Für eine Einführung in die Bodytalk-Methode, lesen Sie meinen Übersichtsartikel: „Bodytalk – Was ist das?“. In diesem zweiten Teil werde ich noch etwas tiefer gehen und erklären, wie man in einem konkreten Fall spezifisch vorgehen kann, und was dann effektiv im Körper-Geist-Seelen-System eines Menschen passiert, wenn man dieses über Bodytalk adressiert.
Jeder von uns ist mit Symptomen konfrontiert. Sie können physischer wie auch psychischer Natur sein. Symptome erstrecken sich von akut und noch nie dagewesen bis hin zu chronisch gleichbleibend oder sich verstärkend. Viele Symptome verschwinden auch nach einer gewissen Zeit von selbst und kehren vielleicht wieder zurück oder bleiben für immer weg. Oft wissen auch die Ärzte nicht, warum ein Symptom jetzt da ist oder wieder verschwunden ist und was das bedeuten könnte. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass wir Ärzte nicht wirklich lernen, die Ursachen – die Sprache – hinter den Symptomen zu erkunden. Der Körper, die Seele oder unser Geist versuchen immer wieder, mit uns in Kontakt zu treten; über die Symptome können sie ein Warn- bzw. Alarmsignal senden. Leider lesen wir diese Signale viel zu wenig und viel zu oberflächlich. Oft begnügen wir uns damit, das Symptom zum Verschwinden zu bringen. Damit wird die Ursache aber nicht behoben, sondern oft einfach verschoben, bis dasselbe oder ein anderes Symptom wieder auftaucht und uns erneut warnt. Je länger wir nicht hinhören, das Symptom verdrängen oder nicht ernst nehmen, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit, ernsthaft zu erkranken.
Über die Methodik von Bodytalk wird die Klientin oder der Klient aufgefordert, hinzuschauen und das Symptom ernst zu nehmen sowie die Zusammenhänge zu erkennen und in Balance zu bringen. Die Klientin oder der Klient erzählt in aller Regel vor der Sitzung, welche Beschwerden sie oder ihn plagen. Während der Sitzung wird über das unten angefügte Protokoll abgefragt, welche Bereiche blockiert oder unterbrochen sind, wo die Kommunikation stockt und was verbunden und geheilt werden möchte.
Um die individuellen Bereiche zu finden, arbeitet die Therapeutin oder der Therapeut mit der Methode des Muskelfeedbacks. Dieses steht für das autonome Nervensystem, das mit der inneren Weisheit jedes Menschen verbunden ist und entsprechende Antworten liefern kann. Über das Abfragen entlang der im Protokoll vorgeschlagenen Wege und Themenbereiche ergibt sich eine Art Formel, die für jeden Menschen hoch-individuell und spezifisch ist.
Fallbeispiel:
Eine 60-jährige Dame kommt mit verdicktem Sternoklavikulargelenk, dem Gelenk zwischen Schlüsselbein und Brustbein, zum Bodytalk. Es tut nicht weh, aber sie greift immer wieder an die Stelle, weil es sie verunsichert und weil sie Angst hat, dass „etwas Schlimmes“ daraus entstehen könnte, sprich ein Tumor. Sie möchte wissen, was das bedeutet und ob sie zur Abklärung eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen sollte.
Als ich sie darauf hinweise, dass das Symptom ja auf der rechten und männlichen Seite besteht, fällt es ihr wie Schuppen von den Augen und sie erzählt mir die Geschichte einer verlorenen Liebe, die vor 9 Monaten zu Ende ging. Der Partner habe oft seine Hand auf ihrem Brustbein (Herz-Chakra = Herz-Energie-Zentrum) gelegt, was sie entspannt einschlafen liess. Als er fortging, habe sie den Knoten entdeckt, als sie versuchte, über das eigene Handauflegen zur Ruhe zu kommen. Wir finden also eine aktive Erinnerung eines Verlusts, der noch wehtut. Der Partner hat die Frau verlassen, was das Selbstwertgefühl der Klientin massiv beeinträchtigt hat; sie fühlt sich hässlich und minderwertig. Dies drückt sich auch in ihrer Haltung aus. Der Oberkörper ist blockiert und nicht symmetrisch, was das besagte Gelenk rechts stärker hervortreten lässt und als Knoten erscheinen lässt. Beim weiteren Nachfragen kommt zum Vorschein, dass dies zusätzlich an alte Muster und Glaubenssätze gekoppelt ist, da nun Erfahrungen mit Abwertung und mangelnder Selbstliebe hochkommen, die sie schon als junge Frau und als Kind gemacht hat.
Indem wir den Zusammenhang herstellen, den Schmerz über den Verlust und die Abwertung sichtbar machen und ihm den gebührenden Raum geben, können wir die Dysbalance auflösen und die Klientin kommt wieder ins Gleichgewicht. Sie erkennt, dass sie an ihrem Selbstwert arbeiten darf. Erkannte Muster und Glaubenssätze verlieren an Brisanz und lösen sich nach einiger Zeit auf. Sie kann den physischen Prozess unterstützen, indem sie den Knoten liebevoll berührt und sich eingesteht, dass es schmerzhaft ist und sie sich abgewertet fühlt. Dies wird sie vermutlich noch einige Zeit machen müssen bis die Auflösung erfolgt, da diese Art von Arbeit immer prozesshaft stattfindet.
Wir sehen also, dass die Symptome über das autonome Nervensystem gelesen werden können und uns die Organe, Körperteile und Emotionen – aber auch andere Teilbereiche wie Meridiane oder andere Modalitäten – die nötigen Hinweise dafür liefern, was wir lösen und frisch vernetzen dürfen. Diese Arbeit in die Tiefe durch Bodytalk ist sehr heilsam, da sich der Mensch ehrlich und intensiv mit sich auseinandersetzt. Dazu braucht der Mensch auch Mut und sollte liebevoll und achtsam begleitet werden.
Quelle
Bild: Fortgeschrittenes Bodytalk-Protokoll. International Bodytalk Association: www.the-bodytalk-system.eu.
Dipl. med. Andrea Bieler Bühler
Leiterin Komplementärmedizin (MED4LIFE)