Ungefähr drei Prozent der Schweizer Bevölkerung leiden an Blutphobie. Dieser Artikel soll Hintergründe dazu liefern und einen möglichen Weg zur Besserung aufzeigen. Die Blutphobie zeichnet sich dadurch aus, dass Betroffene nicht mit Blut umgehen können, egal ob es sich um ihr eigenes Blut handelt oder fremdes. Oft geht die Blutphobie einher mit einer Angst vor Spritzen, Blutentnahmen und Operationen. Die Symptome reichen von Schwindel bis hin zur Ohnmacht.

Der physiologische Hintergrund der Blutphobie ist sehr spannend. Der Körper reagiert dabei mit einer Überreaktion des Parasympathikus, welcher den Körper gewissermassen “herunterreguliert”. Als Folge fallen Blutdruck und Herzfrequenz drastisch ab, was der Hauptgrund für die Ohnmacht (fachsprachlich Synkope) ist. Mit der Überreaktion des Parasympathikus lässt sich die Blutphobie deutlich von der Panikstörung abgrenzen. Denn Panikpatienten reagieren auf ihren Trigger mit einer übermässigen Reaktion des Sympathikus, welcher die gesamten Körperaktivitäten “hochreguliert”. Parasympathikus und Sympathikus bilden gemeinsam – zu einem gewissen Grad als Gegenspieler zueinander – das sogenannte vegetative Nervensystem.

Es gibt verschiedene Subtypen bei der Blutphobie, beispielsweise gibt es Personen, die nur mit fremdem Blut nicht umgehen können. Wenn man jedoch von einer Person ausgeht, die generell nicht mit Blut umgehen kann, gibt es dennoch Mechanismen, die die Symptome lindern können. Einfach gesagt muss etwas getan werden, das dem Parasympathikus entgegenwirkt. Das wird dadurch erreicht, dass man die grossen Muskelgruppen mehrmals kurzzeitig schnell anspannt und wieder relaxiert, wenn man Blut sieht. Die Muskelkontraktionen, zum Beispiel in den Armen und Beinen, führen zu einer Umverteilung der Durchblutung zum Muskel und zu einer Erhöhung des Blutdrucks. Die praktische Umsetzung dieser Blutdruckerhöhung funktioniert am besten mit einem wiederholten kräftigen Faustschluss für die Arme und mit einem Wechselspiel zwischen Anspannen und Relaxieren der Pobacken oder der Waden für die untere Extremität. Dieser Mechanismus ist also ein direkter Gegenspieler zum Parasympathikus, welcher blutdrucksenkend wirkt.

Ein zweiter, sehr einfacher, aber in der Hektik oftmals vernachlässigter Aspekt: Nicht hinschauen! Der visuelle Input ist der massivste Trigger für die Überreaktion. Wenn man an Blutphobie leidet, kann man gerade bei starken Blutungen in eine Art Bann gezogen werden, die es nicht erlaubt wegzusehen, was die Überreaktion verschlimmert.

Nebst der Symptombekämpfung bei einer Überreaktion gibt es jedoch auch eine Kausaltherapie. Eine Kausaltherapie ist eine Therapie, welche das Problem an seinem Ursprung behandelt. Im Falle der Blutphobie wird also die Blutphobie selbst behandelt und es sollen nicht einfach die Effekte der Überreaktion wie bei den gezielten Muskelkontraktionen minimiert werden. Falls Sie selbst von der Blutphobie betroffen sind, kann die folgende Kausaltherapie hilfreich sein. Sie ist jedoch zugegebenermassen etwas unangenehm, da wissenschaftlich gesehen der einzige Weg zur längerfristigen Verbesserung über ein Selbsttraining und die anschliessend erlangte Selbstbeherrschung führt.

Es ist erwiesen, dass die Blutphobie am besten überwunden wird, wenn man sie bewusst und kontrolliert stimuliert und so über die Zeit abschwächt. Das ist gerade zu Beginn eine emotionale Herausforderung und sollte nur in Begleitung einer weiteren Person gemacht werden, da die Überreaktion heftig sein kann. Zu Beginn sollte mit Bildmaterial und nicht mit Situationen, in denen echtes Blut involviert ist, gearbeitet werden, um eine schrittweise, langsame Annäherung zu ermöglichen.

Ein Selbsttraining zur Besserung der Blutphobie könnte wie folgt aussehen:

Woche 1 — An zwei Tagen in der Woche mit Begleitung einer Zweitperson ein Bild einer leichten Blutung (z.B. Schürfwunde) anschauen.

Woche 2 — An zwei Tagen in der Woche mit Begleitung einer Zweitperson ein Bild einer mittelstarken Blutung anschauen (z.B. Schnittwunde).

Woche 3 — An zwei Tagen in der Woche mit Begleitung einer Zweitperson ein Bild einer starken Blutung anschauen (z.B. Operation).

Woche 4 — An zwei Tagen in der Woche mit Begleitung einer Zweitperson ein kurzes Video anschauen, das eine Blutung beinhaltet.

Woche 5 — An zwei Tagen in der Woche OHNE Begleitung einer Zweitperson Bilder zu Blutungen anschauen.

Woche 6 — An zwei Tagen in der Woche OHNE Begleitung einer Zweitperson ein kurzes Video anschauen, das eine Blutung beinhaltet.

Woche 7 — Nun wäre zeitlich der Übertritt zum echten Blut erreicht. Man kann jedoch eine Blutung im persönlichen Umfeld nicht einfach terminieren, weshalb dieser Übertritt zu einer Situation mit echtem Blut gar nicht so einfach ist. Zudem wäre es beim Übertritt zum echten Blut auch wichtig, dass Sie von einer Zweitperson begleitet werden. Falls es keine Situation gibt, in der Sie echtes Blut sehen können, ist es wichtig, dass die repetitiven Stimuli (also die regelmässigen Blut-“Trigger”) nicht einfach verschwinden, da dies einen Rückfall fördert. Eine Möglichkeit wäre, den Umgang mit Blut auf Bild- und Filmmaterial repetitiv weiter zu optimieren, bis sich eine Situation ergibt, in der Sie echtes Blut antreffen.

Diese regelmässige und repetitive Auseinandersetzung mit Blut führt dazu, dass sich die vegetative Überreaktion des Parasympathikus mit der Zeit abschwächt. Für die vermittelnden Nerven stellt sich durch das Training eine Art Gewöhnung an das Blut ein, weshalb die Überreaktion in den meisten Fällen abgeschwächt werden kann. Der kontrollierte Rahmen mit einer Zweitperson als Begleitung zu Beginn ist dazu da, der betroffenen Person die Angst etwas zu nehmen. Diese Methode der aktiven Auseinandersetzung mit der Phobie ist einer Vermeidungsstrategie in jedem Falle vorzuziehen, weil jede Person irgendwann in ihrem Leben Blutungen antreffen wird. Das Ziel der aktiven Auseinandersetzung soll auch nicht sein, dass man Blut danach mag, sondern lediglich, dass man damit in notwendigen Situationen umgehen kann. Falls Sie bei einem Schritt merken, dass er zu gross ist, oder Sie noch nicht bereit sind für den nächsten Schritt, lässt sich der aktuelle Schritt ohne Probleme wiederholen.

Zum Abschluss lässt sich also festhalten, dass sich die Blutphobie durch eine Überreaktion des Parasympathikus auszeichnet und dass es individuelle Ausprägungen gibt. Es gibt zwei Wege die Blutphobie zu kontrollieren – einerseits die Symptombekämpfung durch regelmässige Muskelkontraktionen beim Anblick von Blut, andererseits eine Kausaltherapie. Zur Kausaltherapie soll bemerkt sein, dass individuelle Ausprägungen bezüglich Intensität hier nicht berücksichtigt werden konnten.  Falls Sie also beispielsweise mit Blut auf Bildmaterial kein Problem haben, könnten Sie direkt bei der Woche 5 einsteigen. Zudem können Sie den Übertritt zur nächsten Stufe ebenfalls individuell, je nach Ihrem emotionalen Wohlergehen gestalten. Die Anleitung soll lediglich als Vorschlag und grobe Orientierung dienen.

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die Niere ist ein bilateral angelegtes retroperitoneal gelegenes Organ, das tagtäglich sehr wichtige Funktionen ausübt. Retroperitoneal bedeutet, dass es mit der hinteren Bauchwand verwachsen ist. Die Niere hat also anatomische Beziehung zur Wirbelsäule und zur Aorta. Sie ist unter anderem aufgrund ihrer hohen Durchblutungsrate massiv umhüllt. Die Nierenhüllen bestehen aus fünf Schichten. Diese unterscheiden sich stark voneinander. Wichtig ist, dass es bindegewebige (fibröse) und fetthaltige Schichten gibt. Die hohe Durchblutungsrate kommt daher, dass die Niere das Blut reinigt und daraus den Urin generiert (mehr zum Blutkreislauf in den Artikeln Anatomie des Herzens und Physiologie des Herzens) . Um die Durchblutungsrate in einen Kontext zu setzen ein paar Zahlen: Die Niere erhält über 20% des Herzminutenvolumens, das entspricht ungefähr einem Liter pro Minute. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Nieren mit je ungefähr 200 Gramm weniger als 1% des Körpergewichts ausmachen! Die Hauptfunktion der Niere besteht darin, das Blut zu filtrieren. Diese Filtrationsprozesse sind beeindruckend, denn die Nieren filtrieren täglich Blut in einer Menge vom Dreifachen des Körpergewichts: ungefähr 180-200 Liter! Somit werden pro Minute ca. 120ml Primärharn aus dem Plasma gebildet.

Die funktionelle Einheit der Niere heisst Nephron. Eine Niere besteht aus rund einer Million Nephronen. Das Nephron besteht grob aus einem Glomerolus und einem Röhrensystem, dem sogenannten Tubulussystem, das dem Herausfiltrieren von möglichst viel Flüssigkeit dient. Die Widerständsgefässe unseres Körpers, sogenannte Arteriolen, können einen hohen Druck generieren. Sie sind in der Regel den Kapillaren vorgeschaltet. Dort in den Kapillaren findet die Filtration statt. Nach den Kapillaren folgt in der Regel eine Venole, die einen tiefen Druck besitzt. Bei der Niere hingegen folgt nach der Kapillare eine zweite Arteriole. Man spricht von der afferenten und der efferenten Arteriole. Dies bewirkt, dass in der Kapillare ein hoher Druck herrscht. Durch diesen sehr hohen Kapillardruck wird die Filtration überhaupt erst ermöglicht. Die herausgefilterte Flüssigkeit wird in einer Kapsel (im Bild violett dargestellt) gesammelt und dann am Harnpol in den Tubulus übergeleitet. Das Bild zeigt die Niere makroskopisch und rechts seine funktionelle Einheit, das Nephron. Mehrere Nephrone münden in das sogenannte Sammelrohr. Beim Glomerolus (violett) sieht man rot gefärbt die afferente und die efferente Arteriole.

Niere

Doch was wird überhaupt aus dem Blut herausfiltriert? Anders formuliert bedeutet diese Frage: Woraus besteht der Primärharn? Es werden keine Zellen herausfiltriert und keine grossen Proteine! Filtriert werden Flüssigkeit, Ionen, kleine Proteine, Toxine und Glukose. Wenn man sich noch einmal die 180 Liter Filtration vorstellt, kommt die Frage auf, was damit passiert. Wir urinieren schliesslich nicht 180 Liter pro Tag. Von diesem Primärharn, der im Glomerolus herausfiltriert wurde, werden mehr als 99% wieder reabsorbiert, gelangen also wieder zurück ins Blut. Das Volumen des Endharns – das ist das Volumen, das wir dann auch wirklich als Urin ausscheiden – beträgt somit für einen Tag noch etwa 0.3 – 1.5 Liter. Die Toxine sind es, die der Körper primär ausscheiden will, daher werden sie nicht wieder reabsorbiert. Glukose hingegen hat im Endharn nichts zu suchen. Sie wird daher zu fast 100% wieder reabsorbiert. Da ein Glukosemolekül aber sehr klein ist, kann das Nephron das Herausfiltrieren der Glukose nicht vermeiden.

Die Reabsorption findet entlang des Röhrensystems statt. Insbesondere im ersten Abschnitt nach dem Glomerolus, dem sogenannten proximalen Tubulus, werden schon zwei Drittel des Volumens reabsorbiert. Dort erfolgt auch eine Reabsorption von Salzen und diese Reabsorption zieht im Rahmen der Osmose Flüssigkeit nach. Osmose beschreibt den Konzentrationsausgleich durch die Diffusion von Wasser. Wenn also die Salzkonzentration im Blut durch die Reabsorption höher ist als diejenige im Primärharn, fliesst Wasser nach, um die Salzkonzentration auszugleichen. Dieses einfache Prinzip beschreibt unsere Blutdruckregulation! Das heisst, dass der Blutdruck primär über das Volumen reguliert wird. Findet eine verstärkte Salzreabsorption statt, resultiert aufgrund der Osmose von Wasser auch mehr Blutvolumen. Ein erhöhtes Blutvolumen bedeutet einen erhöhten Blutdruck.

Daher setzen enorm viele blutdrucksenkende Medikamente an diesen Reabsorptionsprozessen von Salzen an. Sie blockieren die Reabsorption von Salzen an einem spezifischen Ort im Tubulussystem. Als grobe Tendenz nimmt die Salzreabsorption im Verlauf des Tubulussystems ab. Dabei gibt es verschiedene Reabsorptionsmechanismen. Das erlaubt das Einsetzen von verschiedenen Medikamenten. Bei einem Blutdruck, der nur leicht erhöht ist, wird also eher auf ein Medikament gesetzt, das im Tubulussystem erst spät die Salzreabsorption inhibiert und dadurch keinen massiven Effekt hat. Noch besser ist es jedoch (wenn der Blutdruck nicht massiv erhöht ist), den Blutdruck genau zu beobachten und mit kleineren Lebensstilanpassungen zu senken. Denn das ist nachhaltiger, kostengünstiger und verfolgt einen präventiven Ansatz. Gerade weil der Bluthochdruck so häufig vorkommt in unseren Breitenkreisen, gibt es für gewisse Patient*innen auch einen psychischen Vorteil, wenn sie für ihre Blutdrucksenkung nicht auf Medikamente angewiesen sind. Wenn der Blutdruck jedoch über längere Zeit massiv erhöht ist, liegt es auf der Hand, dass Medikamente benötigt werden. Dann sollte man über eine Kombinationstherapie mit Medikamenten und Lebensstilanpassungen nachdenken.

Quelle

Bild 1: Querschnitt durch die Niere und Nephron. https://www.nierenforschung.de/index.php/fuseaction/ (zuletzt am 30.04.2022 um 11:30)

Jil Toman

Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die Blut-Hirn-Schranke ist auf den ersten Blick nicht intuitiv. Aus dem Namen könnte man darauf schliessen, dass kein Blut zum Gehirn darf, was jedoch nicht der Fall ist. Tatsächlich ist das Gehirn das Organ, das seine eigene Durchblutung dank komplexer Regulationsmechanismen über die Durchblutung anderer Organe steuern kann. Daraus leitet sich die sogenannte „selfish brain hypothesis“ (engl. für „Hypothese des eigennützigen Gehirns“) ab. Das Gehirn ist permanent auf Blut angewiesen, daher gibt es in der Versorgung auch Redundanzen. Würde also der Blutfluss von einer Arterie vermindert oder gar gestoppt, könnte das Versorgungsgebiet dieser Arterie von einer anderen Arterie kompensiert werden. Die Blut-Hirn-Schranke spricht somit nicht die Durchblutung selbst an, sondern die Zusammensetzung des Blutes. Sie reguliert sehr strikt, welche Bestandteile des Blutes ins Gehirn dürfen und welche nicht. Die Blut-Hirn-Schranke ist in der Gefässwand der intrakranialen Kapillaren, also der Kapillaren innerhalb des Schädels lokalisiert. Eine Kapillare ist die kleinste Aufästelung von einem Gefäss und der Ort des Stoffaustausches zwischen Blut und Gewebe. Darum macht es auch Sinn, dass die Blut-Hirn-Schranke nur in den Kapillaren lokalisiert ist, denn ausserhalb davon, beispielsweise in einer mittelgrossen Arterie, kann kein Stoffaustausch stattfinden.

Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus drei Komponenten. Eine dichte Zellschicht bildet die Kapillarwand. Das ist die sogenannte Endothelzellschicht und sie ist permanent mit dem Blut in Kontakt, da sie die innerste Schicht der Gefässwand ist. Diese wie eine Mauer angeordneten Endothelzellen sind verbunden durch sogenannte „tight junctions“ (engl. für „enge Verknüpfungen“). Die Endothelzellschicht liegt auf einer dünnen bindegewebigen Membran, der sogenannten Basalmembran. Sie bildet quasi die Unterlage für die Endothelzellen. Ein weiterer Zelltyp, der an der Blut-Hirn-Schranke beteiligt ist, sind die sogenannten Astrozyten. Das sind Zellen des Gehirns, die charakteristisch sehr viele Fortsätze haben. Mit diesen Fortsätzen lagern sie sich von aussen an die Kapillaren. Kurz zusammengefasst sind die drei Komponenten der Blut-Hirn-Schranke die Endothelzellen mit ihren „tight junctions“, die Basalmembran und die Astrozytenfortsätze. Zur Veranschaulichung des Aufbaus dient dieses Bild (die Basalmembran ist hier nicht abgebildet):

a) Räumliche Anordnung

b) Querschnitt

Nun stellt sich natürlich die Frage nach der genauen Funktion der Blut-Hirn-Schranke. Dazu zuerst ein kurzer Ausflug zu den Zellen des Gehirns, den Neuronen. Die Neuronen sind gemeinsam mit den Herzmuskelzellen die einzige Zellgruppe, die keine oder kaum (das ist nach heutiger Forschung noch unklar) Regenerationsfähigkeit haben. Das heisst also, dass unsere Neuronen während des gesamten Lebens dieselben bleiben. Das ist sehr untypisch für Zellen. Die roten Blutkörperchen beispielsweise sterben natürlicherweise nach drei bis vier Monaten und werden durch Frische ersetzt. Diese fehlende Regenerationsfähigkeit im Gehirn führt nun dazu, dass das Gehirn alles daran setzt, die Neuronen nicht zu schädigen.

Die Blut-Hirn-Schranke reguliert wie oben erwähnt die Zusammensetzung des Blutes, welches das Gehirn versorgt. Im Blut befinden sich nebst den roten Blutkörperchen für den Sauerstofftransport auch die weissen Blutkörperchen, das sind Zellen des Immunsystems. Die Zellen des Immunsystems gehen oft brachial vor; es gibt zum Beispiel phagozytierende Zellen. Die Phagozytose ist die Aufnahme von Fremdmaterial durch eine andere Zelle. Man kann sich das vereinfacht als fressende Zellen vorstellen. So werden beispielsweise Bakterien eliminiert. Man sieht die brachiale Vorgehensweise des Immunsystems insbesondere auch bei Entzündungsreaktionen. Rötungen, Schwellungen, Eiter und weitere Reaktionen sind klassische Begleiterscheinung von Entzündungen, die durch das Immunsystem ausgelöst werden.

Wenn diese Prozesse jetzt eins zu eins im Gehirn ablaufen würden, käme es zu einer massiven Schädigung der Neuronen und das wäre fatal, da sie ja nicht regenerationsfähig sind. Die Blut-Hirn-Schranke reguliert daher vor allem den Durchtritt von Immunzellen ins Gehirn. Dieser Durchtritt ist sehr gering verglichen mit dem Rest des Körpers, die Blut-Hirn-Schranke ist jedoch keine absolute Barriere für Immunzellen. Das Gehirn ist also immunpriviligiert. Das bedeutet, dass das Immunsystem des Gehirns seine Prozesse spezifischer und regulierter durchführt als an anderen Orten im Körper. Das dient einzig und allein dazu, die Neuronen am Leben zu halten und keinesfalls zu schädigen. Diese Blut-Hirn-Schranke hat auch einen evolutionären Hintergrund. Evolutionstechnisch gesehen war/ist es besser, gesunde Menschen vor Hirnschädigungen zu schützen, als Menschen, die auf eine Immunreaktion im Gehirn angewiesen wären, zu helfen. Denn eine Immunreaktion im Gehirn würde, wie bereits erläutert, massive Schäden anrichten und somit die gesamtheitliche Gesundheitssituation nicht verbessern. Die Blut-Hirn-Schranke ist also evolutionstechnisch gesehen ein Kompromiss zwischen dem Immunsystem und den nicht regenerierbaren Neuronen.

Quelle

Bild: (2006). Roche Lexikon Medizin (5. Auflage). Urban & Fischer in Elsevier.  https://www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon/blut-hirn-schranke (zuletzt am 31.01.2022 um 11:30)

Jil Toman

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