf Schulmedizin zurückgegriffen werden. Dies hat damit zu tun, dass Hausmittel mit ihren natürlichen Wirkstoffen irgendwann an ihre Grenze stossen und eine schulmedizinisch medikamentöse Therapie sehr viel spezifischer gegen die jeweils vorliegende Erkrankung vorgehen kann. Hausmittel können insbesondere zu Beginn einer leichten Erkrankung benutzt werden. Davon leitet sich ein zweiter Grundsatz ab: Wenn man die Symptome innert vier Tagen durch die Hausmittel nicht reduzieren kann, sollte zwingend eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.

Die Hausmittel gegen Erkältung und Grippe (Influenza) werden in diesem Artikel gemeinsam erklärt, weil ihre Symptome meist zusammenfallen und daher gleich behandelt werden. Die häufigsten gemeinsamen Symptome sind eine laufende oder verstopfte Nase, Halsschmerzen, Fieber und Husten.  Das wohl bekannteste Hausmittel gegen diese beiden leichten Erkrankungen ist der Tee. Warmer Tee hilft nicht nur dabei, den bei Erkältungen oftmals gestörten Flüssigkeitshaushalt auszugleichen, sondern auch das Sekret in den Bronchien und oberen Atemwegen zu verflüssigen. Die Hausmittelwirkung des Tees ist also einerseits systemisch, andererseits atemtechnisch – insbesondere bei verstopfter Nase. Je nach Teesorte werden weitere Symptome gelindert. Besonders erwähnenswert ist der Ingwertee. Die Wirkung von Ingwer beruht auf einer Schmerzlinderung, Entzündungshemmung und auch einer Keimabtötung. Des Weiteren beruhigt Ingwertee den Magen. Häufig wird auch auf Kamillentee gesetzt, da dieser die allgemeinen Mechanismen des Immunsystems stimuliert und so zu einer schnelleren Abheilung der Symptome führt. Kamillentee sollte aufgrund obiger Ausführungen also eher bei einer Grippe eingesetzt werden und Ingwertee eher bei Erkältungen (v.a. Halsschmerzen).

Gegen Halsschmerzen kann man auch Wickel zur Hilfe ziehen. Die Wickel lassen sich unterteilen in warme und kalte und ferner in trockene und feuchte. Warme Wickel fördern die Durchblutung und wirken krampflösend. Daher können sie auch bei muskuloskeletalen Nackenschmerzen eingesetzt werden. Kalte Halswickel, welche oft mit Quark hergestellt werden, haben ein anderes Ziel. Sie helfen der Abschwellung und bremsen Entzündungsprozesse und werden daher vor allem bei Rachen- und Mandelentzündungen eingesetzt. Die Mandelentzündung wird nun als Beispiel herangezogen, um noch einmal auf die Grenzen der Hausmittel einzugehen. Wenn die Symptome nach vier Tagen nicht nachlassen, soll zwingend eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden, um sich medikamentös behandeln zu lassen (in der Regel mit Antibiotika). Ansonsten droht die Gefahr einer Mandeloperation, welche unschöne und langwierige Folgen mit sich ziehen kann. Die Grenzen der Hausmittel hängen vor allem damit zusammen, dass Hausmitel in den allermeisten Fällen nicht gezielt gegen eine Erkrankung wirken können.

Zwei weitere Hausmittel sind das Inhalieren und die Nasespülung, die vor allem bei Beschwerden in den oberen Atemwegen helfen. Beide sind vergleichbar mit schulmedizinischen Medikamenten (wie Nasenspray und Lösemittel zum Inhalieren). Beim Inhalieren geht es darum, durch den heissen Dampf die Durchblutung anzuregen und die Schleimhäute zu reinigen. Dazu wird ein mit Wasser gefüllter Topf erhitzt und mit Heilkräutern angereichert. Die häufigsten verwendeten Kräuter sind Thymian und Kamille. Beugen Sie sich zum Inhalieren über den Topf und legen Sie sich ein Tuch so über den Kopf und Hals, dass das Tuch den Topf bedeckt und der Dampf nicht abweichen kann. Alternativ gibt es auch Inhaliergeräte, in die das heisse, mit Heilkräutern angereicherte Wasser abgefüllt werden kann.

Die Nasenspülung ist noch etwas einfacher zu bewerkstelligen. Dazu wird eine Kochsalzlösung mit lauwarmem Wasser gemacht und in eine Nasendusche gefüllt. Alternativ kann auch eine normale Trinkflasche mit Saugverschluss genommen werden. Die Nasendusche oder der Saugverschluss der Trinkflasche werden dann ans Nasenloch geführt und die Kochsalzlösung durch Drücken der Flasche in die oberen Atemwege geführt. Das Salz dient auf physiologischen Mechanismen beruhend der Abschwellung des Nasenschleims und der Spülung der Atemwege. Auch herkömmliche Nasensprays sind in der Regel stark salzhaltig. Die Nasenspülung hat jedoch den Vorteil, dass das Wasser mit mehr Druck in die oberen Atemwege gedrückt werden kann und so eine stärker spülende Wirkung erzeugt. Man muss dabei beachten, dass der Mund bei der Nasenspülung geöffnet ist und der Kopf zur Seite geneigt, sodass das Salzwasser nicht in den Rachen läuft.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Nachdem im Frühling die Covid-19-Pandemie fürs Erste bekämpft schien, haben die Nachrichten über die Affenpocken sehr schnell die Runde gemacht und eine erneute pandemische Katastrophe wurde beinahe erwartet. Heute kann festgehalten werden, dass diese Situation ausgeschlossen ist. Dennoch dürfen die Affenpocken nicht unterschätzt werden, auch aufgrund des unzureichenden Wissensstands in der Bevölkerung. Dieser Artikel soll die Mechanismen der Erkrankung aufzeigen, Übertragungsmöglichkeiten erläutern und auch die Frage der Impfung klären.

Bei den Affenpocken handelt es sich um eine virale Erkrankung, welche nicht nur über die Haut und Schleimhaut, sondern auch indirekt über kontaminierte Gegenstände übertagen werden kann. Die Affenpocken werden auch zu den Geschlechtskrankheiten gezählt, nicht weil die Geschlechtsorgane primär betroffen sind, sondern weil sexueller Kontakt mit einer erkrankten Person die Wahrscheinlichkeit der Übertragung massiv erhöht. Insbesondere gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr zwischen Männern erhöht das Risiko einer Ansteckung. Die Gründe dahinter sind bis heute noch nicht final geklärt.

Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Auftreten von Symptomen, kann bis zu 21 Tage betragen, in der Regel liegt die Inkubationszeit jedoch etwa bei einer Woche. Die Symptome kann man sich als allgemeine schwere Grippe (Erschöpfung, Kopf- und Gelenkschmerzen, Fieber, Schüttelfrost) mit zusätzlichem Hautausschlag vorstellen. Der Hautausschlag besteht vor allem aus kleinen Bläschen und Pusteln, die nach einigen Tagen verkrusten. In der Regel tritt der Hautausschlag nach den Grippesymptomen auf und löst insbesondere in den ersten Tagen des Ausschlags einen heftigen Juckreiz aus.

Von allen Ansteckungen mit Affenpocken betreffen über 90% Männer! Das ist ein möglicher stochastischer Grund, weshalb besonders homosexuelle Männer gefährdet sind. In der Schweiz wurden 500 Fälle erkannt und die Tendenz ist derzeit rückläufig. Die initiale Verbreitung des Virus’ kommt aus Zentralafrika durch die Übertragung von Nagetieren auf den Menschen. Der Name könnte implizieren, dass die Übertragung vom Affen auf den Menschen gelangt ist. Der Affe ist jedoch ein Fehlwirt der Nagetiere. Ein Fehlwirt beschreibt einen Wirt für ein Virus, in dem sich das Virus nicht weiterentwickeln, der es jedoch übertragen kann.

Das Virus der Affenpocken unterscheidet sich vom herkömmlichen Pockenvirus nicht sehr stark. Hierbei gilt es zu beachten, dass das Pockenvirus nicht die Windpocken auslöst. Die Windpocken sind auf das sogenannte Varizella-Zoster-Virus zurückzuführen. Die vorhandenen Impfstoffe gegen das herkömmliche Pockenvirus können auch wirksam gegen Affenpocken eingesetzt werden. In der Schweiz wurde jedoch im Sommer eine Bestellung eines neuen Pockenimpfstoffs getätigt, der spezifischer gegen die Affenpocken gerichtet ist.

Die Impfung dient vor allem der Verhinderung von schweren Krankheitsverläufen und nicht primär dazu, sich gar nicht erst anzustecken. Die Impfung kann prophylaktisch oder nach engem Kontakt mit einer infizierten Person verabreicht werden. Auch wenn die Affenpocken vor allem zu Beginn medial für viel Aufsehen gesorgt und Angst in der Bevölkerung geschürt haben, gibt es keine Impfempfehlung für die breite Bevölkerung.

Dies hat einerseits mit der begrenzten Verfügbarkeit des Impfstoffs zu tun (es konnten 40’000 Dosen bestellt werden) andererseits aber auch mit der ungleichen Verteilung zwischen Mann und Frau. Derzeit wird diskutiert, ob die Impfung Männern vorbehalten sein soll, weil sie in mehr als 90% der Fälle betroffen sind. Dabei gäbe es eine erneute Priorisierung unter den Männern – homosexuelle Männer sind auf der Prioritätenliste aufgrund des erhöhten Erkrankungsrisikos zuoberst.

Frauen müssen sich deswegen jedoch keine Sorgen machen, denn ihr Risiko, an den Affenpocken zu erkranken, ist so gering, dass diese Massnahme tragbar wäre. Dennoch bleibt natürlich eine ethische Debatte, wenn diese Überlegungen durchgesetzt werden würden. Nebst homosexuellen Männern hätte auch Gesundheitspersonal, das aufgrund der Arbeit gegenüber den Affenpocken exponiert wäre, erleichterten Zugang zur Impfung.

Abschliessend kann also festgehalten werden, dass die Affenpocken weiterhin beobachtet werden müssen, jedoch nach aktuellem Stand keine Bedrohung für die breite Bevölkerung darstellen. Eine Impfung ist insbesondere Frauen und heterosexuellen Männern nicht empfohlen und bleibt voraussichtlich homosexuellen Männern, Trans-Personen und exponiertem Gesundheitspersonal vorbehalten.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Neben der alljährlichen Grippeschutzimpfung für Ältere und chronisch Kranke gibt es zahlreiche Wege, die Abwehrkräfte und das Immunsystem im Herbst zu stärken:

  1. Stress reduzieren

Psyche, Körper und Immunsystem sind eng verbunden und beeinflussen einander. Hier ist Stress reduzieren angesagt, das heisst, bewusst abgrenzen von stressigen Situationen, Phasen der Entspannung einplanen und Werkzeuge wie Yoga, Pilates oder auch Meditation einfliessen lassen.

  1. Gesunde Ernährung

Ausgewogen essen und trinken, am besten mit viel frischem Obst und Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten. Verzichten Sie auf industriell hergestellten Zucker, welcher den Boden bereitet für Übergewicht, Zuckerkrankheit, Krebs- und Herz-Kreiskauf-Erkrankungen. Eine abwechslungsreiche Kost versorgt den Körper mit Vitaminen und Nährstoffen.

  1. Bewegung an der frischen Luft

Herbstliche Spaziergänge (wer möchte auch Walken, Radfahren oder Wandern) stärken unser Immunsystem. Entdecken Sie den Wald wieder: Die Natur erdet uns, beruhigt unsere Psyche, reduziert Stresshormone und stärkt unsere Gesundheit. Sonnenstrahlen sorgen für eine Portion Vitamin D, welches ein wichtiger Faktor für die Funktion unseres Immunsystems ist. Ausserdem schüttet Ihr Gehirn das Glückshormon Serotonin aus und Sie werden mit einer besseren Laune und guter Stimmung belohnt – das wiederum stärkt Ihre Abwehr.

  1. Flüssigkeit

Trinken Sie ausreichend, denn der Körper braucht 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit am Tag. Wasser ist das Elixier des Lebens. Auch Kräutertees (z.B. mit frischer Minze oder Ingwer) können Sie mit dem Wasser abwechseln. Trinken Sie idealerweise stilles Wasser. Es ist bekömmlicher und basischer als kohlensäurehaltiges Wasser. Die Flüssigkeit ist wichtig für die Regulation der Körpertemperatur, für den Transport von Nährstoffen, für den Stoffwechsel in jeder einzelnen Körperzelle und für den Abtransport der Abbaustoffe des gesamten Stoffwechsels.

  1. Schlaf

Eine ausgewogene Schlafhygiene und ausreichend Schlaf (7 bis 9 Stunden) ist ein sehr wichtiger Faktor, sowohl für die Psyche als auch für das Immunsystem. Im Schlaf finden Reparationsvorgänge statt, Fettzellen und Stresshormone werden abgebaut, im Schlaf entfaltet sich eine beeindruckende Schutzwirkung gegen Infektionen. Schlaf ist also keine Zeitverschwendung, sondern gelebte Gesundheitsvorsorge.

  1. Mikronährstoffe

Achten Sie auf eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen (A, B, C, D, Folsäure) und Mineralstoffen (Eisen, Kupfer, Selen und Zink). Sie tragen zur Funktion des Immunsystems entscheidend bei und damit zur Abwehr von Erregern von Atemweginfekten.

  1. Hände waschen und lüften

Regelmässige Händehygiene trägt dazu bei, dass Viren und Bakterien nicht ins Gesicht und in die Schleimhäute von Augen, Mund und Nase gelangen. Mehrmaliges Lüften am Tag sorgt für eine gute Sauerstoffsättigung der Luft und das richtige Klima in Innenräumen.

  1. Verzicht auf Genussmittel

Versuchen Sie, phasenweise (zum Beispiel an Arbeitstagen) ganz oder teilweise auf Alkohol und Zigaretten zu verzichten. Diese sind Gifte für alle unsere Zellen, stressen unseren Körper und reduzieren damit unsere Immunabwehr.

  1. Saunagänge

Der Gang in die Sauna unterstützt das Herz-Kreislauf-System und stärkt unsere Abwehrkräfte. Durch die Wechselwärme werden die Schleimhäute an die Temperatur angepasst durchblutet. So wird der Körper optimal auf die im Herbst kommenden kalten Temperaturen vorbereitet.

  1. Wechselduschen

Wechselduschen stärken das Immunsystem, kurbeln den Stoffwechsel und die Fettverbrennung an und fördern unsere Durchblutung. Diese in unserer modernen Welt in Vergessenheit geratene Methode der Gesundheitsstärkung dehnt und verengt durch den Wechsel zwischen Wärme und Kälte die Gefässe und Lymphkanäle – wie bei einem Muskeltraining. Gefässwände werden kräftiger, Körperflüssigkeiten fliessen, die Abwehrkräfte werden gestärkt. Wechselduschen beleben also und entgiften, haben einen positiven Effekt auf Wärmeregulierung und unser Herz-Kreislauf-System und machen zudem gute Laune – sie schenken uns also ohne viel Aufwand Gesundheit und positive Energie im Herbst.

  1. Natürliche Helfer
  • Ingwer wirkt gegen Keime und Entzündungen. Heisser Ingwertee regt durch seine Scharfstoffe die Durchblutung an und unterstützt die Immunabwehr.
  • Honig hat eine antimikrobielle Wirkung. So ist er wirksam bei beginnenden Halsschmerzen und ersetzt dazu mit seiner Süsse den Industriezucker.
  • Knoblauch hat ebenfalls durch den Inhaltsstoff Allicin eine antimikrobielle Wirkung gegen Bakterien und Viren. Außerdem wirkt die Heilpflanze blutdrucksenkend.
  • Echinacea zählt zu den natürlichen Immunmodulatoren. So können die Extrakte der Heilpflanze Erkältungssymptome mildern und die Dauer einer Infektion verkürzen.
  • Kurkuma (auch Gelbwurz genannt) wird seit Tausenden von Jahren in der traditionellen chinesischen Medizin und im Ayurveda als Heilmittel eingesetzt. Das Gewürz wirkt antioxidativ und entzündungshemmend und hat viele gesundheitsfördernde und heilende Eigenschaften wie beispielsweise die Regenerierung der Darmschleimhaut, Verbesserung der Insulinsensitivität oder cholesterinsenkende Wirkung. Ausserdem wirkt Kurkuma antidepressiv und verbessert die Fliessleistung des Blutes und damit die kognitiven Leistungen im Alter, um nur einige Wirkungen anzudeuten.  Ein vielseitiges Mittel für den Herbst also und echtes Superfood-Gewürz aus der Natur.
  1. Heilfasten

Ein bis zweimal Mal im Jahr kann man für mehrere Tage auf feste Nahrung verzichten (Voraussetzung ist das Fehlen von Kontraindikationen), was eine Kaskade an biochemischen Reaktionen auslöst. Durch die Zellentgiftung und Entschlackung profitiert unser Verdauungssystem, unsere psychische Gesundheit, unser gesamtes Immunsystem – also Körper und Geist. Der freiwillige Nahrungsentzug wirkt nicht nur verjüngend und regenerierend auf unsere Zellen, er hat auch einen positiven Effekt auf Blutdruck, Blutzucker, Entzündungen, den Säuren-Basen-Haushalt und unsere Stimmung.

  1. Körperliche Nähe

Je stärker wir uns in unserem Umfeld aufgehoben fühlen und je häufiger wir umarmt werden, desto seltener werden wir krank. Ein liebevolles Zuhause und ein positives Umfeld machen uns glücklicher, stärken unsere Psyche und senken somit auch das Risiko von Erkältungen und grippalen Infekten.

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Dr. Eva Hautmann

Fachärztin für Arbeitsmedizin und Head of Occupational Medicine (MED4LIFE)

Die meisten von uns sind schon mit Antibiotika in Kontakt gekommen. Halsschmerzen oder auch Blasenentzündungen; ein paar Tabletten und die Krankheit scheint vergessen. Doch was machen wir, wenn diese Wundermittel plötzlich ihre Wirksamkeit verlieren? Und wie kann es überhaupt dazu kommen? Antibiotika wirken, wie der Name schon vermuten lässt, anti-mikrobiell. Sie bekämpfen Bakterien, die in unserem Körper Krankheiten auslösen können und helfen so bei der Genesung. Es gibt unterschiedliche Gruppen von Antibiotika, sie können beispielweise nach ihrem Wirkungsmechanismus eingeteilt werden: demnach gibt es bakteriostatische und bakterizide Antibiotika. Bakteriostatische Antibiotika hemmen das weitere Wachstum der Erreger und bakterizide eliminieren diese direkt.

Von «Resistenz» spricht man, wenn ein Antibiotikum für einen Erreger keine Wirkung zeigt. Unterschieden werden die primäre und sekundäre Resistenz. Der sekundären Resistenz liegt, anders als der primären Resistenz, eine Veränderung des genetischen Materials zugrunde. Bei der primären Resistenz wirkt das Antibiotikum nicht, weil der für die Bekämpfung des Erregers gewählte Mechanismus der falsche ist. Ein typisches Merkmal der erworbenen, also der sekundären Resistenz ist ihre Variabilität. Die unterschiedlichen Resistenzmechanismen können zwischen den Bakterien übertragen werden, was zu multiresistenten Keimen führen kann (Bundesministerium für Gesundheit, 2011).

Antibiotikaresistenzen sind im Allgemeinen aber nichts neues und haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts stark zugenommen. Vereinfacht gesagt wächst das Resistenzproblem mit jeder Einnahme. Denn unter Antibiotika haben vor allem die bereits resistenten Bakterien die Möglichkeit, zu wachsen und zu überleben (Bundesamt für Gesundheit, 2019). Es gibt unterschiedliche Anpassungsmöglichkeiten der Bakterien, die zu Resistenzen führen: Sie können das Medikament erkennen und ausstossen, die Zellhülle kann undurchlässig werden und so das Eintreten des Antibiotikums verhindern, die Bakterien können das Medikament chemisch verändern und so inaktivieren oder auch die Strukturen des Antibiotikums gezielt verändern.

Das wahrscheinlich bekannteste und älteste Antibiotikum ist Penicillin. Es wurde 1928 vom britischen Mediziner Alexander Fleming zufällig entdeckt. Er experimentierte mit dem Bakterium Staphylococcus Aureus und entdeckte, dass diese Erreger durch grünen Schimmelpilz getötet werden. Folglich isolierte er eine Substanz, die wir heute als Penicillin kennen (Geo, 2017). Die bakterizide Wirkung von Penicillin ist auf seine chemischen Eigenschaften zurückzuführen. Penicillin hemmt ein bakterielles Enzym (D-Alanin-Transpeptidase), das für den Aufbau der bakteriellen Zellwand benötigt wird. Dadurch wird während der weiteren Teilung der Bakterienzelle die Zellwand instabil und der Erreger kann nicht überleben (Netdoktor, 2021).

2019 starben schätzungsweise 1.2 Millionen Menschen aufgrund einer Infektion mit einem antibiotikaresistenten Keim, wobei rund ein Drittel ursprünglich an einer Lungenentzündung litten (tagesschau.de, 2022). Diese Zahlen sollen in den nächsten Jahren rasant ansteigen. Es besteht die Gefahr, dass man den zurzeit noch gut behandelbaren Infektionen, wie Blasenentzündung, Lungenentzündung oder auch Sepsis bereits in naher Zukunft machtlos gegenübersteht (Liebe, 2019). Experten vermuten, dass bis zum Jahr 2050 mehr Personen an den Folgen von Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen sterben als an Krebs.

Der Vollständigkeit halber sollten auch die multiresistenten Erreger (MRE) erwähnt werden. MRE sind Erreger, die gegen mehrere Antibiotika resistent sind. Solche Keime führen nicht zu schwereren Infektionen als nicht-MRE, jedoch erschweren sie die Behandlung aufgrund der Resistenz. Der aktuell bekannteste MRE ist der methicillinresistente Staphylococcus Aureus, auch MRSA genannt. Gesunde Personen sind oft nur Träger von MRE und erkranken selbst nicht daran, sie können diese aber weitergeben. Daher treten sie oftmals in Spitälern und Pflegeheimen auf, wo sich viele Personen mit geschwächter Abwehr befinden. In Deutschland sind etwa 60% der im Krankenhaus ausgelösten Infektionen MRE-bedingt. Typische Risikofaktoren sind Aufenthalte in solchen Institutionen, die nicht länger als 6 Monate zurückliegen, schlecht heilende Wunden, Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 6 Monate, Blasenkatheter und allgemeine Faktoren, die das Immunsystem unterdrücken. Zu den Letzteren gehören beispielsweise immunsuppressive Therapien bei Autoimmunerkrankungen oder bei einer Krebstherapie (Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, 2019, S. 1-2).

Was aber sind die Ursachen der Antibiotikaresistenz? Ein grosser Beitrag zur Antibiotikaresistenz leistet der undifferenzierte Gebrauch. Zu oft werden Antibiotika ohne gesicherte Diagnose eingesetzt. Beispielsweise ist bei einer viralen Infektion der Einsatz von Antibiotika unnötig, da sie nur bei bakteriellen Infektionen nützen. Ebenso problematisch ist das vorzeitige Beenden der Einnahme. Wenn die Symptome nachlassen, bedeutet dies nämlich nicht, dass die Bakterien eliminiert sind. Wird das Antibiotikum also zu früh abgesetzt, so kann dies Resistenzen fördern. Ein weiterer Fehler ist das zu häufige Anwenden von Breitspektrum-Antibiotika, wenn Schmalspektrum-Antibiotika reichen würden. Breitspektrum bedeutet, dass das Antibiotikum die Möglichkeit hat, verschiedene Strukturen und Mechanismen von Bakterien zu bekämpfen. Breitspektrum-Antibiotika sollten für den Ernstfall aufgespart werden, damit sie wirksam bleiben. Ein weiterer Faktor, der schwerer zu kontrollieren ist, sind Antibiotikaspuren und resistente Erreger im Abwasser. Durch das Abwasser können Keime wieder in unser System gelangen und weitergegeben werden  (Bundesministerium für Gesundheit, 2011).

Zur Bekämpfung des Resistenzproblems wären neue Antibiotika und Schnelltestmethoden zur Identifizierung spezifischer Keime und deren Resistenzen essentiell. Eine genaue Identifikation des Erregers kann helfen, das genau passende und wirksame Antibiotikum zu finden und somit den Erreger möglichst effizient zu bekämpfen. Die Pharmaindustrie zeigt kein grosses Forschungsinteresse in diesem Bereich, was möglicherweise mit den hohen Entwicklungskosten zusammenhängt, die schwierig zu erwirtschaften sind, da diese Mittel möglichst wenig eingesetzt werden sollten (Bundesministerium für Gesundheit, 2011). Ein Beitrag, den wir alle leisten können, ist das Vermeiden von neuen Infektionen, beispielsweise durch bessere Hygiene und Impfungen (Liebe, 2019).

Quellen

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). (Juni 2019). Multiresistente Erreger. RSA und Co. – Was Sie über diese Erreger wissen sollten. Kurzinformation Für Patienten, S. 1-2. Abgerufen am 14. August 2022 von Patienten-Information: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/multiresistente-erreger

Bundesamt für Gesundheit. (2019). Wie entstehen Antibiotikaresistenzen? Von BAG: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/infektionskrankheiten-bekaempfen/antibiotikaresistenzen/wie-entstehen-antibiotikaresistenzen—.html abgerufen

Bundesministerium für Gesundheit. (2011). DART – Deutsche AntibiotikaResistenzstrategie. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit.

Geo. (2017). Wie Alexander Fleming durch eine Schlamperei das Penicillin entdeckte. Von Geo Chronik: https://www.geo.de/magazine/geo-chronik/19648-rtkl-antibiotika-wie-alexander-fleming-durch-eine-schlamperei-das abgerufen

Liebe, S. v. (2019). Penicillin – ein Wundermittel kommt in die Jahre. Abgerufen am 14. August 2022 von BR24: https://www.br.de/nachrichten/wissen/penicillin-ein-wundermittel-kommt-in-die-jahre,R26HHRX

Schrör, S. (2021). Penicillin. Abgerufen am 27. August 2022 von Netdoktor:  https://www.netdoktor.ch/medikamente/penicillin/

tagesschau.de. (2022). 1,2 Millionen Tote durch resistente Keime. Abgerufen am 14. August 2022 von Tagesschau.de: https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/antibiotika-resistenz-103.html

Leandra Ehrat

Studentin Humanmedizin
Medizinische Content-Providerin (MED4LIFE)