Viele Operationen sind heute keine grosse Sache mehr. Gerade bei kleineren Eingriffen dürfen die Patienten das Krankenhaus am selben Tag wieder verlassen. Das Wort Operation leitet sich vom lateinischen Begriff «operare» ab und bedeutet verrichten oder arbeiten. Eine Operation ist ein chirurgischer Eingriff in den Organismus mittels medizinischer Instrumente. Aus juristischer Sicht ist jede Operation eine Körperverletzung. Deshalb müssen Patienten davor zwingend eine Einwilligungserklärung unterschreiben. Ein bevorstehender Eingriff kann für den Patienten beängstigend sein. Gerade der partielle oder komplette Kontrollverlust über den eigenen Körper verunsichert manche Menschen. Um Unsicherheiten zu beseitigen und Klarheit zu schaffen, werden in diesem Artikel zehn häufig gestellte Fragen beantwortet.

«Warum wird ständig gefragt, wie ich heisse?»

Durch die verschiedenen Fragestellungen sollen Fehler vermieden werden, welche für die Patienten folgenschwere Konsequenzen haben könnten. Dies zeigt auch ein Fall von 2001 in der schweizerischen Stadt Lugano. Bei einem notfallmässigen Eingriff kam es aufgrund diverser Missverständnisse zu einer Fehlamputation (1). Damit solch gravierende Fehler vermieden werden, gibt es eine spezielle Checkliste, die vor jeder Operation vollständig sein muss. Das sogenannte Team-Time-Out. Dieses besteht aus vier Phasen.

1: Aufklärung und Identifikation des Patienten (Arzt –> Patient): Der Arzt oder die Ärztin stellt sicher, dass es sich um den richtigen Patienten und die richtige Operation handelt. Dabei wird die Operationsstelle mit einem «X» markiert.

2: Überprüfung der Markierung des Eingriffsortes vor dem Transport zum Eingriff (Pflege –> Patient): Der Patient wird ein zweites Mal befragt. Sind alle Angaben korrekt, umkreist die diplomierte Pflegefachkraft das «X».

3: Zuweisung des richtigen Patienten in den richtigen Eingriffsraum (Anästhesieteam –> Patient).

4: Team-Time-Out (Anästhesieteam –> Operateur): Bevor der Operateur mit der Operation beginnt, wird ein letztes Mal der Sicherheitscheck durchgeführt. Da der Patient nun nicht mehr selbst befragt werden kann, wird der mündliche Abgleich zwischen Operateur und Anästhesieteam durchgeführt. Dabei herrscht absolute Ruhe im Raum. Nur der Operateur oder die Operateurin und der Anästhesist oder die Anästhesistin sprechen und das restliche Team hört zu. Folgende Daten werden überprüft: Patient mit Geburtsdatum, Eingriffsart, ist die Markierung umkreist, wurde die Einwilligung unterschrieben, sind es die richtigen Röntgenbilder, eine Antibiotikagabe falls notwendig und Informationen über mögliche Komplikationen. Erst wenn die Checkliste komplett ist, darf der Chirurg oder die Chirurgin mit der Operation beginnen.

«Warum darf ich vor der Operation nichts essen und trinken?»

Der Ösophagus (Speiseröhre) und die Trachea (Luftröhre) liegen anatomisch direkt übereinander. Während der Narkose werden nicht nur Hypnotika (Schlafmedikamente) verabreicht, sondern auch Muskelrelaxantien. Diese lähmen die Skelettmuskulatur und verbessern dadurch die Intubationsbedingungen. Dabei werden auch die Schliessmuskeln vom Ösophagus so betäubt, dass Flüssigkeit oder Nahrung aus dem Magen in die Trachea gelangen kann. Dies kann zu einer Aspiration (Eindringen von Flüssigkeit oder festen Stoffen in die Lunge) führen. Bei grossen Blockaden der Atemwege führt eine Aspiration zu akutem Sauerstoffmangel und stellt eine hohe Bedrohung für den Patienten dar. Auch kann sie zu einer Pneumonie (Lungenentzündung) führen. Um solche Komplikationen zu vermeiden, werden Patienten nur operiert, wenn sie nüchtern sind. Dies gilt jedoch nur für geplante Eingriffe. Bei einer Not-Operation werden auch nicht nüchterne Patienten intubiert. Dabei muss das Anästhesieteam besondere Vorsicht walten lassen.

«Warum werde ich vor der Operation rasiert und das sogar an Stellen, an denen ich gar nicht operiert werde?»

Hygiene ist in einem Operationssaal wichtig. Um eine mögliche Kontamination durch Haare zu vermeiden, werden diese vorher abrasiert. Die Operationsstelle wird dreimal desinfiziert, um möglichst alle Keime abzutöten. Mit einem sterilem OP-Abdecktuch wird das Operationsgebiet abgeklebt. Dabei klebt man grosszügig ab. Wenn zum Beispiel am Bauch operiert wird, wird das Tuch ca. über die Mamillen geklebt. So hat der Operateur einen besseren überblickt und kann im Notfall auch den Schnitt verlängern. Deswegen werden zum Beispiel bei Männern die Brusthaare abrasiert, obwohl sie am Unterbauch operiert werden. Die Rasur bietet aber auch weitere Vorteile: Die postoperative Wundversorgung wird dadurch erleichtert. Der tägliche Verbandswechsel ist auch angenehmer, da beim Abreissen des alten Verbands nicht Haare mitgerissen werden.

«Könnte ich während der Operation aufwachen?»

Bei einer Narkose handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen Schlaf. Während wir schlafen, ist das Gehirn hochaktiv. Wir bewegen uns und träumen im Schlaf. Viele elektrische Signale spielen sich in unserem Gehirn ab. Dies ist bei der Narkose anders. Die Reizweiterleitungen im Gehirn sind deutlich reduziert. Es kommt nicht zu Bewegugnen (was für den Chirurgen wichtig ist). Man könnte folglich von einer Art Bewusstlosigkeit sprechen. Mit dem Bispektralindex, kurz BIS genannt, wird die Tiefe des Schlafes gemessen. Mit mehreren Elektroden auf der Stirn werden die Hirnströme analysiert. So kann der Anästhesist die Dosierung der Medikamente anpassen und gewährleisten, dass der Patient tief genug schläft und keine Schmerzen empfindet. Ein BIS ist ein wertvolles Tool für Anästhesisten, allerdings hängt der gemessene Wert ein paar Sekunden der Realität hinterher, so dass es eher ein Richtwert ist, der hilft, die richtige Nakosetiefe zu erreichen und zu halten, aber nicht genau den Ist-Zustand spiegelt. Obwohl es selten vorkommt, ist das Aufwachen während einer Operation ein Risiko, über das die Patienten aufgeklärt werden müssen. (2,3)

«Wer gehört alles zum Operationsteam?»

Die Besatzung eines Operationsaales kann je nach Krankenhaus variieren. Ein gewisser Standard hat sich in der Schweiz jedoch etabliert. Folgende Mitarbeiter sind bei einer Operation beteiligt

Operationsteam: Der Chirurg oder die Chirurgin, der oder die die Verantwortung trägt und die Operation durchführt wird auch Operateur/Operateurin genannt. Dem Operateur assistieren ein bis zwei Assistenten. Oft ist auch ein Medizinstudent anwesend, in der Schweiz Unterassistenzarzt genannt.

Anästhesieteam: Bestehend aus einem Anästhesiearzt oder einer Anästhesieärztin und einer diplomierten Pflegefachfrau/mann mit einer Zusatzweiterbildung in der Anästhesie.

Technische Operationsfachfrau/mann: Sie richten alle Instrumente steril auf einen Tisch und reichen diese dem Chirurgen. Für jede Operation werden zwei Operationsfachfrauen/männer benötigt. Jemand steril angezogen an der Seite des Chirurgen und jemand, der nicht steril im Saal ist und bei Bedarf noch zusätzliches Material holen kann.

Lagerungspflege: Die Kompetenzen können je nach Krankenhaus variieren. Die Kernaufgabe ist jedoch das korrekte Lagern der Patienten. Der Lagerungspfleger stellt sicher, dass der Patient richtig liegt und somit keine Liegeschäden wie Dekubitus (Druckgeschwür) oder Nervenschäden entstehen.

«Bin ich während der Operation nackt?»

Höchstwahrscheinlich schon. Private Kleider sind im Operationssaal nicht erlaubt. Das Nachthemd mit welchem der Patient in den Operationssaal gebracht wird, wird ebenfalls ausgezogen. Zum einen aus Hygienegründen, zum anderen um das Anschliessen der Kabel und Schläuche zu erleichtern. Viele Krankenhäuser machen bei der Unterhose eine Ausnahme, wenn die Operationsstelle sich nicht in der Nähe befindet, zum Beispiel Operationen an der Hand. Dies bedeutet jedoch nicht, das Patienten nackt auf dem Operationstisch liegen. Auf Intimsphäre wird grossen Wert gelegt. Der Patient ist während des gesamten Eingriffs mit vorgewärmten Decken zugedeckt. Nur die Eingriffsstelle wird dabei entblösst. Der Grundsatz hierbei ist: So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig abdecken.

«Warum werde ich nach Metall oder Piercings gefragt?»

In der modernen Chirurgie wird viel mit elektrischen Pinzetten, Scheren, Klemmen und Ähnlichem gearbeitet. Diese werden verwendet, um zum Beispiel kleine Blutungen zu veröden. Dieser Strom fliesst durch den ganzen Körper. Metalle, wie die von Piercings, können dabei erhitzen und schwere Verbrennungen verursachen.

«Warum ist es im Operationssaal so kalt?»

Die gewöhnliche Raumtemperatur in einem Operationssaal beträgt zwischen 18-21 Grad Celsius. Die kühle Temperatur hat zwei Hauptursachen:

  1. Reduzieren der Keime und des Infektionsrisikos.
  2. Damit die Ärzte eine angenehme Temperatur zum Arbeiten haben, denn unter dem sterilen Schutzkittel kann es ungemütlich warm werden.

«Für meine Operation wurde ein Termin vereinbart, wieso muss ich trotzdem so lange warten?»

Ein Krankenhaus hat nur eine bestimmte Kapazität an Operationssälen und an Personal. Es gibt verschiedene Kategorien von Eingriffen, welche nach Dringlichkeit geordnet sind. Es gibt die sogenannten elektiven Eingriffe, deren Zeitpunkt frei wählbar ist. Beispiele für geplante elektive Eingriffe sind: Magenbypass, Karpaltunnel, Brustvergrösserungen oder Metallentfernungen. Die Operationen werden teilweise Wochen im Voraus geplant und auf ein bestimmtes Datum festgelegt. Anders als bei den elektiven Eingriffen sind die Notfalloperationen nicht planbar. Notfalloperationen werden in verschiedene Kategorien unterteilt – je nach Dringlichkeit und Zustand des Patienten. Ist die Dringlichkeit hoch und es kann nicht gewartet werden, haben diese vor den elektiven Eingriffen Vorrang. Wird ein Notfall eingeliefert und es ist gerade kein Operationssaal frei, müssen die leitenden Ärzte einen Saal «stoppen». Das bedeutet, dass in diesem Saal vorerst keine weiteren elektiven Eingriffe durchgeführt werden, damit der Notfall zuerst behandelt werden kann. Meistens wird ein Saal gewählt, der sich gerade im Wechsel zwischen zwei Operationen befindet oder der Saal der als nächstes frei wird.

«Wird im Operationssaal Musik gehört oder über Privates geredet?»

In vielen Filmen wird die Atmosphäre während einer Operation dramatisch und angespannt dargestellt. In der Realität ist dies eher selten der Fall. Es ist korrekt, dass eine konzentrierte und fokussierte Stimmung herrscht, dennoch haben auch private Gespräche ihren Platz. Die meisten Krankenhäuser lassen den Patienten (auch die in Vollnarkose) über Kopfhörer Musik hören. So schlafen sie entspannt ein und werden nicht von den Saalgeräuschen gestört. Ob im Saal allgemein Musik gehört wird, ist von Krankenhaus zu Krankenhaus individuell geregelt. Während in vielen Krankenhäusern das Musikhören verboten ist, kann in anderen Krankenhäusern der Operateur oder die Operateurin entscheiden, ob und welche Musik gehört wird.

Milos Morarevic

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)