Der korrekte Umgang mit Desinfektionsmitteln

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Dieser Artikel soll dazu dienen, den korrekten Umgang mit Desinfektionsmitteln zu erläutern. Dabei wird nicht nur auf Desinfektionsmittel im Gesundheitswesen, sondern auch auf die Anwendung in der Allgemeinbevölkerung eingegangen. Der Artikel soll auch die Nachteile der Händedesinfektion aufzeigen und erläutern, wie man die Haut bei häufiger Nutzung von Desinfektionsmittel optimal schützen und pflegen kann. Zudem wird der Einfluss von Desinfektionsmittel auf die Normalflora behandelt.

Im Gesundheitswesen gibt es aus arbeitsmedizinischer Sicht die bekannten fünf Indikationen zur Händedesinfektion; sie umfassen die Händedesinfektion VOR und NACH Patientenkontakt, vor aseptischen Tätigkeiten, nach Kontakt mit infektiösem Material und nach Kontakt mit der direkten Patientenumgebung, welche möglicherweise kontaminiert ist. Dabei soll mengenmässig zwingend eine hohle Hand an Desinfektionsmittel verwendet und die Hände während mindestens 30 Sekunden systematisch desinfiziert werden.

Durch die Covid-Pandemie wurde auch die Allgemeinbevölkerung enorm auf die Händedesinfektion sensibilisiert. Aber auch auf Reisen ist die Verwendung von Desinfektionsmitteln sehr beliebt. Beim Kauf sollte darauf geachtet werden, dass das Desinfektionsmittel maximal 70% Alkohol enthält. Wenn der Alkoholgehalt höher ist, ist die Schädigung der Haut allgemein stärker und die Normalflora (mehr dazu weiter unten) wird deutlich verstärkt angegriffen.

Bei häufiger und langanhaltender Desinfektion der Hände ist eine adäquate Pflege enorm wichtig. Es mag kontraintuitiv sein, dass eine Flüssigkeit die Haut austrocknet, doch aufgrund des hohen Alkoholgehalts im Desinfektionsmittel ist genau dies das Resultat. Daher besteht das grundlegende Prinzip der Hautpflege darin, der Haut eine optimale Rückfettung zu gewährleisten. Dabei kann auf handelsübliche Handcremes zurückgegriffen werden. Diese spenden Feuchtigkeit für die Haut. Es lohnt sich, sie jeweils morgens und abends anzuwenden. Wer im Gesundheitswesen arbeitet und sich daher ständig die Hände desinfiziert, profitiert aufgrund der schnellen Einwirkzeit auch enorm davon, die Hände während Pausen mit einer rückfettenden Creme zu pflegen.

Hinzu kommt, dass durch Desinfektionsmittel auch die Normalflora der Haut gestört wird. Die Normalflora beschreibt alle Mikroorganismen (Bakterien, Pilze etc.), welche unsere Haut besiedeln. Den grössten Anteil der Normalflora machen die Bakterien aus. Diese sind jedoch nicht pathogen (=krankheitserregend). Gewisse dieser Bakterien sind sogenannte Opportunisten und lösen bei einer für sie günstigen Gelegenheit (das klassische Beispiel wäre eine Schnittwunde) eine bakterielle Infektion aus. Der Nutzen der Normalflora liegt primär darin, auf der Haut ein saures Milieu zu erhalten. Die Normalflora ist geprägt durch eine hohe bakterielle Diversität. Es ist sogar so, dass auf und im menschlichen Körper mehr bakterielle Zellen auftreten als menschliche Zellen! Da die bakteriellen Zellen jedoch um ein Vielfaches kleiner sind als Körperzellen, machen sie insgesamt nur etwa 1.5 Kilogramm des Körpergewichts aus.

Warum ist Desinfektionsmittel nicht gleich Desinfektionsmittel?

Der grösste Unterschied liegt zwischen der Händedesinfektion und der Flächendesinfektion. Bei der Händedesinfektion wird auf ein Mittel zurückgegriffen, das auf einer rein alkoholischen Wirkstoffbasis beruht. Bei der Flächendesinfektion hingegen werden eher Peroxidverbindungen verwendet, um bakterielle Biofilme auf Oberflächen zu beseitigen. Ein Biofilm ist eine dünne gelartige Schicht, die Bakterien produzieren, um auf Oberflächen überleben zu können. Aus diesem Grund wird bei der Flächendesinfektion seit einiger Zeit auch wischen empfohlen. Die Flächendesinfektion mit Zerstäubern (Sprühflaschen) ist nicht adäquat und nicht mehr zeitgemäss!

Es gibt aber auch grosse Unterschiede bei der Anwendung von Händedesinfektionsmitteln. Es ist aus arbeitsmedizinischer Sicht in einem Gesundheitszentrum enorm wichtig, zu prüfen, ob das gewählte Desinfektionsmittel die nötigen Keime gezielt abtötet. Gerade bei Infektionskrankheiten ist das entscheidend. Das Norovirus beispielsweise benötigt ein anders zusammengesetztes Desinfektionsmittel als Campylobacter Bakterien. Beide lösen Durchfallerkrankungen aus, dennoch muss die Desinfektionsprophylaxe anders gestaltet werden.

Abschliessend kann also festgehalten werden, dass in Gesundheitsinstitutionen die fünf Indikationen zur Händedesinfektion und die Wahl des richtigen Desinfektionsmittels gegen den vorhandenen Erreger aus arbeitsmedizinischer Sicht die wichtigsten Aspekte sind. Für die Allgemeinpflege gilt, dass eine adäquate Händedesinfektion mit einer ausreichenden rückfettenden Hautpflege einhergehen sollte.

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Jil Toman

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

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