Was ist eine Autoimmunerkrankung?

Autoimmunerkrankungen sieht man den Betroffenen meist nicht an. Trotzdem betreffen sie einen wesentlichen Teil der Bevölkerung. Die Ursache einer Autoimmunerkrankung ist eine Fehlfunktion des Immunsystems. Folglich ist sie nicht ansteckend für das Umfeld. Durch die Fehlfunktion des Immunsystems greift der Körper sein eigenes Gewebe an. Es gibt viele unterschiedliche Autoimmunerkrankungen. Zu den bekanntesten gehören die Schilddrüsenüber- sowie -unterfunktion, Diabetes mellitus Typ 1, Rheumatoide Arthritis, Colitis ulcerosa, Schuppenflechte (Psoriasis), Lupus erythematodes und Vaskulitis. In diesem Artikel wird auf die Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse – insbesondere Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow – noch genauer eingegangen.

Unser Immunsystem ist darauf spezialisiert, Fremdstoffe wie Bakterien, Viren oder Parasiten zu erkennen und darauf zu reagieren, um den Körper gegen diese Eindringlinge zu verteidigen. Die weissen Blutkörperchen (B- und T-Zellen) sind dafür zuständig, Antikörper zu bilden, wenn sie auf einen körperfremden Stoff, ein sogenanntes Antigen, treffen. Diese Antikörper stellen einen wichtigen Immunabwehrmechanismus dar. Bei einer Autoimmunerkrankung arbeitet unser Immunsystem fehlerhaft und reagiert auf Antigene aus unserem eigenen Körper. Werden dann Antikörper gebildet, sind diese gegen körpereigenes Gewebe gerichtet und greifen dieses an. Dadurch kommt es zu Entzündungen und Gewebeschäden im Körper. Die Ursache, weshalb körpereigene Antikörper gebildet werden, ist nicht vollständig geklärt. Ein möglicher Grund dafür kann eine Fehlfunktion der B-Zellen oder der T-Zellen sein. Die Veranlagung für eine Autoimmunerkrankung ist auch vererbbar. Personen, welche diese genetische Prädisposition aufweisen, sind stärker gefährdet, durch einen Auslöser an einer Autoimmunerkrankung zu erkranken. Viele Autoimmunerkrankungen betreffen häufiger Frauen als Männer. Auch hierfür sind die Gründe nicht vollständig geklärt.

Die Symptome der Autoimmunerkrankungen können je nach Erkrankung sehr unterschiedlich sein. Die Autoimmunerkrankungen können unterschiedliche Organsysteme und unterschiedliche zelluläre Strukturen betreffen und auch unterschiedliche Ursachen aufweisen. Praktisch jedes Organ kann von einer Autoimmunerkrankung betroffen sein. Durch die Entzündungen und Schäden im Gewebe klagen die Betroffenen häufig über diffuse Schmerzen, Schwäche, Juckreiz, Atembeschwerden oder Flüssigkeitsansammlungen.

Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse: Hypothyreose

Die Schilddrüse hat die wichtige Funktion der Hormonfreisetzung. Diese Hormone beeinflussen viele Lebensfunktionen im Körper. Dazu gehört die Frequenz des Herzens, die Schnelligkeit der Kalorienverbrennung, das Wachstum des Körpers, der Zustand der Haut, die Fruchtbarkeit, die Erzeugung von Körperwärme und die Verdauung. Bei einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) werden von der Schilddrüse zu wenig Hormone produziert. Eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse kann die Ursache dafür sein. Die Betroffenen fühlen sich oft schwach, antriebslos, müde und weisen einen tiefen Puls auf. Durch eine Unterfunktion ist der menschliche Stoffwechsel verlangsamt. Weitere mögliche Symptome können Konzentrations-, Gedächtnisstörungen, Lethargie oder Depressionen sein. Die Betroffenen können zudem an Gewicht zunehmen, an Verstopfungen leiden, sind häufig kälteempfindlich und frieren schnell.

Die Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion können eine Entzündung, die Entfernung der Schilddrüse, ein ausgeprägter Jodmangel, die Einnahme von Medikamenten oder eine angeborene Unterfunktion sein. Personen, die an einer Hashimoto-Thyreoiditis leiden, haben eine chronisch entzündete Schilddrüse. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse und die häufigste Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion. Bei dieser Erkrankung hält das Immunsystem die eigene Schilddrüse irrtümlicherweise für einen Fremdkörper. Als Folge davon produziert das Immunsystem Antikörper, welche die Schilddrüse angreifen und so zu einer Entzündung führen. Durch diese chronische Entzündung kann es zu einem langsamen Abbau von Schilddrüsengewebe kommen.

Um eine Hashimoto-Thyreoiditis zu diagnostizieren, muss man eine Blutuntersuchung durchführen und die Schilddrüsenhormone T3 und T4, sowie den TSH-Wert messen. Das TSH-Hormon wird in der Hirnanhangsdrüse gebildet und regt die Hormonproduktion von T3 und T4 in der Schilddrüse an. Diese Unterproduktion der Hormone kann glücklicherweise durch eine Schilddrüsenhormon-Ersatztherapie gut behandelt werden. Dazu müssen betroffene Personen lebenslang Hormon-Tabletten einnehmen, um die Funktion ihrer Schilddrüse zu ersetzen.

Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse: Hyperthyreose

Das Gegenstück zur Hypothyreose ist die Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfuktion), welche als Ursachen einen Morbus Basedow, eine Struma (= krankhaft vergrösserte Schilddrüse) oder eine Entzündung der Schilddrüse haben kann. Durch die Überfunktion der Schilddrüse kommt es zu einer Überproduktion der Hormone. Die Betroffenen zeigen als Symptome oftmals eine erhöhte Herzfrequenz, Gewichtsverlust, Ruhelosigkeit, Nervosität und unwillkürliches Zittern auf.

Der Morbus Basedow ist – wie auch die Hashimoto-Thyreoiditis – ebenfalls eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Er zeichnet sich durch eine Antikörper-Produktion gegen das TSH-Hormon aus. Um die Diagnose zu stellen, muss der Patient die oben genannten Symptome aufweisen. Zudem kann man in der Blutuntersuchung eine verminderte TSH-Hormon-Konzentration sowie eine erhöhte T4- und teilweise auch T3-Konzentration feststellen. Auch die TSH-Rezeptor-Antikörper können gemessen werden, um einen Morbus Basedow zu diagnostizieren. Die Ursachen einer Hyperthyreose können sehr vielfältig sein, weshalb auch die Therapie je nach Ursache angepasst werden muss und somit komplizierter ist als bei einer Hypothyreose. Die Behandlung einer Hyperthyreose ist zwingend notwendig, da es bei Nichttherapie zu einer thyreotoxischen Krise mit Fieber, Verwirrung, Übelkeit, Erbrechen oder schlimmstenfalls Koma kommen kann, was einen lebensbedrohlichen Notfall darstellt.

Falls Sie oder Personen in Ihrem Umfeld von einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse betroffen sind, weisen wir Sie auf die Immuntherapie der IMMUNOMED hin: https://immunmed.ch/.

Nadja Widmer

Studentin Humanmedizin
Medizinische Content-Providerin (MED4LIFE)

Die Schilddrüse ist eine ca. 5cm grosse, schmetterlingsförmige hormon-produzierende Drüse unterhalb des Adamapfels. Hormone sind Botenstoffe. Das heisst, sie übermitteln wichtige Informationen von einem Organ des Körpers zu einem anderen. Dazu gehört zum Beispiel Insulin, das den Blutzucker senkt, oder Adrenalin, das in einem Stressmoment die Herzfrequenz und den Blutdruck steigert. Die Schilddrüse ist Produzent der wichtigen Schilddrüsenhormone T3 und T4 sowie Calcitonin. Calcitonin beeinflusst hauptsächlich den Calcium Stoffwechsel. Bestimmte Schilddrüsenerkrankungen führen zu einer Über- oder Unterfunktion der Schilddrüsenhormone T3 und T4. Das Vorkommen von Schilddrüsenerkrankungen liegt in der Allgemeinbevölkerung bei 5,5%, wobei Frauen fünfmal häufiger betroffen sind als Männer (Melchert et al., 2002).

Wie bemerke ich eine Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion?

Schilddrüsenhormone beeinflussen viele Stoffwechselprozesse im ganzen Körper. Die Symptome sind daher auch vielfältig. Folgende Symptome können auf eine Schilddrüsenüberfunktion hinweisen (Schilddrüse – AMBOSS):

  • Ein Ruhepuls über 100 Schläge pro Minute
  • Zittern der Hände
  • Gewichtsverlust
  • Erhöhte Körpertemperatur
  • Schwitzen
  • Unruhe, Nervosität und Schlafprobleme
  • Durchfall

Bei folgenden Merkmalen sollte man wiederum eine Schilddrüsenunterfunktion in Erwägung ziehen:

  • Eine Ruhepuls unter 60 Schläge pro Minute
  • Gewichtszunahme
  • Kältegefühl bzw. Kälteempfindlichkeit
  • Müdigkeit
  • Depression
  • Sprödes Haar
  • Verstopfung

Wie klärt man Schilddrüsenprobleme ab?

An erster Stelle wird bei Verdacht auf eine Schilddrüsenfunktionsstörung beim Arzt Blut abgenommen und daraus die Hormone TSH, T3 und T4 bestimmt.  TSH, auch als „Thyroidea-stimulierendes Hormon“ bekannt, ist Teil eines Rückkopplungsmechanismus des Körpers zwischen Hirn, Schilddrüse und Blut. Gibt es zu viel T3 und T4 im Blut, bekommt die Schilddrüse den Befehl vom Gehirn mittels TSH, weniger T3 und T4 zu produzieren. Daher ist bei einer Schilddrüsenüberfunktion das TSH zu niedrig, bei einer Schilddrüsenunterfunktion ist hingegen das TSH zu hoch. In der Regel sieht man zuerst eine Änderung des TSH Wertes. Bei einer „manifesten“ Schilddrüsenfunktionsstörung sind auch die T3 und T4 Werte auffällig. Erst dann treten in der Regel die oben genannten Symptome auf.

Es ist jedoch Vorsicht geboten – ein einmalig auffälliger TSH Wert schliesst nicht automatisch auf eine Schilddrüsenerkrankung. Diesen sollte man in der Regel bei fehlenden Symptomen ein paar Wochen später nochmals kontrollieren. Im nächsten Schritt kann man im Blut weitere Schilddrüsenhormone, wie Anti-TPO, TG-AK und TRAK untersuchen. Diese können auf autoimmun-bedingte Schilddrüsenerkrankungen hinweisen. Ebenfalls kommt eine Schilddrüsensonografie in Frage – hier wird die Schilddrüse mittels Ultraschall dargestellt, um Gewebe und Blutfluss genauer anzusehen (Schübel et al., 2017).

Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion

Hashimoto-Thyreoditis: Diese Autoimmunerkrankung ist die häufigste Ursache einer Unterfunktion. Bei der Hashimoto-Thyreoiditis wird das Schilddrüsengewebe durch den eigenen Körper angegriffen und mit der Zeit zerstört. Die Erkrankung betrifft mehrheitlich Frauen und ist häufig genetisch vererbt. Sie wird durch lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen behandelt. Eine personalisierte Immuntherapie kann zusätzlich Abhilfe schaffen.

Medikamente: Eine Schilddrüsenunterfunktion kann ebenfalls durch bestimmte Medikamente ausgelöst werden. Zum Beispiel durch Amiodaron, ein Herzrhythmusmedikament oder Lithium, das zur Behandlung von bipolaren Störungen eingesetzt wird. Die Behandlung erfolgt in diesen Fällen, wenn möglich, durch Absetzen der Medikamente und einer Schilddrüsensubstitution (Haverkamp et al., 2017).

Iod- oder Selenmangel: In westlichen Industrieländern ist dieser heutzutage grundsätzlich unwahrscheinlich, da unser Kochsalz mit Iod versehen ist. In Entwicklungsländern tritt dieses Erkrankungsbild hingegen gelegentlich auf.

Ursachen einer Schilddrüsenüberfunktion

Morbus Basedow: Bei dieser Autoimmunerkrankung kommt es zur Schilddrüsenhormonüberproduktion durch Stimulation durch einen Antikörper (TRAK). Dieser Wert ist in der Regel auch in der Blutabnahme erhöht. Besonders bei dieser Erkrankung kann es auch zur Bildung eines Kropfes, Glubschaugen und einer erhöhten Herzfrequenz kommen. Die Therapie besteht aus Thyreostatika. Thyreostatika blockieren die Bildung von Schilddrüsenhormonen. Vertreter dieser Gruppe sind Thiamazol, Carbimazol und Propylthiouracil (Hyperthyreose – AMBOSS).

Funktionelle Schilddrüsenautonomie: Hier gibt es verschieden Formen, die zu einer Überproduktion von Schilddrüsenhormonen führen. Diagnostizieren kann man diese oft durch einen Ultraschall der Schilddrüse. Hier kommt eine Radioiodtherapie in Frage; Bei diesem Eingriff nimmt die Schilddrüse radioaktives Iod auf, dieses zerstört über Betastrahlung das Schilddrüsengewebe, sodass kein Schilddrüsenhormon mehr nachgebildet werden kann.

Seltener sind Medikamente, wie Amiodaron und Iod, beziehungsweise ein iodhaltiges Kontrastmittel für eine Schilddrüsenüberfunktion zu verantworten. Auch Schilddrüsenkrebs kann eine mögliche Ursache sein. Hier gibt es verschiedene Formen. Die Therapie liegt in der Regel in der vollständigen operativen Entfernung der Schilddrüse sowie dem lebenslangen Ersatz von Schilddrüsenhormonen.

Früherkennung und Vorbeugung

Neugeborene werden in der Regel auf angeborene Schilddrüsenfunktionsstörungen mittels eines TSH-Tests geprüft, bei auffälligem Ergebnis werden die Hormone T3 und T4 überprüft. Gegebenenfalls folgt eine geeignete Therapie. Um Schilddrüsenprobleme vorzubeugen, gilt es, auf eine ausreichende Jodzufuhr zu achten. Dazu gehört der Konsum von jodiertem Speisesalz, aber auch Milch und Meeresfrüchte enthalten natürlicherweise Jod (Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)).

In den meisten Fällen einer manifesten Schilddrüsenfunktionsstörung liegt eine Autoimmunerkrankung vor. Glücklicherweise schwinden die unangenehmen Symptome der Über- oder Unterfunktion grösstenteils oder auch komplett durch die Substitution des Hormons in Form von Tabletten, beziehungsweise durch die Reduktion der Hormone durch die sogenannten Thyreostatika. Insbesondere wenn andere Personen in der Familie an einer Schilddrüsenfunktionsstörung leiden, sollte man bei entsprechender Symptomatik daran denken, die Schilddrüsenwerte beim Arzt kontrollieren zu lassen.

Quellen

Haverkamp, W., Israel, C., & Parwani, A. (2017). Klinische Besonderheiten der Therapie mit Amiodaron. Herzschrittmachertherapie + Elektrophysiologie, 28(3), 307–316. https://doi.org/10.1007/s00399-017-0516-0

Hyperthyreose—AMBOSS. (o. J.). Abgerufen 24. März 2023, von https://next.amboss.com/de/article/bg0HF2?q=schilddr%C3%BCsen%C3%BCberfunktion#Zb0518dd7f4d676782f525f793c42451a

Melchert, H.-U., Görsch, B., & Thierfelder, W. (2002). Schilddrüsenhormone und Schilddrüsenmedikamente bei Probanden in den Nationalen Gesundheitssurveys. Robert Koch-Institut.

Schilddrüse—AMBOSS. (o. J.). Abgerufen 24. März 2023, von https://next.amboss.com/de/article/bK0HUS?q=schilddr%C3%BCse#Za9308078fa5e6bd0d79f7c6695126789

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). (o. J.). gesundheitsinformation.de. Abgerufen 24. März 2023, von https://www.gesundheitsinformation.de/schilddruesenunterfunktion-hypothyreose.html

Schübel, J., Feldkamp, J., Bergmann, A., Drossard, W., & Voigt, K. (2017). Latent Hypothyroidism in Adults. Deutsches Ärzteblatt international. https://doi.org/10.3238/arztebl.2017.430

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Dr. med. univ. Anemone Rutter

Assistenzärztin (MED4LIFE)