Hauptmerkmale und Risikofaktoren von Muskelkater

Vereinfacht gesagt entstehen in der Muskulatur kleine Faserrisse und somit strukturelle Veränderungen in der Muskulatur. Dadurch kommt es zu einer entzündlichen Reaktion, welche als Schmerz oder «Muskelkater» wahrgenommen wird. Muskelkater tritt hauptsächlich nach körperlichen Aktivitäten bei einer vorangehenden Inaktivität oder nach besonders schweren, ungewohnten Belastungen auf.

Die Symptome können sich nach einigen Stunden zeigen und erreichen ihren Höhepunkt nach ein bis drei Tagen. Sie äussern sich in Kraftlosigkeit, Druckempfindlichkeit und Festigkeit der betroffenen Muskulatur. Die entstandenen «Schäden» heilen komplett aus. Erfahrungsgemäss kann eine Schmerzlinderung erreicht werden. Ruhigstellung, Schonung und warme sowie kalte Anwendungen können helfen.

Dehnen oder nicht?

Wissenschaftlich konnte nicht belegt werden, ob Dehnungen nach Auftreten von Muskelkater diesen vermindern (Herbert et al., 2011). Ob im Allgemeinen Muskeldehnungen bezüglich einer Vermeidung von Muskelkater einen Einfluss haben, wird in der Literatur nach wie vor diskutiert. Die Studie von Wiemann und Kamphoefner (1995) war eine der ersten, die die Meinung, dass Dehnungen Muskelkater verhindern, widerlegte. Man kam sogar zu dem Schluss, dass das Risiko, sich zu verletzen, und das Erscheinen von Muskelkater wahrscheinlich steigen (ebd.). Dadebo et al. (2004) hingegen berichteten von vermindert auftretenden Zerrungen am hinteren Oberschenkel bei Fussballspielern, je mehr Dehnungen angewandt wurden.

Es ist wichtig, zwischen Vorbeugung und Behandlung zu unterscheiden. Ich vertrete die Meinung, dass bei einer akuten Form von Muskelkater – wenn dieser also bereits aufgetreten ist – auf Dehnungen verzichtet werden sollte. Der Muskel ist in dieser Phase bereits beschädigt und sollte nicht weiter gezerrt werden.

In Literaturarbeiten und experimentellen Studien gibt es wiederum Hinweise darauf, dass eine verminderte Muskelflexibilität (= Dehnfähigkeit der Muskulatur) mit dem gehäuften Auftreten von Verletzungen in Verbindung steht. Daraus kann man schliessen, dass Muskeldehnungen zur Verletzungsprophylaxe eingesetzt werden können.

Wärme oder Kälte?

Kältebäder dienen Profisportlern dazu, sich nach Strapazen zu regenerieren. Der Körper wird heruntergekühlt und die vom Herz entfernt gelegenen Gefässe verengt. Durch diesen Vorgang werden die Stoffwechselprozesse verlangsamt und entzündliche Prozesse gebremst. Die Kälte hemmt auch die Schmerzrezeptoren, was schmerzstillend wirkt.

Während einer körperlichen Belastung produziert der Muskel Wärme und der Stoffwechsel sowie die Durchblutung sind erhöht. Nach der Belastung kühlt der Muskel ab und damit gehen Stoffwechsel und Durchblutung zurück. Jedoch ist dieser Prozess nicht förderlich für die Regeneration, da sich nun entzündungsfördernde Prozesse in der Muskulatur bilden. Durch Wärmeanwendungen können Temperatur und Durchblutung aufrechterhalten werden. Dadurch werden auch Stoffwechselabbauprodukte schneller abtransportiert.

Ob Wärme oder Kälte die Schmerzen beim Muskelkater besser bekämpfen können, war die Fragestellung einer veröffentlichen Metaanalyse (Wang et al., 2021). Es wurden 22 Studien analysiert, die sich mit dieser Thematik beschäftigen (ebd.). Die Ergebnisse zeigen, dass Kälte die Schmerzen nach 24 Stunden bedeutend reduzieren können. Jedoch führen Kälteanwendungen zu keiner signifikanten Reduktion nach mehr als 24 Stunden (ebd.).

Wärme wurde ebenfalls untersucht. Auch hier konnte eine erhebliche Schmerzreduktion festgestellt werden (Wang et al., 2021). Diese war sogar nach mehr als 24 Stunden noch bemerkenswert. Vor allem Wärmeauflagen (z. B. Fango oder Wärmepflaster), die über einen längeren Zeitraum von acht Stunden angewendet werden, haben einen grossen Effekt (ebd.). Tendenziell waren die Effekte bei Wärmeanwendungen grösser als bei Kälteanwendungen.

Eine Studie mit 100 Probanden, die Wärmeauflagen für acht Stunden mit Cool-Packs für 20 Minuten verglich, kam zwar zum Ergebnis, dass Kälte die Schmerzen in einem grösseren Ausmass lindern konnte (Petrofsky et al., 2015). Dafür war die Wärmeanwendung direkt nach der Belastung am effektivsten, um den Kraftverlust an den Folgetagen möglichst gering zu halten.

Praktische Tipps aus der Physiotherapie bei Muskelkater

– Vermeiden von hohen Kraftbelastungen bis zum Abklingen der Schmerzen (Seidel, J. 2017)

– Ruhigstellung, Schonung (ebd.)

– kürzere Trainingsphasen und geringe Intensität bei ungewohnten Belastungen (ebd.)

– präventive Integration von Dehnungen / Mobilitätseinheiten als einzelne Trainingseinheit

– kaltes Wasser / Eiswasser (ebd.)

– Wärmeanwendungen

Quellen

Herbert, RD. & de Noronha, M. & Kamper, SJ. (2011). Stretching to prevent or reduce muscle soreness after exercise. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 7. https://doi.org/10.1002/14651858.CD004577.pub3.

Wiemann, K. & Kamphoefner, M. (1995). Verhindert statisches Dehnen das Auftreten nach Muskelkater nach exzentrischem Training? Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, vol. 1995, 411-421. 0344-5925, 2627-2458

Dadebo, B., White, J., & George, K. P. (2004). A survey of flexibility training protocols and hamstring strains in professional football clubs in England. British journal of sports medicine, 38(4), 388–394. https://doi.org/10.1136/bjsm.2002.000044

Petrofsky, J. S., Khowailed, I. A., Lee, H., Berk, L., Bains, G. S., Akerkar, S., Shah, J., Al-Dabbak, F., & Laymon, M. S. (2015). Cold Vs. Heat After Exercise-Is There a Clear Winner for Muscle Soreness. Journal of strength and conditioning research, 29(11), 3245–3252. https://doi.org/10.1519/JSC.0000000000001127

Wang, Y., Li, S., Zhang, Y., Chen, Y., Yan, F., Han, L., & Ma, Y. (2021). Heat and cold therapy reduce pain in patients with delayed onset muscle soreness: A systematic review and meta-analysis of 32 randomized controlled trials. Physical therapy in sport: official journal of the Association of Chartered Physiotherapists in Sports Medicine, 48, 177–187. https://doi.org/10.1016/j.ptsp.2021.01.004

Seidel, J. (2017). Handbuch Physiotherapie – Manuelle Therapie (1. Auflage). KVM – Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH, ein Unternehmen der Quintessenz-Verlagsgruppe

Jonathan Müller

Physiotherapeut
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Die Frage nach dem gesunden Muskelaufbau stellt sich seit Längerem und birgt einige Schwierigkeiten. Das Trainieren ohne Ergänzungsmittel (engl. Supplements) kommt für viele aufgrund der persönlichen Geduld leider nicht in Frage. Früher waren hormonelle Ergänzungsmittel (allen voran Anabolika) weit verbreitet, heutzutage wird häufiger auf sogenannte Pre-Workouts gesetzt – kombiniert mit einer auf den Muskelaufbau getrimmten proteinreichen Ernährung. Weit wichtiger als die verwendeten Ergänzungsmittel sind jedoch ein passender Trainingsplan, eine korrekte Ausführung und ausreichend Erholungszeit. Dieser Artikel soll allem voran Wege des gesunden Muskelaufbaus aufzeigen und zum Schluss kurz auf die massvolle Verwendung von Pre-Workouts eingehen.

Zentral für gesunden Muskelaufbau sind der Trainingsplan und das Training selbst. Zwischen zwei Trainings müssen zwingend mindestens 24 Stunden liegen und zwischen zwei Trainings der gleichen Muskelgruppe mindestens 48 Stunden, besser sind jedoch drei Tage. Innerhalb eines Trainings ist es unabdingbar, sich die eigenen Grenzen einzugestehen. Ideal sind bei den einzelnen Kraftübungen drei Sätze mit 8-12 Wiederholungen. Es bringt für den Muskelaufbau absolut nichts, eine Übung mit zu viel Gewicht und schlechter Ausführung und womöglich deswegen mit weniger Wiederholungen durchzuführen. Der Muskelaufbau ist bei schlechter Ausführung gehemmt, weil dann in aller Regel eine Bewegung ausgeführt wird, welche andere Muskelgruppen zur Entlastung miteinbezieht. Es hilft jedoch nicht nur nicht für den Muskelaufbau, sondern kann auch gesundheitsschädigende Folgen mit sich ziehen, gerade bei schlechter Ausführung mit einer Fehlhaltung. Daher gilt der Leitsatz: Immer nur so viel Gewicht nehmen, dass Sie drei Sätze à 8-12 Repetitionen mit korrekter Ausführung gerade noch gut bewältigen können. Es darf und soll eine Herausforderung und anstrengend sein, doch zusätzliches Gewicht, das zulasten der Ausführungsqualität geht, schadet deutlich mehr, als dass es hilft.

Ein weiterer Aspekt, bei dem sich nicht nur im Fitnessstudio selbst, sondern auch medizinisch gesehen die Geister scheiden, betrifft die Pausendauer. Meistens dauert die optimale Pausendauer länger als man denkt. Sie variiert auch je nachdem, ob man im Kraftausdauerbereich (ca. 1min), im Muskelaufbau (ca. 2min) oder im maximalen Kraftbereich (mindestens 3min) trainiert. Die Pausendauer ist also gegenläufig zur Anzahl Repetitionen pro Satz, da im Kraftausdauerbereich deutlich mehr Repetitionen als im maximalen Kraftbereich gemacht werden. Eine ausreichende Pausendauer ist sehr wichtig für einen gesunden Muskelaufbau. Es wäre eigentlich naheliegend zu glauben, dass der Muskel durch kürzere Pausen stärker aufgebaut wird; doch dem ist nicht so! Denn der Muskelreiz ist deutlich höher, wenn der Muskel nach einem Satz wieder stärker erholt ist. Ein sogenannter aktivierender Satz fördert den Muskelaufbau zudem nachhaltig. Dabei wird ein halber Satz mit dem halben Gewicht und langsamer Ausführung vor den drei Sätzen à 8-12 Repetitionen gemacht. Dies dient dazu, die lokale Durchblutung des zu trainierenden Muskels zu erhöhen und den Muskel so vor dem ersten richtigen Satz optimal zu aktivieren.

Ein weiterer etwas abstrakterer Faktor, der jedoch den gesunden Muskelaufbau fördert, ist die sogenannte Mind-Muscle Connection. Dabei geht es darum, sich gedanklich ausschliesslich auf den beanspruchten Muskel zu fokussieren. Dies schärft das Bewusstsein für die Muskelarbeit. Der physiologische Hintergrund liegt darin, dass dadurch die Signalweiterleitung an den entpsrechenden Muskel vom zentralen Nervensystem aus erhöht wird und als Konsequenz davon die Durchblutung des Muskels stärker angeregt wird als ohne Mind-Muscle Connection. Es ist jedoch gar nicht so einfach, sich auf diese Mind-Muscle Connection einzulassen, denn es mutet zugegebenermassen etwas esoterisch an. Am besten funktioniert die Mind-Muscle Connection, wenn Sie sich beim Einatmen vorstellen, dass Sie ”in den entsprechenden Muskel atmen”.

Zum Schluss ein paar Worte zu Pre-Workouts. Die meisten Pre-Workouts basieren auf Koffein und Kreatin. Sie fördern somit die Wachheit (Koffein) und das Muskelwachstum (Kreatin). Solange hierbei die Toleranzgrenzen nicht überschritten werden, was leider häufig geschieht, können diese zwei Substanzen als gesund und gleichzeitig wachstumsfördernd angesehen werden. Für Koffein liegt die Grenze bei 200 Milligramm pro Einnahme und 400 Milligramm pro Tag. Beim Kreatin ist sie nicht so genau bestimmbar, da es verschiedene Einnahmeformen gibt, ein grober Richtwert sind jedoch vier Gramm.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)