Nach Rückenschmerzen sind Kopfschmerzen die zweithäufigste Schmerzform. Dabei unterscheidet man zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen. Primäre Kopfschmerzen gelten als eigenständige Erkrankung; dazu gehören Spannungskopfschmerzen, Migräne und Clusterkopfschmerzen. Sekundäre Kopfschmerzen sind wesentlich seltener und treten im Rahmen einer anderen Erkrankung auf; beispielsweise einer Grippe, Bluthochdruck oder einem Schlaganfall. Insgesamt gibt es mehr als 200 Arten von Kopfschmerzen, die man anhand des Schmerzcharakters, des Ortes, der Intensität, der Begleitsymptomatik und des Auslösers differenzieren kann. Bei so vielen verschiedenen Kopfschmerzarten ist es wichtig, die Art des Kopfschmerzes zu identifizieren. Ursachen, Behandlung und Vorbeugung sind nämlich bei jedem Kopfschmerztyp verschieden (Schrör & Seyfried, 2022).

Spannungskopfschmerzen

Spannungskopfschmerzen machen 90% aller Kopfschmerzen aus. Man verspürt in der Regel einen dumpfen, drückenden Schmerz, wie ein enges Band um die Stirn und dem Hinterkopf. Die Schmerzen sind leicht bis mittelstark. Tritt diese Art von Schmerz an mehr als 15 Tagen im Monat auf, spricht man von chronischen Kopfschmerzen. Meistens ergibt sich keine Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten durch Spannungskopfschmerzen, da sie in ihrer Intensität nicht sehr stark sind und meistens keine Begleiterscheinungen auftreten.

Behandeln kann man Spannungskopfschmerzen mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol und Metamizol. Allerdings ist es nicht immer nötig, auf Medikamente zurückzugreifen, da diese Art von Kopfschmerz oft auch von selbst abklingt. Als Auslöser kommen zum Beispiel Stress sowie eine schlechte Schlafhygiene in Frage, es muss aber nicht zwingend einen bestimmten Auslöser geben. Da diese Art von Kopfschmerz bei vielen Betroffenen immer wieder auftritt und sogar einen chronischen Verlauf annehmen kann, werden bei diesen Menschen folgende vorbeugende Massnahmen empfohlen (Universitätsspital Zürich, 2022):

  • Ausdauertraining (zwei bis dreimal wöchentlich, z.B. Joggen, Velofahren, Schwimmen): Einige Studien haben gezeigt, dass Ausdauersport zu einem Ansteigen der Schmerzschwelle und einer Reduktion der Aktivität des vegetativen Nervensystems führt. Somit kann die Häufigkeit von Spannungskopfschmerzen sowie Migräneanfällen reduziert werden. Allerdings ist hierbei auf eine moderate Intensität zu achten (MigräneLiga Deutschland, 2022)
  • Entspannungsverfahren und Stressbewältigung
  • Biofeedback: Hier werden EMG-Elektroden, die elektrische Signale durch den entsprechenden Muskel am Kopf (Frontalismuskel) senden, angelegt. Durch visuelle und akustische Rückmeldung kann man selbst lernen, die Muskelspannung zu senken
  • Medikamentös besteht bei chronischen Kopfschmerzen die Möglichkeit, mit einem trizyklischen Antidepressivum (Amitriptylin, Doxepin, Imipramin, Clomipramin) vorzubeugen, allerdings nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung in Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt

Wichtig zu erwähnen ist, dass bei längerer Einnahme von rezeptfreien Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Naproxen und Paracetamol ein sogenannter medikamenteninduzierter Kopfschmerz auftreten kann, welcher sich durch Kopfschmerzen an mindestens 15 Tagen im Monat trotz Schmerzmitteleinnahme äussert. Daher sollte man diese nicht länger als 3 Tage beziehungsweise an 10 Tagen im Monat verwenden.

Migräne

Migräne ist die zweithäufigste Kopfschmerzart. Betroffen sind mehr Frauen als Männer. Dabei entwickeln sich meist einseitige, pulsierende, pochende oder hämmernde Kopfschmerzen von mittelstarker bis starker Intensität. Zusätzlich treten meistens Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit bis hin zu Erbrechen auf. Bei manchen Personen zeigt sich vor Auftreten der Kopfschmerzen eine sogenannte „Aura“; diese besteht aus Sehstörungen wie Lichtblitzen, Flimmern und Gesichtsfeldausfällen, aber auch Sprachstörungen, Missempfindungen wie Kribbeln und Taubheitsgefühl bis hin zu Lähmungen können auftreten. Eine Migräne kann einige Stunden bis zu drei Tagen dauern.

Als Ursache der Migräne geht man von einer genetischen Veranlagung aus. Das Risiko einer Migräne kann wiederum durch bestimmte Auslöser, auch als „Trigger“ bekannt, erhöht werden. Dazu zählen Stress, Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus, Wetterwechsel und bestimmten Lebens- und Genussmittel wie Zitrusfrüchte, Bananen, Schokolade, Rotwein, Käse und Nikotin. Auch hormonelle Veränderungen erhöhen das Risiko eines Migräneanfalles, beispielsweise kurz vor der Menstruation durch den Östrogenabfall oder durch hormonelle Verhütungsmittel.

Am besten behandelt man eine Migräne im Akutstadium mittels Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Naproxen oder Paracetamol. Es gibt auch Kombinationspräparate, die aus einer Kombination von ASS, Paracetamol und Koffein bestehen. Schwere Migräneattacken können mit sogenannten Triptanen unterbunden werden. Diese gibt es auch als Nasenspray, da es bei starker Übelkeit und Erbrechen schwerfallen kann, Tabletten einzunehmen. Wenn Migräneanfälle häufiger als dreimal im Monat auftreten, besonders lang andauern oder nicht effektiv behandelbar sind, kann man zu Migräne-Prophylaktika, sprich Migräne-Vorbeuger, greifen. Dazu zählen Betablocker (Metoprolol, Propanolol), Flunarizin und Amitriptylin sowie auch bestimmte Antiepileptika (Topiramat, Valproinsäure). Abgesehen davon sollte man sich während einer Migräne am besten in einen ruhigen, abgedunkelten Raum begeben (Schrör & Seyfried, 2022).

Cluster-Kopfschmerzen

Diese Art von Kopfschmerz ist gekennzeichnet durch starke, stechende oder brennende Schmerzen hinter dem Auge, der Stirn und der Schläfe. Cluster-Kopfschmerzen treten immer nur einseitig auf. Die Schmerzen nehmen innerhalb einer Attacke schnell zu, meistens innerhalb von zehn Minuten. Im Vergleich zu einer Migräne gehen die Schmerzen mit einem Bewegungsdrang einher. Begleitend dazu ist das betroffene Auge oft gerötet und tränt; die Nase verstopft oder laufend. Die Schmerzattacken dauern in der Regel zwischen fünfzehn Minuten und drei Stunden an. Bei Betroffenen treten diese Attacken mehrmals täglich auf, können aber auch für mehrere Monate verschwinden.

Eine genaue Ursache für Cluster-Kopfschmerzen konnte bis jetzt nicht erforscht werden, jedoch geht man von fehlgesteuerten biologischen Rhythmen (zum Beispiel dem Tagesrhythmus), genetischer Veranlagung sowie anderen Risikofaktoren aus (Alkohol, Nikotin, flimmerndes Licht). In der Akutbehandlung einer Schmerzattacke haben sich Triptane als Nasenspray oder als Injektion bewährt. Auch das Einatmen von reinem Sauerstoff, beispielsweise über eine Gesichtsmaske, führt bei den meisten Betroffenen zu einer Schmerzlinderung. Ferner wirkt bei ca. 30% der Betroffenen ein lokales Betäubungsmittel in der Form eines Nasensprays mit dem Inhaltsstoff Lidocain. Als vorbeugendes Medikament wird häufig Verapamil, ein sogenannter Kalziumantagonist zusammen mit Prednison, einem Kortikosteroid eingesetzt. Da die medikamentösen und vorbeugenden Therapien nicht bei jedem zu einer Besserung der Beschwerden führen, kommen unter Umständen operative Eingriffe in Frage, wie die okzipitale Nervenstimulation. Dies ist eine elektrische Stimulation der Nerven am Hinterkopf über Drähte, die in der Nähe dieser Nerven unter der Haut implantiert werden. Auch die tiefe Hirnstimulation kann Abhilfe schaffen, wobei feine Elektroden durch eine Operation im Hirn eingesetzt werden und dauerhaft elektrische Impulse an die betroffenen Hirnregionen übertragen.

Wann sollte man bei Kopfschmerzen umgehend medizinische Hilfe aufsuchen?

Bei folgenden Warnsignalen sollte man direkt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen, da diese Symptome möglicherweise auf eine seltene, aber ernste Erkrankung hinweisen:

  • Neu auftretende, heftige Kopfschmerzen (kann ein Hinweis sein auf: Subarachnoidalblutung, d.h. eine Blutung innerhalb der Hirnhäute)
  • Starke Kopfschmerzen zusammen mit Nackenversteifung und Fieber (kann ein Hinweis sein auf: Meningitis, d.h. eine Hirnhautentzündung)
  • Starker Druckschmerz an den Schläfen im höheren Alter (kann ein Hinweis sein auf: Riesenzellarteriitis, d.h. eine Entzündung der sauerstoffreichen Blutgefässe am Kopf und Nacken) (Silberstein, 2021)

Zusammenfassend haben die meisten Kopfschmerzen keine ernste zugrundeliegende Ursache. Jedoch sollte bei häufig auftretenden Kopfschmerzen, die den Alltag beeinträchtigen, oder bei einem der oben genannten Warnsignale eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Für die häufigsten Arten von Kopfschmerzen kann man vorbeugende Massnahmen implementieren, um das Auftreten zu verhindern oder zumindest zu reduzieren. Dazu gehören ein regelmässiger Schlaf-Wach-Rhythmus, eine ausgewogene Ernährung, gleichbleibender Koffeinkonsum, eine ausreichende Wasser-Trinkmenge und regelmässige Bewegung.

Quellen

Gaul, C., Pinar, K., & Kraus, U. (2022). Ausdauersport gegen Kopfschmerzen | MigräneLiga e.V. Deutschland. https://www.migraeneliga.de/ausdauersport-gegen-kopfschmerzen/

Kopfschmerzen. (2022). Universitätsspital Zürich. https://www.usz.ch/krankheit/kopfschmerzen/

Schrör, S., & Seyfried, F. (2022, Mai 12). Kopfschmerzen: Formen, Ursachen, Behandlung. NetDoktor. https://www.netdoktor.ch/symptome/kopfschmerzen/

Silberstein, S. D. (2021, Juli). Überblick über Kopfschmerzen—Störungen der Hirn-, Rückenmarks- und Nervenfunktion. MSD Manual Ausgabe für Patienten. https://www.msdmanuals.com/de/heim/störungen-der-hirn-,-rückenmarks-und-nervenfunktion/kopfschmerzen/überblick/über-kopfschmerzen

Dr. med. univ. Anemone Rutter

Assistenzärztin Psychiatrie
Medizinische Content-Providerin (MED4LIFE)