Betrachtung des Kniegelenks und mögliche Ursachen

Sei es die Vorbereitung auf einen Lauf, das Abschalten nach einem fordernden Arbeitstag oder das Geniessen in der Natur – das Lauftraining geniesst gesellschaftlich einen hohen Stellenwert. Die positiven Vorteile vom Laufen (z. B. Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit, besserer Schlaf oder mehr Selbstbewusstsein) können leider auch Hand in Hand gehen mit gewissen negativen Aspekten. Knieschmerzen beim Laufen sind keine Seltenheit. Rund ein Viertel aller Läuferinnen und Läufer leidet unter Knieschmerzen beim oder nach dem Lauftraining.

Mechanisch betrachtet ist das Kniegelenk ein Kompromiss zwischen zwei gegenteiligen Forderungen. In gestreckter Stellung soll es stabil sein, um der Last des Teilkörpergewichts standzuhalten. In gebeugter Stellung soll es gut beweglich sein, um dem Fuss bei unebenen Untergründen optimale Stellung geben zu können. Ein intaktes Kniegelenk erfüllt diese Aufgaben. Allerdings birgt der verringerte Gelenkflächenkontakt, der für eine grosse Beweglichkeit Voraussetzung ist, die Gefahr von Verletzungen. Wenn zusätzlich das Training des Läufers nur aus Laufen besteht, können Knieschmerzen beim Laufen die Folge daraus sein.

Zusätzlich zu den soeben erläuternden anatomischen Gegebenheiten, welche das Knie verletzungsanfällig machen, werden in der Literatur weitere auslösende Faktoren angegeben. Diese sind:

Beinachsenfehlstellungen (ugs. O-Beine / X-Beine)
Muskeldysbalancen (ungleichmässige Spannungsverhältnisse zwischen den einzelnen Muskeln)
Knorpelschäden
Überlastungen

Wie kann sich die Problematik äussern?

Oftmals wird ein vorderer oder seitlicher Knieschmerz, der sich beim Laufen oder bei längerem Sitzen verstärkt, angegeben. So kann ebenfalls eine leichte Schwellung oder eine Einschränkung der Beweglichkeit nach dem Lauftraining hervortreten.

Betrachtung aus physiotherapeutischer Sicht

Die Wissenschaft (Van Linschoten et al. 2009) konnte zeigen, dass ein physiotherapeutisch überwachtes Übungsprogramm gegenüber der üblichen medizinischen Versorgung nach drei und nach zwölf Monaten bessere Ergebnisse bezüglich Schmerzen und Funktion erzielt. So ist ein Übungsprogramm, das Rumpfkontrolle und Hüftmuskulatur unter gewichtstragenden Bedingungen einbezieht, effektiver als isolierte M. quadriceps-Übungen (Baldon et al. 2014). Beim M. quadriceps femoris (auch Beinstrecker genannt) handelt es sich um einen vierköpfigen Muskel am vorderen Oberschenkel.

Der Gang zur Physiotherapie kann also lohnend sein. Nach gemeinsamem Dialog zwischen Läufer und Therapeut und den darauffolgenden physiotherapeutischen Untersuchungen und Testungen werden Ziele und die dazugehörigen Massnahmen erarbeitet. Ein sinnvolles Ziel wird in der folgenden Tabelle näher beleuchtet.

Wie soll man das Training anpassen, wenn Knieschmerzen beim Laufen auftauchen? Wie kann man vorbeugend arbeiten?

Im Allgemeinen empfiehlt es sich, bei bereits bestehenden Knieschmerzen beim Laufen oder im vorbeugenden Sinne, die obengenannten Massnahmen mindestens zweimal wöchentlich in das Training zu integrieren. Das Krafttraining sollte dabei nicht am gleichen Tag durchgeführt werden wie die Laufeinheit. Zum Beispiel kann folgendermassen aufgeteilt werden:

  1. Montag: Funktionelles Stabilisations- und Kräftigungstraining
  2. Dienstag: Lauftraining
  3. Mittwoch: Funktionelles Stabilisations- und Kräftigungstraining
  4. Donnerstag: Ruhetag
  5. Freitag: Funktionelles Stabilisations- und Kräftigungstraining
  6. Samstag: Lauftraining
  7. Sonntag: Ruhetag

Bei akutem Auftreten von Knieschmerzen beim Laufen sollte man sich an die PECH-Regel halten:

  • Pause einlegen und das betroffene Knie ruhigstellen
  • Eis in einem Küchentuch einwickeln und kühlen
  • Compression (dt. Kompression) kann gegen die Ausbreitung von Schwellungen und Blutergüssen helfen
  • Hochlagern der Beine über Herzhöhe

Zusatztipps

Und vielleicht kommen Ihnen diese Ansätze bekannt vor? Ergänzend ist hierbei nochmals zu erwähnen, dass das stetige (!) Krafttraining relevant ist. Das konstante Kräftigen der knieumliegenden und rumpfkontrollierenden Muskulatur erhöht die Chancen, längerfristig die Knieschmerzen beim Laufen zu lindern. Nachfolgend werden Tipps aufgelistet, um die bereits aufgezählten Massnahmen noch zu ergänzen. Zusätzlich dienen sie als Anstoss, um dem Training einen neuen Reiz zu verleihen.

  • Einbeziehen der gesamten Körperarbeit und -kontrolle in das Trainingsprogramm
  • Untersuchung (durch eine Fachperson) anderer Strukturen, die auch für die anhaltende Problematik verantwortlich sein könnten (Hüftgelenk; Lendenwirbelsäule; vom Nervensystem ausgehende Beeinträchtigungen)
  • Beachtung psychosozialer Aspekte (z. B. emotionale Schmerzen; soziale Probleme; existenzielle Sinnfragen)
  • Durchführung einer Trainingsanalyse (durch eine Fachperson): Sammlung und Auswertung von Informationen wie z. B. Körpergewicht; Ernährungszustand; Konditionsniveau; ergänzendes Training weiterer Sportarten; Trainingsumfang (in Kilometer / Woche); Untergrundbeschaffenheit (Strasse, Wald, Schotter, Sand, Halle, etc.) des Terrains

Wann soll mit dem Lauftraining aufgehört werden?

Das Training ist in vielen Fällen ein hilfreiches Mittel, um beständig die Problematik zu lindern. Einige Anzeichen weisen darauf hin, dass keinesfalls weitertrainiert werden soll. In diesem Fall bedarf es einer dringenden ärztlichen Abklärung.

  • Neurovaskuläre Schädigungen = Schäden, die die Nerven und Blutgefässe betreffen
  • Riss der Patellarsehne (tastbare Lücke in der Sehne, welche sich über die Kniescheibe zieht; veränderte Position der Kniescheibe)
  • Septische Arthritis = eine keimbehaftete Entzündung eines oder mehrerer Gelenke (allgemeines Unwohlsein; Entzündungszeichen; kein vorheriges Trauma)
  • Störungen der Blutgerinnung
  • Mögliche Krebserkrankung (Krebs in der Vorgeschichte; unerklärlich anhaltende starke Schmerzen oder aussergewöhnliche Symptome ohne erklärendes Trauma im Vorfeld; Nachtschmerz)

Das Wichtigste in Kürze

Zusammenfassend gilt zu sagen, dass die Belastungsplanung (= optimale Trainingsbelastung und -regeneration) in dieser Angelegenheit ein entscheidender Faktor ist. Es bietet sich an, dreimal wöchentlich die sportmotorische Grundfähigkeit Kraft, also Krafttraining, als Basis in das Training zu integrieren. Ein Trainingsprogramm, das den Rumpf und die Kräftigung der knieumliegenden Muskulatur unter gewichtstragenden Bedingungen miteinbezieht, ist gemäss Studienarbeiten ein effektiver Weg, um Knieschmerzen beim Laufen vorzubeugen. Jedoch sind Anzeichen zu beachten, bei denen eine dringende ärztliche Abklärung erfolgen muss. In diesem Fall ist das Training für den Moment einzustellen.

Quellen

Kapandji, A.I. (2016). Funktionelle Anatomie der Gelenke (6. Auflage). Georg Thieme Verlage KG

Merz, O., & Robert, M. (2017). Handbuch Physiotherapie – Kniegelenk (1. Auflage). KVM – Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH, ein Unternehmen der Quintessenz-Verlagsgruppe

Jonathan Müller

Physiotherapeut (MED4LIFE)

Die Frage nach dem gesunden Muskelaufbau stellt sich seit Längerem und birgt einige Schwierigkeiten. Das Trainieren ohne Ergänzungsmittel (engl. Supplements) kommt für viele aufgrund der persönlichen Geduld leider nicht in Frage. Früher waren hormonelle Ergänzungsmittel (allen voran Anabolika) weit verbreitet, heutzutage wird häufiger auf sogenannte Pre-Workouts gesetzt – kombiniert mit einer auf den Muskelaufbau getrimmten proteinreichen Ernährung. Weit wichtiger als die verwendeten Ergänzungsmittel sind jedoch ein passender Trainingsplan, eine korrekte Ausführung und ausreichend Erholungszeit. Dieser Artikel soll allem voran Wege des gesunden Muskelaufbaus aufzeigen und zum Schluss kurz auf die massvolle Verwendung von Pre-Workouts eingehen.

Zentral für gesunden Muskelaufbau sind der Trainingsplan und das Training selbst. Zwischen zwei Trainings müssen zwingend mindestens 24 Stunden liegen und zwischen zwei Trainings der gleichen Muskelgruppe mindestens 48 Stunden, besser sind jedoch drei Tage. Innerhalb eines Trainings ist es unabdingbar, sich die eigenen Grenzen einzugestehen. Ideal sind bei den einzelnen Kraftübungen drei Sätze mit 8-12 Wiederholungen. Es bringt für den Muskelaufbau absolut nichts, eine Übung mit zu viel Gewicht und schlechter Ausführung und womöglich deswegen mit weniger Wiederholungen durchzuführen. Der Muskelaufbau ist bei schlechter Ausführung gehemmt, weil dann in aller Regel eine Bewegung ausgeführt wird, welche andere Muskelgruppen zur Entlastung miteinbezieht. Es hilft jedoch nicht nur nicht für den Muskelaufbau, sondern kann auch gesundheitsschädigende Folgen mit sich ziehen, gerade bei schlechter Ausführung mit einer Fehlhaltung. Daher gilt der Leitsatz: Immer nur so viel Gewicht nehmen, dass Sie drei Sätze à 8-12 Repetitionen mit korrekter Ausführung gerade noch gut bewältigen können. Es darf und soll eine Herausforderung und anstrengend sein, doch zusätzliches Gewicht, das zulasten der Ausführungsqualität geht, schadet deutlich mehr, als dass es hilft.

Ein weiterer Aspekt, bei dem sich nicht nur im Fitnessstudio selbst, sondern auch medizinisch gesehen die Geister scheiden, betrifft die Pausendauer. Meistens dauert die optimale Pausendauer länger als man denkt. Sie variiert auch je nachdem, ob man im Kraftausdauerbereich (ca. 1min), im Muskelaufbau (ca. 2min) oder im maximalen Kraftbereich (mindestens 3min) trainiert. Die Pausendauer ist also gegenläufig zur Anzahl Repetitionen pro Satz, da im Kraftausdauerbereich deutlich mehr Repetitionen als im maximalen Kraftbereich gemacht werden. Eine ausreichende Pausendauer ist sehr wichtig für einen gesunden Muskelaufbau. Es wäre eigentlich naheliegend zu glauben, dass der Muskel durch kürzere Pausen stärker aufgebaut wird; doch dem ist nicht so! Denn der Muskelreiz ist deutlich höher, wenn der Muskel nach einem Satz wieder stärker erholt ist. Ein sogenannter aktivierender Satz fördert den Muskelaufbau zudem nachhaltig. Dabei wird ein halber Satz mit dem halben Gewicht und langsamer Ausführung vor den drei Sätzen à 8-12 Repetitionen gemacht. Dies dient dazu, die lokale Durchblutung des zu trainierenden Muskels zu erhöhen und den Muskel so vor dem ersten richtigen Satz optimal zu aktivieren.

Ein weiterer etwas abstrakterer Faktor, der jedoch den gesunden Muskelaufbau fördert, ist die sogenannte Mind-Muscle Connection. Dabei geht es darum, sich gedanklich ausschliesslich auf den beanspruchten Muskel zu fokussieren. Dies schärft das Bewusstsein für die Muskelarbeit. Der physiologische Hintergrund liegt darin, dass dadurch die Signalweiterleitung an den entpsrechenden Muskel vom zentralen Nervensystem aus erhöht wird und als Konsequenz davon die Durchblutung des Muskels stärker angeregt wird als ohne Mind-Muscle Connection. Es ist jedoch gar nicht so einfach, sich auf diese Mind-Muscle Connection einzulassen, denn es mutet zugegebenermassen etwas esoterisch an. Am besten funktioniert die Mind-Muscle Connection, wenn Sie sich beim Einatmen vorstellen, dass Sie ”in den entsprechenden Muskel atmen”.

Zum Schluss ein paar Worte zu Pre-Workouts. Die meisten Pre-Workouts basieren auf Koffein und Kreatin. Sie fördern somit die Wachheit (Koffein) und das Muskelwachstum (Kreatin). Solange hierbei die Toleranzgrenzen nicht überschritten werden, was leider häufig geschieht, können diese zwei Substanzen als gesund und gleichzeitig wachstumsfördernd angesehen werden. Für Koffein liegt die Grenze bei 200 Milligramm pro Einnahme und 400 Milligramm pro Tag. Beim Kreatin ist sie nicht so genau bestimmbar, da es verschiedene Einnahmeformen gibt, ein grober Richtwert sind jedoch vier Gramm.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)