Die Lehre stellt für viele die erste Arbeitserfahrung dar und hat daher für die meisten Lernenden einen sehr hohen Stellenwert. Darüber hinaus bildet sie oftmals einen entscheidenden Pfeiler für die spätere Karriere. Im Vergleich zu früher wird dies allerdings dadurch relativiert, dass es heutzutage zahlreiche Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt. Dieser Artikel soll aufzeigen, wie die jugendliche Person in der Lehre arbeitsmedizinisch gesehen gesund bleibt. Ich möchte dabei den Fokus aber nicht unbedingt auf die klassisch medizinischen Aspekte legen, denn die Anforderungen an die physische Arbeitssicherheit sind über die Berufsgruppen hinweg sehr unterschiedlich. So muss beispielsweise ein Pfleger oder eine Pflegerin für die Gefahren von Spritzen sensibilisiert werden, kann dafür aber in der Regel nichts mit Stahlkappenschuhen anfangen, welche jedoch in Produktionsstätten oft Pflicht sind. Daher möchte ich mich nicht auf spezifische Guidelines in den jeweiligen Berufsgruppen konzentrieren, sondern die Lernenden ganzheitlich betrachten.

Ganzheitlich betrachten bedeutet, dass nicht nur physische, sondern auch psychische und soziale Faktoren berücksichtigt werden sollen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass sich Personen in der Lehre in einem psychisch oft schwierigen Lebensabschnitt befinden; nämlich der Pubertät. Vorab möchte ich jedoch auf einen Punkt, der physische Sicherheitsvorkehrungen betrifft, spezifisch eingehen. Das erstmalige Vermitteln von arbeitsmedizinisch relevanten Sicherheitsmassnahmen ist für Lernende extrem wichtig! Denn wenn man etwas einmal falsch gelernt hat, ist es schwierig, dies umzulernen. Ein bewährtes Konzept besagt, dass die Sicherheitsmassnahmen am besten verstanden und umgesetzt werden, wenn sie dreistufig vermittelt werden. In der Folge werden die drei Stufen dargestellt:

Stufe 1

Erklären Sie dem/der Lernenden theoretisch und in einer neutralen Umgebung (z.B. Büro), was die besagte Sicherheitsmassnahme umfasst, deren Zweck und auch die Gefahr bei Nicht-Einhaltung.

Stufe 2

Erklären Sie die Sicherheitsmassnahme am unmittelbaren Ort der Gefahr praxisbezogen.

Stufe 3

Lassen Sie sich die Sicherheitsmassnahme von der lernenden Person erklären und lassen Sie sich auch erklären, weshalb die besprochene Massnahme sinnvoll ist. Der Grund für die Massnahme soll hier nicht vernachlässigt werden.

Dieses dreistufige Modell hat mehrere Vorteile. Zum Ersten wird die Erklärung theoretisch und praktisch vermittelt. Zum Zweiten hat die lernende Person die Möglichkeit, die Massnahme selbst wiederzugeben und zu zeigen, ob die Massnahme vollständig verstanden wurde. Stufe drei bringt des Weiteren den Vorteil, dass Sie als Vorgesetzte oder Vorgesetzter überprüfen können, ob die Massnahme korrekt verstanden wurde, und können bei allfälligen Fehlern intervenieren. Es ist wichtig hervorzustreichen, dass arbeitsmedizinischen Massnahmen konsequenter umgesetzt werden, wenn die Sinnhaftigkeit bekannt ist.

Die psychische Begleitung erfordert während der Lehre andere Methoden als im Berufsleben von Erwachsenen. Bei Erwachsenen ist das Burnout das zentralste psychische Problem. Dies kommt bei Lernenden kaum vor, einerseits aufgrund des Alters, andererseits aufgrund des etwas geschützteren Rahmens durch die Ausbildung. Die Verantwortung und der Leistungsdruck sind während der Lehre im Vergleich zu späteren Karrierestufen in aller Regel nicht sehr hoch. Während der Lehre muss jedoch die Pubertät sehr stark berücksichtigt werden, wenn man die Psyche betreffende arbeitsmedizinische Massnahmen gezielt umsetzen möchte. Dabei ist vor allem eine enge Kommunikation mit regelmässigem Feedback vonseiten des Arbeitgebers sehr wichtig. Das Feedback hilft dabei, der während der Pubertät weitverbreiteten Orientierungslosigkeit zumindest in der Arbeitswelt entgegenzuwirken. Dabei profitieren Lernende enorm davon, wenn sie nach ihrem Wohlbefinden in der Lehre gefragt werden und dadurch ihre Psyche mit einbezogen wird. Ein isoliertes, rein fachliches Feedback kann auf die Lernenden dagegen sehr einseitig wirken.

Abschliessend kann man also zusammenfassen, dass das Vermitteln von Sicherheitsmassnahmen bei Lernenden einen sehr hohen Stellenwert haben muss. Dazu eignet sich das dreistufige Modell. Um die Lernenden psychisch optimal begleiten zu können, ist vor allem eine rege Kommunikation unter Einbezug der Lernenden sehr wichtig. Die Kommunikation darf, und das geschieht in der Lehre leider oftmals, keine Einbahnstrasse sein.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)