Dieser Artikel befasst sich mit einer psychischen Erkrankung, welche in der Schweiz stark auf dem Vormarsch ist. Leider wird sie tabuisiert, weswegen sich die Betroffenen häufig nicht eingestehen, darunter zu leiden. Die Rede ist hier vom sogenannten Burnout. Ein Burnout lässt sich durch drei Komponenten charakterisieren – emotionale Erschöpfung, Entfremdung und verminderte Effektivität. Ganz wichtig ist hierbei, dass ein Burnout per se arbeitsbezogen ist. Ähnliche Effekte können natürlich auch im Privatleben entstehen, dann wird jedoch nicht von einem Burnout gesprochen. Eine Person leidet also an einem Burnout, wenn sie die obigen drei Komponenten arbeitsbezogen erfüllt. Natürlich gibt es Abstufungen – vom leichten Burnout spricht man, wenn nicht alle Komponenten erfüllt sind. Hierbei ist die verminderte Effektivität die am schwierigsten zu bestimmende Komponente, denn oftmals ist Überarbeitung ein starker Trigger für ein Burnout. Dann dreht man sich als Betroffener zunehmends im “Hamsterrad“ und bemerkt die verlorene Effektivität möglicherweise gar nicht.

In der Arbeitswelt wird bei Burnoutpatientinnen und Burnoutpatienten immer das Verhältnis von Ressourcen zu Belastungen untersucht. Diese Begriffe werden dabei nicht sehr eng definiert. In die Kategorie Ressourcen fallen beispielsweise Handlungsspielraum, Wertschätzung, Vielfalt der Aufgaben und viele weitere Aspekte. Die Belastungen hingegen bestehen beispielsweise aus Zeitdruck, sozialen Belastungen durch Mitarbeitende, Unklarheit bei der Arbeitsausführung, zu tief empfundene Entlöhnung für die geleistete Arbeit etc. Allgemein lässt sich formulieren, dass eine langzeitige Überforderung am Arbeitsplatz oft in einem Burnout endet. Das muss nicht zwingend eine arbeitsspezifische Überforderung sein, sondern ist häufig eine emotionale Überforderung. Das heisst also, dass es eine Dysbalance gibt zwischen Ressourcen und Belastungen. Für eine optimale Leistungserbringung ist eine Balance jedoch unverzichtbar. Als Gegenspieler zum Burnout gibt es auch das sogenannte Boreout. Das tritt dann auf, wenn die betroffene Person unterfordert ist und bei der Arbeit mehr Ressourcen als Belastungen antrifft. Das mag kurzfristig verlockend wirken, doch der Mensch muss sich aus evolutionstechnischen Gründen gefordert fühlen, um sich entfalten zu können. Der optimale Zustand liegt also dann vor, wenn sich Ressourcen und Belastungen in einem Gleichgewicht befinden. Man soll sich also herausgefordert fühlen und anstrengen müssen, dies jedoch in einem gewissen Rahmen, sodass die Herausforderungen längerfristig weder zu klein (Boreout) noch zu gross (Burnout) sind.

Die Gesundheitskosten aufgrund von Burnouts haben sich in der Schweiz zwischen 2010 und 2020 verdoppelt! Aktuell gibt die Schweiz ungefähr 8 Milliarden pro Jahr für burnoutbedingte Gesundheitsprobleme aus. Dabei ist es sehr verwunderlich, dass ein Burnout nicht als Krankheit deklariert wird. Das Burnout gilt lediglich als Risikofaktor für Krankheiten, jedoch nicht als Krankheit selbst. Das kann zu finanziellen Konfliktsituationen zwischen Krankenkassen, Arbeitgebenden und dem betroffenen Arbeitnehmer bzw. der betroffenen Arbeitnehmerin führen. Daher ist bei einem Burnout eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebenden, betroffenen Arbeitnehmenden und Ärzteschaft notwendig. Dieses Dreieck birgt oft Konfliktpotenzial – insbesondere zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden.

Was das Burnout so einzigartig macht, ist die stark individuelle Ausprägung. Daher ist das Burnout auch so breit definiert. Aufgrund dieser Individualität sollte die Beziehung zwischen Patientin oder Patient und Ärztin oder Arzt in einer solchen Situation optimalerweise besonders eng sein. Bereits die erste Konsultation wird dabei von der Ärzteschaft als Teil des Weges aus dem Burnout heraus gehandhabt. Es ist entscheidend, dass die Reintegration am Arbeitsplatz so gut wie möglich verläuft, aber auch das birgt ein gewisses Konfliktpotential. Als Betroffene oder Betroffener glaubt man sich mit einem Arztzeugnis erstmal in Ruhe gelassen, aber dem ist nicht so, denn das Ziel bei einem Burnout ist nicht nur das Wiedererlangen der drei verlorenen Burnout-Komponenten, sondern auch die schnellstmögliche Reintegration an den Arbeitsplatz. Auch wenn für Betroffene in der Situation zu Beginn verständlicherweise schwierig einzusehen ist, ist dieses schnelle Angehen der Reintegration unabdingbar. Ansonsten droht ein allgemeiner Antriebsverlust, der dann auch im Privatleben überhandnimmt.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen in diesem Artikel einen persönlichen Ratschlag mitgeben: Falls Ihnen beim Lesen des Artikels oder auch schon davor auffiel, dass Sie dem typischen Burnoutmuster (teilweise) entsprechen, versuchen Sie sich doch diesbezüglich jemandem anzuvertrauen. Sie wären garantiert nicht alleine in der Situation und durch das Ansprechen ganz vielen einen wichtigen Schritt voraus! Dies ist oftmals – vor allem aufgrund der Tabuisierung – nicht einfach. Doch alleine schon darüber zu sprechen und die Sorgen einer anderen Person gegenüber eingestanden zu haben, kann enorm hilfreich sein und die Angst davor nehmen, das Problem auch unter ärztlicher Begleitung anzugehen.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Für eine Einführung in die Bodytalk-Methode, lesen Sie meinen Übersichtsartikel: „Bodytalk – Was ist das?“.  In diesem zweiten Teil werde ich noch etwas tiefer gehen und erklären, wie man in einem konkreten Fall spezifisch vorgehen kann, und was dann effektiv im Körper-Geist-Seelen-System eines Menschen passiert, wenn man dieses über Bodytalk adressiert.

Jeder von uns ist mit Symptomen konfrontiert. Sie können physischer wie auch psychischer Natur sein. Symptome erstrecken sich von akut und noch nie dagewesen bis hin zu chronisch gleichbleibend oder sich verstärkend. Viele Symptome verschwinden auch nach einer gewissen Zeit von selbst und kehren vielleicht wieder zurück oder bleiben für immer weg. Oft wissen auch die Ärzte nicht, warum ein Symptom jetzt da ist oder wieder verschwunden ist und was das bedeuten könnte. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass wir Ärzte nicht wirklich lernen, die Ursachen – die Sprache – hinter den Symptomen zu erkunden. Der Körper, die Seele oder unser Geist versuchen immer wieder, mit uns in Kontakt zu treten; über die Symptome können sie ein Warn- bzw. Alarmsignal senden. Leider lesen wir diese Signale viel zu wenig und viel zu oberflächlich. Oft begnügen wir uns damit, das Symptom zum Verschwinden zu bringen. Damit wird die Ursache aber nicht behoben, sondern oft einfach verschoben, bis dasselbe oder ein anderes Symptom wieder auftaucht und uns erneut warnt. Je länger wir nicht hinhören, das Symptom verdrängen oder nicht ernst nehmen, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit, ernsthaft zu erkranken.

Über die Methodik von Bodytalk wird die Klientin oder der Klient aufgefordert, hinzuschauen und das Symptom ernst zu nehmen sowie die Zusammenhänge zu erkennen und in Balance zu bringen. Die Klientin oder der Klient erzählt in aller Regel vor der Sitzung, welche Beschwerden sie oder ihn plagen. Während der Sitzung wird über das unten angefügte Protokoll abgefragt, welche Bereiche blockiert oder unterbrochen sind, wo die Kommunikation stockt und was verbunden und geheilt werden möchte.

Bodytalk-Protokoll

Um die individuellen Bereiche zu finden, arbeitet die Therapeutin oder der Therapeut mit der Methode des Muskelfeedbacks. Dieses steht für das autonome Nervensystem, das mit der inneren Weisheit jedes Menschen verbunden ist und entsprechende Antworten liefern kann. Über das Abfragen entlang der im Protokoll vorgeschlagenen Wege und Themenbereiche ergibt sich eine Art Formel, die für jeden Menschen hoch-individuell und spezifisch ist.

Fallbeispiel:

Eine 60-jährige Dame kommt mit verdicktem Sternoklavikulargelenk, dem Gelenk zwischen Schlüsselbein und Brustbein, zum Bodytalk. Es tut nicht weh, aber sie greift immer wieder an die Stelle, weil es sie verunsichert und weil sie Angst hat, dass „etwas Schlimmes“ daraus entstehen könnte, sprich ein Tumor. Sie möchte wissen, was das bedeutet und ob sie zur Abklärung eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen sollte.

Als ich sie darauf hinweise, dass das Symptom ja auf der rechten und männlichen Seite besteht, fällt es ihr wie Schuppen von den Augen und sie erzählt mir die Geschichte einer verlorenen Liebe, die vor 9 Monaten zu Ende ging. Der Partner habe oft seine Hand auf ihrem Brustbein (Herz-Chakra = Herz-Energie-Zentrum) gelegt, was sie entspannt einschlafen liess. Als er fortging, habe sie den Knoten entdeckt, als sie versuchte, über das eigene Handauflegen zur Ruhe zu kommen. Wir finden also eine aktive Erinnerung eines Verlusts, der noch wehtut. Der Partner hat die Frau verlassen, was das Selbstwertgefühl der Klientin massiv beeinträchtigt hat; sie fühlt sich hässlich und minderwertig. Dies drückt sich auch in ihrer Haltung aus. Der Oberkörper ist blockiert und nicht symmetrisch, was das besagte Gelenk rechts stärker hervortreten lässt und als Knoten erscheinen lässt. Beim weiteren Nachfragen kommt zum Vorschein, dass dies zusätzlich an alte Muster und Glaubenssätze gekoppelt ist, da nun Erfahrungen mit Abwertung und mangelnder Selbstliebe hochkommen, die sie schon als junge Frau und als Kind gemacht hat.

Indem wir den Zusammenhang herstellen, den Schmerz über den Verlust und die Abwertung sichtbar machen und ihm den gebührenden Raum geben, können wir die Dysbalance auflösen und die Klientin kommt wieder ins Gleichgewicht. Sie erkennt, dass sie an ihrem Selbstwert arbeiten darf. Erkannte Muster und Glaubenssätze verlieren an Brisanz und lösen sich nach einiger Zeit auf. Sie kann den physischen Prozess unterstützen, indem sie den Knoten liebevoll berührt und sich eingesteht, dass es schmerzhaft ist und sie sich abgewertet fühlt. Dies wird sie vermutlich noch einige Zeit machen müssen bis die Auflösung erfolgt, da diese Art von Arbeit immer prozesshaft stattfindet.

Wir sehen also, dass die Symptome über das autonome Nervensystem gelesen werden können und uns die Organe, Körperteile und Emotionen – aber auch andere Teilbereiche wie Meridiane oder andere Modalitäten – die nötigen Hinweise dafür liefern, was wir lösen und frisch vernetzen dürfen. Diese Arbeit in die Tiefe durch Bodytalk ist sehr heilsam, da sich der Mensch ehrlich und intensiv mit sich auseinandersetzt. Dazu braucht der Mensch auch Mut und sollte liebevoll und achtsam begleitet werden.

Quelle

Bild: Fortgeschrittenes Bodytalk-Protokoll. International Bodytalk Association: www.the-bodytalk-system.eu. 

Dipl. med. Andrea Bieler Bühler

Dipl. med. Andrea Bieler Bühler

Leiterin Komplementärmedizin (MED4LIFE)