Myofasziale Triggerpunkte als Ursache für akute und chronische Schmerzen

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Ein schmerzhaft ziehender Nacken am Schreibtisch, Kreuzschmerzen nach der Gartenarbeit oder eine schwer anfühlende Schulter beim Schwimmen? – Es kann an myofaszialen Triggerpunkten liegen. Doch um was handelt es sich hierbei?

Definition, Begriffserklärungen und aktueller theoretischer Wissensstand

Unter myofaszialen Schmerzen werden nicht-entzündliche Schmerzen muskulären Ursprungs verstanden. Den wegweisenden Hinweis bei myofaszialen Schmerzen stellt der sogenannte «Triggerpunkt» dar. Es handelt sich dabei um eine häufig zu tastende «Verhärtung» mit Schmerzhaftigkeit innerhalb eines Muskels. Triggerpunkte sind nicht nur für lokale Beschwerden verantwortlich, sondern können auch übertragene Symptome fern ihres Entstehungsortes verursachen. So können Schmerzen beim Schulterblatt bis in die Hand verlaufen.

Auch nach mehr als hundert Jahren Forschung sind die Ursachen, das Wesen und die Symptome, die myofasziale Triggerpunkte charakterisieren, nicht gänzlich geklärt. Myofasziale Triggerpunkte sind von grosser Bedeutung, denn viele Patienten, die wegen Schmerzen Hilfe aufsuchen, zeigen Beschwerden am Bewegungsapparat, und bei der Mehrheit dieser Patienten werden diese Schmerzen durch myofasziale Triggerpunkte verursacht.

In der Regel werden myofasziale Triggerpunkte durch muskuläre Überlastung (z. B. durch ungewohntes, intensives Radfahren) oder Fehlbelastung (z. B. eine monotone, langanhaltende Sitzposition) hervorgerufen. Eine starke Muskelüberbelastung löst plötzliche Schmerzen aus. Dagegen führen wiederkehrende Bewegungsabläufe oder eine anhaltende Anspannung der Muskulatur zu einem schleichenden Auftreten der Schmerzen.

Diagnostik

Wie bereits erwähnt, ist die Häufigkeit myofaszialer Schmerzen in der Bevölkerung hoch. Die Diagnose beginnt mit der Anamnese (Krankengeschichte). Nach der Erhebung der Anamnese erfolgt die Untersuchung, welche die Frage nach der anatomischen Stelle und der Art der Beschwerden beantworten sollte. Für die Diagnose eines myofaszialen Triggerpunktes wurden von Simons und Travell vor rund 30 Jahren folgende Kennzeichen angegeben (Simons et al., 1999):

  • Schmerzhafte Stelle durch Ertasten in einem Muskelhartspannstrang
  • Wiedererkennung des bekannten Schmerzes beim Ertasten durch die Fachperson
  • Übertragener Schmerz in einer Zone
  • Lokale Zuckungsreaktion beim Ertasten durch die Fachperson
  • Bewegungseinschränkung
  • Leichtgradige Muskelschwäche ohne Gewebeschwund
  • Phänomene des autonomen Nervensystems (z. B. Entstehung von Gänsehaut oder lokaler Rötung)

Als sehr bedeutungsvolle Merkmale für den Nachweis eines myofaszialen Triggerpunktes haben sich im klinischen Alltag die beiden ersten Kriterien bewährt.

Therapie

Manuelle Triggerpunkttherapie

Manuelle (mit der Hand ausgeführte) Therapietechniken sollten optimalerweise auf aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen beruhen. Eine effektive manuelle Triggerpunkttherapie hat mehrere Ziele:

  • Verbesserung der lokalen Blutzirkulation
  • Erhöhung der Druckschmerzgrenze
  • Entspannung des ganzen Muskels sowie Verbesserung der Mobilität der Bindegewebsstrukturen des Muskels und seiner Faszie

Während verschiedene Publikationen die manuelle Therapie in der Behandlung von Patienten mit myofaszialen Beschwerden unterstützen (Chatchawan et al., 2005), gibt es dennoch keine klare Gewissheit, dass die manuelle Triggerpunkttherapie tatsächlich zu einer Verbesserung der Mobilität des Bindegewebes und der Faszien führt.

Neueste Studien zu Eigenschaften und Verhalten von Faszien, zeigen jedoch, dass diese in komplizierter Weise in ein myofasziales Schmerzgeschehen involviert sind (Schleip, 2003). Eine manuelle Triggerpunkttherapie durch eine erfahren Fachpersone reduziert den Schmerz und hat einen positiven Einfluss auf das psychologische Stressniveau (Moraska et al., 2009).

Dry Needling

Dry Needling ist ein zunehmend beliebter Ansatz bei der Behandlung von myofaszialen Triggerpunkten. Nach der Veröffentlichung einer rückblickenden Untersuchung von Dry Needling im Jahr 1979, mit einer berichteten sofortigen Schmerzlinderung an 87 % der Nadelungsstellen (Lewit, 1979), hat die Beliebtheit der Therapie bei Ärzten, Physiotherapeuten und anderen Praktikern weltweit zugenommen.

Bei dieser Methode wird mit einer sterilen Nadel direkt in myofasziale Triggerpunkte gestochen. Im Allgemeinen wird Dry Needling mit den gleichen Nadeln wie bei der Akupunktur durchgeführt. Die Ähnlichkeit der Nadeln wirft zwangsläufig Fragen nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen Akupunktur und Dry Needling auf. Im Gegensatz zur Akupunktur, die auf den Prinzipien der traditionellen chinesischen Medizin basiert, zielt das Dry Needling darauf ab, myofasziale Triggerpunkte zu behandeln. Durch das Einführen der Nadel können myofasziale Triggerpunkte gezielt stimuliert werden, um die Muskelverspannungen zu lösen und auch dadurch die Durchblutung zu verbessern.

Es ist wichtig zu beachten, dass Dry Needling von einer geschulten Fachperson durchgeführt werden sollte, da eine genaue Kenntnis der Anatomie und des Gewebes erforderlich ist, um Verletzungen zu vermeiden. Daher sollte man sich bei Interesse an dieser Therapie an eine qualifizierte Therapeutin oder einen qualifizierten Therapeuten wenden.

Praktische Tipps aus der Physiotherapie

Um das Entstehen von Triggerpunkten zu vermeiden, gibt es einige praktische Tipps aus der Physiotherapie, die helfen können. Hier sind einige davon:

Ergonomie verbessern – Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung und ergonomische Ausrichtung beim Sitzen und Stehen.

Regelmäßige Pausen einlegen – Vermeiden Sie längeres Sitzen oder das Verharren in einer Position. Stehen Sie alle 30 bis 60 Minuten auf und gehen kurz umher, idealerweise an der frischen Luft.

Ausreichend Bewegung – Regelmässige körperliche Aktivität ist wichtig. Wählen Sie Aktivitäten, die Ihnen Spass machen, und versuchen Sie, eine gute Balance zwischen Belastung und Erholung zu finden.

Richtiges Aufwärmen – Vor sportlichen Aktivitäten oder körperlicher Anstrengung ist ein Aufwärmen wichtig. Dadurch werden die zu belastenden Strukturen besser durchblutet und auf die Belastung vorbereitet.

Dehnungsübungen – Integrieren Sie regelmäßige Dehnungsübungen in Ihre Routine, um die Flexibilität und Elastizität der Muskeln zu erhalten.

Stressmanagement – Chronischer Stress kann zu Muskelverspannungen führen und das Risiko für myofasziale Triggerpunkte erhöhen. Finden Sie effektive Stressbewältigungstechniken wie Entspannungsübungen, Meditation oder Yoga, um Stress abzubauen und die Muskelspannung zu reduzieren.

Ausreichend Schlaf – Eine gute Schlafqualität und genügend Erholung sind wichtig, um die Muskeln zu regenerieren und Spannungen abzubauen.

Hydration – Trinken Sie ausreichend Wasser, um sicherzustellen, dass Ihr Körper gut hydriert ist. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr fördert die Durchblutung und hilft dabei, Stoffwechselabfälle aus den Muskeln zu spülen.

Vermeidung von Überlastung – Achten Sie darauf, Ihre körperlichen Grenzen zu respektieren und Überlastungen zu vermeiden. Vermeiden Sie es, schwere Gegenstände unergonomisch zu heben oder einseitige Bewegungen über längere Zeit auszuführen.

Professionelle Hilfe – Bei akuten oder chronischen Beschwerden sollten Sie eine Fachperson aufsuchen. Sie kann Ihnen individuelle Beratung, Anleitungen zu Übungen und manuelle Therapien anbieten, um myofasziale Triggerpunkte zu behandeln und ihnen vorzubeugen.

Quellen

Reilich, P., Gröbli, C. & Dommerholt, J. (2018). Myofasziale Schmerzen und Triggerpunkte: Diagnostik und evidenzbasierte Therapie. Die Top-30-Muskeln. Elsevier GmbH, Deutschland

Simons, D. S., Travell, J. & Simons, L. S. (1999). Travell & Simons’ Myofascial Pain and Dysfunction: The Trigger Point Manual. https://ci.nii.ac.jp/ncid/BA40127623

Sikdar, S., Golden, S. H., Gebreab, T., Gerber, L. H. & Shah, J. B. (2010). Understanding the vascular environment of myofascial trigger points using ultrasonic imaging and computational modeling. https://doi.org/10.1109/iembs.2010.5626326

Shah, J. B., Danoff, J., Desai, M., Parikh, S. V., Nakamura, L. Y., Phillips, T. M. & Gerber, L. H. (2008). Biochemicals Associated With Pain and Inflammation are Elevated in Sites Near to and Remote From Active Myofascial Trigger Points. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 89(1), 16–23. https://doi.org/10.1016/j.apmr.2007.10.018

Chatchawan, U., Thinkhamrop, B., Kharmwan, S., Knowles, J. & Eungpinichpong, W. (2005). Effectiveness of traditional Thai massage versus Swedish massage among patients with back pain associated with myofascial trigger points. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 9(4), 298–309. https://doi.org/10.1016/j.jbmt.2005.02.001

Schleip, R. (2003). Fascial plasticity – a new neurobiological explanation: Part 1. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 7(1), 11–19. https://doi.org/10.1016/s1360-8592(02)00067-0

Moraska, A. & Chandler, C. (2009). Changes in Psychological Parameters in Patients with Tension-type Headache Following Massage Therapy: A Pilot Study. Journal of Manual & Manipulative Therapy, 17(2), 86–94. https://doi.org/10.1179/106698109790824695

Lewit, K. (1979). The needle effect in the relief of myofascial pain. Pain, 6(1), 83–90. https://doi.org/10.1016/0304-3959(79)90142-8

Jonathan Müller

Physiotherapeut
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

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