Ein schmerzhaft ziehender Nacken am Schreibtisch, Kreuzschmerzen nach der Gartenarbeit oder eine schwer anfühlende Schulter beim Schwimmen? – Es kann an myofaszialen Triggerpunkten liegen. Doch um was handelt es sich hierbei?

Definition, Begriffserklärungen und aktueller theoretischer Wissensstand

Unter myofaszialen Schmerzen werden nicht-entzündliche Schmerzen muskulären Ursprungs verstanden. Den wegweisenden Hinweis bei myofaszialen Schmerzen stellt der sogenannte «Triggerpunkt» dar. Es handelt sich dabei um eine häufig zu tastende «Verhärtung» mit Schmerzhaftigkeit innerhalb eines Muskels. Triggerpunkte sind nicht nur für lokale Beschwerden verantwortlich, sondern können auch übertragene Symptome fern ihres Entstehungsortes verursachen. So können Schmerzen beim Schulterblatt bis in die Hand verlaufen.

Auch nach mehr als hundert Jahren Forschung sind die Ursachen, das Wesen und die Symptome, die myofasziale Triggerpunkte charakterisieren, nicht gänzlich geklärt. Myofasziale Triggerpunkte sind von grosser Bedeutung, denn viele Patienten, die wegen Schmerzen Hilfe aufsuchen, zeigen Beschwerden am Bewegungsapparat, und bei der Mehrheit dieser Patienten werden diese Schmerzen durch myofasziale Triggerpunkte verursacht.

In der Regel werden myofasziale Triggerpunkte durch muskuläre Überlastung (z. B. durch ungewohntes, intensives Radfahren) oder Fehlbelastung (z. B. eine monotone, langanhaltende Sitzposition) hervorgerufen. Eine starke Muskelüberbelastung löst plötzliche Schmerzen aus. Dagegen führen wiederkehrende Bewegungsabläufe oder eine anhaltende Anspannung der Muskulatur zu einem schleichenden Auftreten der Schmerzen.

Diagnostik

Wie bereits erwähnt, ist die Häufigkeit myofaszialer Schmerzen in der Bevölkerung hoch. Die Diagnose beginnt mit der Anamnese (Krankengeschichte). Nach der Erhebung der Anamnese erfolgt die Untersuchung, welche die Frage nach der anatomischen Stelle und der Art der Beschwerden beantworten sollte. Für die Diagnose eines myofaszialen Triggerpunktes wurden von Simons und Travell vor rund 30 Jahren folgende Kennzeichen angegeben (Simons et al., 1999):

  • Schmerzhafte Stelle durch Ertasten in einem Muskelhartspannstrang
  • Wiedererkennung des bekannten Schmerzes beim Ertasten durch die Fachperson
  • Übertragener Schmerz in einer Zone
  • Lokale Zuckungsreaktion beim Ertasten durch die Fachperson
  • Bewegungseinschränkung
  • Leichtgradige Muskelschwäche ohne Gewebeschwund
  • Phänomene des autonomen Nervensystems (z. B. Entstehung von Gänsehaut oder lokaler Rötung)

Als sehr bedeutungsvolle Merkmale für den Nachweis eines myofaszialen Triggerpunktes haben sich im klinischen Alltag die beiden ersten Kriterien bewährt.

Therapie

Manuelle Triggerpunkttherapie

Manuelle (mit der Hand ausgeführte) Therapietechniken sollten optimalerweise auf aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen beruhen. Eine effektive manuelle Triggerpunkttherapie hat mehrere Ziele:

  • Verbesserung der lokalen Blutzirkulation
  • Erhöhung der Druckschmerzgrenze
  • Entspannung des ganzen Muskels sowie Verbesserung der Mobilität der Bindegewebsstrukturen des Muskels und seiner Faszie

Während verschiedene Publikationen die manuelle Therapie in der Behandlung von Patienten mit myofaszialen Beschwerden unterstützen (Chatchawan et al., 2005), gibt es dennoch keine klare Gewissheit, dass die manuelle Triggerpunkttherapie tatsächlich zu einer Verbesserung der Mobilität des Bindegewebes und der Faszien führt.

Neueste Studien zu Eigenschaften und Verhalten von Faszien, zeigen jedoch, dass diese in komplizierter Weise in ein myofasziales Schmerzgeschehen involviert sind (Schleip, 2003). Eine manuelle Triggerpunkttherapie durch eine erfahren Fachpersone reduziert den Schmerz und hat einen positiven Einfluss auf das psychologische Stressniveau (Moraska et al., 2009).

Dry Needling

Dry Needling ist ein zunehmend beliebter Ansatz bei der Behandlung von myofaszialen Triggerpunkten. Nach der Veröffentlichung einer rückblickenden Untersuchung von Dry Needling im Jahr 1979, mit einer berichteten sofortigen Schmerzlinderung an 87 % der Nadelungsstellen (Lewit, 1979), hat die Beliebtheit der Therapie bei Ärzten, Physiotherapeuten und anderen Praktikern weltweit zugenommen.

Bei dieser Methode wird mit einer sterilen Nadel direkt in myofasziale Triggerpunkte gestochen. Im Allgemeinen wird Dry Needling mit den gleichen Nadeln wie bei der Akupunktur durchgeführt. Die Ähnlichkeit der Nadeln wirft zwangsläufig Fragen nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen Akupunktur und Dry Needling auf. Im Gegensatz zur Akupunktur, die auf den Prinzipien der traditionellen chinesischen Medizin basiert, zielt das Dry Needling darauf ab, myofasziale Triggerpunkte zu behandeln. Durch das Einführen der Nadel können myofasziale Triggerpunkte gezielt stimuliert werden, um die Muskelverspannungen zu lösen und auch dadurch die Durchblutung zu verbessern.

Es ist wichtig zu beachten, dass Dry Needling von einer geschulten Fachperson durchgeführt werden sollte, da eine genaue Kenntnis der Anatomie und des Gewebes erforderlich ist, um Verletzungen zu vermeiden. Daher sollte man sich bei Interesse an dieser Therapie an eine qualifizierte Therapeutin oder einen qualifizierten Therapeuten wenden.

Praktische Tipps aus der Physiotherapie

Um das Entstehen von Triggerpunkten zu vermeiden, gibt es einige praktische Tipps aus der Physiotherapie, die helfen können. Hier sind einige davon:

Ergonomie verbessern – Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung und ergonomische Ausrichtung beim Sitzen und Stehen.

Regelmäßige Pausen einlegen – Vermeiden Sie längeres Sitzen oder das Verharren in einer Position. Stehen Sie alle 30 bis 60 Minuten auf und gehen kurz umher, idealerweise an der frischen Luft.

Ausreichend Bewegung – Regelmässige körperliche Aktivität ist wichtig. Wählen Sie Aktivitäten, die Ihnen Spass machen, und versuchen Sie, eine gute Balance zwischen Belastung und Erholung zu finden.

Richtiges Aufwärmen – Vor sportlichen Aktivitäten oder körperlicher Anstrengung ist ein Aufwärmen wichtig. Dadurch werden die zu belastenden Strukturen besser durchblutet und auf die Belastung vorbereitet.

Dehnungsübungen – Integrieren Sie regelmäßige Dehnungsübungen in Ihre Routine, um die Flexibilität und Elastizität der Muskeln zu erhalten.

Stressmanagement – Chronischer Stress kann zu Muskelverspannungen führen und das Risiko für myofasziale Triggerpunkte erhöhen. Finden Sie effektive Stressbewältigungstechniken wie Entspannungsübungen, Meditation oder Yoga, um Stress abzubauen und die Muskelspannung zu reduzieren.

Ausreichend Schlaf – Eine gute Schlafqualität und genügend Erholung sind wichtig, um die Muskeln zu regenerieren und Spannungen abzubauen.

Hydration – Trinken Sie ausreichend Wasser, um sicherzustellen, dass Ihr Körper gut hydriert ist. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr fördert die Durchblutung und hilft dabei, Stoffwechselabfälle aus den Muskeln zu spülen.

Vermeidung von Überlastung – Achten Sie darauf, Ihre körperlichen Grenzen zu respektieren und Überlastungen zu vermeiden. Vermeiden Sie es, schwere Gegenstände unergonomisch zu heben oder einseitige Bewegungen über längere Zeit auszuführen.

Professionelle Hilfe – Bei akuten oder chronischen Beschwerden sollten Sie eine Fachperson aufsuchen. Sie kann Ihnen individuelle Beratung, Anleitungen zu Übungen und manuelle Therapien anbieten, um myofasziale Triggerpunkte zu behandeln und ihnen vorzubeugen.

Quellen

Reilich, P., Gröbli, C. & Dommerholt, J. (2018). Myofasziale Schmerzen und Triggerpunkte: Diagnostik und evidenzbasierte Therapie. Die Top-30-Muskeln. Elsevier GmbH, Deutschland

Simons, D. S., Travell, J. & Simons, L. S. (1999). Travell & Simons’ Myofascial Pain and Dysfunction: The Trigger Point Manual. https://ci.nii.ac.jp/ncid/BA40127623

Sikdar, S., Golden, S. H., Gebreab, T., Gerber, L. H. & Shah, J. B. (2010). Understanding the vascular environment of myofascial trigger points using ultrasonic imaging and computational modeling. https://doi.org/10.1109/iembs.2010.5626326

Shah, J. B., Danoff, J., Desai, M., Parikh, S. V., Nakamura, L. Y., Phillips, T. M. & Gerber, L. H. (2008). Biochemicals Associated With Pain and Inflammation are Elevated in Sites Near to and Remote From Active Myofascial Trigger Points. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 89(1), 16–23. https://doi.org/10.1016/j.apmr.2007.10.018

Chatchawan, U., Thinkhamrop, B., Kharmwan, S., Knowles, J. & Eungpinichpong, W. (2005). Effectiveness of traditional Thai massage versus Swedish massage among patients with back pain associated with myofascial trigger points. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 9(4), 298–309. https://doi.org/10.1016/j.jbmt.2005.02.001

Schleip, R. (2003). Fascial plasticity – a new neurobiological explanation: Part 1. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 7(1), 11–19. https://doi.org/10.1016/s1360-8592(02)00067-0

Moraska, A. & Chandler, C. (2009). Changes in Psychological Parameters in Patients with Tension-type Headache Following Massage Therapy: A Pilot Study. Journal of Manual & Manipulative Therapy, 17(2), 86–94. https://doi.org/10.1179/106698109790824695

Lewit, K. (1979). The needle effect in the relief of myofascial pain. Pain, 6(1), 83–90. https://doi.org/10.1016/0304-3959(79)90142-8

Jonathan Müller

Physiotherapeut
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)

Betrachtung des Kniegelenks und mögliche Ursachen

Sei es die Vorbereitung auf einen Lauf, das Abschalten nach einem fordernden Arbeitstag oder das Geniessen in der Natur – das Lauftraining geniesst gesellschaftlich einen hohen Stellenwert. Die positiven Vorteile vom Laufen (z. B. Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit, besserer Schlaf oder mehr Selbstbewusstsein) können leider auch Hand in Hand gehen mit gewissen negativen Aspekten. Knieschmerzen beim Laufen sind keine Seltenheit. Rund ein Viertel aller Läuferinnen und Läufer leidet unter Knieschmerzen beim oder nach dem Lauftraining.

Mechanisch betrachtet ist das Kniegelenk ein Kompromiss zwischen zwei gegenteiligen Forderungen. In gestreckter Stellung soll es stabil sein, um der Last des Teilkörpergewichts standzuhalten. In gebeugter Stellung soll es gut beweglich sein, um dem Fuss bei unebenen Untergründen optimale Stellung geben zu können. Ein intaktes Kniegelenk erfüllt diese Aufgaben. Allerdings birgt der verringerte Gelenkflächenkontakt, der für eine grosse Beweglichkeit Voraussetzung ist, die Gefahr von Verletzungen. Wenn zusätzlich das Training des Läufers nur aus Laufen besteht, können Knieschmerzen beim Laufen die Folge daraus sein.

Zusätzlich zu den soeben erläuternden anatomischen Gegebenheiten, welche das Knie verletzungsanfällig machen, werden in der Literatur weitere auslösende Faktoren angegeben. Diese sind:

Beinachsenfehlstellungen (ugs. O-Beine / X-Beine)
Muskeldysbalancen (ungleichmässige Spannungsverhältnisse zwischen den einzelnen Muskeln)
Knorpelschäden
Überlastungen

Wie kann sich die Problematik äussern?

Oftmals wird ein vorderer oder seitlicher Knieschmerz, der sich beim Laufen oder bei längerem Sitzen verstärkt, angegeben. So kann ebenfalls eine leichte Schwellung oder eine Einschränkung der Beweglichkeit nach dem Lauftraining hervortreten.

Betrachtung aus physiotherapeutischer Sicht

Die Wissenschaft (Van Linschoten et al. 2009) konnte zeigen, dass ein physiotherapeutisch überwachtes Übungsprogramm gegenüber der üblichen medizinischen Versorgung nach drei und nach zwölf Monaten bessere Ergebnisse bezüglich Schmerzen und Funktion erzielt. So ist ein Übungsprogramm, das Rumpfkontrolle und Hüftmuskulatur unter gewichtstragenden Bedingungen einbezieht, effektiver als isolierte M. quadriceps-Übungen (Baldon et al. 2014). Beim M. quadriceps femoris (auch Beinstrecker genannt) handelt es sich um einen vierköpfigen Muskel am vorderen Oberschenkel.

Der Gang zur Physiotherapie kann also lohnend sein. Nach gemeinsamem Dialog zwischen Läufer und Therapeut und den darauffolgenden physiotherapeutischen Untersuchungen und Testungen werden Ziele und die dazugehörigen Massnahmen erarbeitet. Ein sinnvolles Ziel wird in der folgenden Tabelle näher beleuchtet.

Wie soll man das Training anpassen, wenn Knieschmerzen beim Laufen auftauchen? Wie kann man vorbeugend arbeiten?

Im Allgemeinen empfiehlt es sich, bei bereits bestehenden Knieschmerzen beim Laufen oder im vorbeugenden Sinne, die obengenannten Massnahmen mindestens zweimal wöchentlich in das Training zu integrieren. Das Krafttraining sollte dabei nicht am gleichen Tag durchgeführt werden wie die Laufeinheit. Zum Beispiel kann folgendermassen aufgeteilt werden:

  1. Montag: Funktionelles Stabilisations- und Kräftigungstraining
  2. Dienstag: Lauftraining
  3. Mittwoch: Funktionelles Stabilisations- und Kräftigungstraining
  4. Donnerstag: Ruhetag
  5. Freitag: Funktionelles Stabilisations- und Kräftigungstraining
  6. Samstag: Lauftraining
  7. Sonntag: Ruhetag

Bei akutem Auftreten von Knieschmerzen beim Laufen sollte man sich an die PECH-Regel halten:

  • Pause einlegen und das betroffene Knie ruhigstellen
  • Eis in einem Küchentuch einwickeln und kühlen
  • Compression (dt. Kompression) kann gegen die Ausbreitung von Schwellungen und Blutergüssen helfen
  • Hochlagern der Beine über Herzhöhe

Zusatztipps

Und vielleicht kommen Ihnen diese Ansätze bekannt vor? Ergänzend ist hierbei nochmals zu erwähnen, dass das stetige (!) Krafttraining relevant ist. Das konstante Kräftigen der knieumliegenden und rumpfkontrollierenden Muskulatur erhöht die Chancen, längerfristig die Knieschmerzen beim Laufen zu lindern. Nachfolgend werden Tipps aufgelistet, um die bereits aufgezählten Massnahmen noch zu ergänzen. Zusätzlich dienen sie als Anstoss, um dem Training einen neuen Reiz zu verleihen.

  • Einbeziehen der gesamten Körperarbeit und -kontrolle in das Trainingsprogramm
  • Untersuchung (durch eine Fachperson) anderer Strukturen, die auch für die anhaltende Problematik verantwortlich sein könnten (Hüftgelenk; Lendenwirbelsäule; vom Nervensystem ausgehende Beeinträchtigungen)
  • Beachtung psychosozialer Aspekte (z. B. emotionale Schmerzen; soziale Probleme; existenzielle Sinnfragen)
  • Durchführung einer Trainingsanalyse (durch eine Fachperson): Sammlung und Auswertung von Informationen wie z. B. Körpergewicht; Ernährungszustand; Konditionsniveau; ergänzendes Training weiterer Sportarten; Trainingsumfang (in Kilometer / Woche); Untergrundbeschaffenheit (Strasse, Wald, Schotter, Sand, Halle, etc.) des Terrains

Wann soll mit dem Lauftraining aufgehört werden?

Das Training ist in vielen Fällen ein hilfreiches Mittel, um beständig die Problematik zu lindern. Einige Anzeichen weisen darauf hin, dass keinesfalls weitertrainiert werden soll. In diesem Fall bedarf es einer dringenden ärztlichen Abklärung.

  • Neurovaskuläre Schädigungen = Schäden, die die Nerven und Blutgefässe betreffen
  • Riss der Patellarsehne (tastbare Lücke in der Sehne, welche sich über die Kniescheibe zieht; veränderte Position der Kniescheibe)
  • Septische Arthritis = eine keimbehaftete Entzündung eines oder mehrerer Gelenke (allgemeines Unwohlsein; Entzündungszeichen; kein vorheriges Trauma)
  • Störungen der Blutgerinnung
  • Mögliche Krebserkrankung (Krebs in der Vorgeschichte; unerklärlich anhaltende starke Schmerzen oder aussergewöhnliche Symptome ohne erklärendes Trauma im Vorfeld; Nachtschmerz)

Das Wichtigste in Kürze

Zusammenfassend gilt zu sagen, dass die Belastungsplanung (= optimale Trainingsbelastung und -regeneration) in dieser Angelegenheit ein entscheidender Faktor ist. Es bietet sich an, dreimal wöchentlich die sportmotorische Grundfähigkeit Kraft, also Krafttraining, als Basis in das Training zu integrieren. Ein Trainingsprogramm, das den Rumpf und die Kräftigung der knieumliegenden Muskulatur unter gewichtstragenden Bedingungen miteinbezieht, ist gemäss Studienarbeiten ein effektiver Weg, um Knieschmerzen beim Laufen vorzubeugen. Jedoch sind Anzeichen zu beachten, bei denen eine dringende ärztliche Abklärung erfolgen muss. In diesem Fall ist das Training für den Moment einzustellen.

Quellen

Kapandji, A.I. (2016). Funktionelle Anatomie der Gelenke (6. Auflage). Georg Thieme Verlage KG

Merz, O., & Robert, M. (2017). Handbuch Physiotherapie – Kniegelenk (1. Auflage). KVM – Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH, ein Unternehmen der Quintessenz-Verlagsgruppe

Jonathan Müller

Physiotherapeut (MED4LIFE)

Nach Rückenschmerzen sind Kopfschmerzen die zweithäufigste Schmerzform. Dabei unterscheidet man zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen. Primäre Kopfschmerzen gelten als eigenständige Erkrankung; dazu gehören Spannungskopfschmerzen, Migräne und Clusterkopfschmerzen. Sekundäre Kopfschmerzen sind wesentlich seltener und treten im Rahmen einer anderen Erkrankung auf; beispielsweise einer Grippe, Bluthochdruck oder einem Schlaganfall. Insgesamt gibt es mehr als 200 Arten von Kopfschmerzen, die man anhand des Schmerzcharakters, des Ortes, der Intensität, der Begleitsymptomatik und des Auslösers differenzieren kann. Bei so vielen verschiedenen Kopfschmerzarten ist es wichtig, die Art des Kopfschmerzes zu identifizieren. Ursachen, Behandlung und Vorbeugung sind nämlich bei jedem Kopfschmerztyp verschieden (Schrör & Seyfried, 2022).

Spannungskopfschmerzen

Spannungskopfschmerzen machen 90% aller Kopfschmerzen aus. Man verspürt in der Regel einen dumpfen, drückenden Schmerz, wie ein enges Band um die Stirn und dem Hinterkopf. Die Schmerzen sind leicht bis mittelstark. Tritt diese Art von Schmerz an mehr als 15 Tagen im Monat auf, spricht man von chronischen Kopfschmerzen. Meistens ergibt sich keine Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten durch Spannungskopfschmerzen, da sie in ihrer Intensität nicht sehr stark sind und meistens keine Begleiterscheinungen auftreten.

Behandeln kann man Spannungskopfschmerzen mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol und Metamizol. Allerdings ist es nicht immer nötig, auf Medikamente zurückzugreifen, da diese Art von Kopfschmerz oft auch von selbst abklingt. Als Auslöser kommen zum Beispiel Stress sowie eine schlechte Schlafhygiene in Frage, es muss aber nicht zwingend einen bestimmten Auslöser geben. Da diese Art von Kopfschmerz bei vielen Betroffenen immer wieder auftritt und sogar einen chronischen Verlauf annehmen kann, werden bei diesen Menschen folgende vorbeugende Massnahmen empfohlen (Universitätsspital Zürich, 2022):

  • Ausdauertraining (zwei bis dreimal wöchentlich, z.B. Joggen, Velofahren, Schwimmen): Einige Studien haben gezeigt, dass Ausdauersport zu einem Ansteigen der Schmerzschwelle und einer Reduktion der Aktivität des vegetativen Nervensystems führt. Somit kann die Häufigkeit von Spannungskopfschmerzen sowie Migräneanfällen reduziert werden. Allerdings ist hierbei auf eine moderate Intensität zu achten (MigräneLiga Deutschland, 2022)
  • Entspannungsverfahren und Stressbewältigung
  • Biofeedback: Hier werden EMG-Elektroden, die elektrische Signale durch den entsprechenden Muskel am Kopf (Frontalismuskel) senden, angelegt. Durch visuelle und akustische Rückmeldung kann man selbst lernen, die Muskelspannung zu senken
  • Medikamentös besteht bei chronischen Kopfschmerzen die Möglichkeit, mit einem trizyklischen Antidepressivum (Amitriptylin, Doxepin, Imipramin, Clomipramin) vorzubeugen, allerdings nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung in Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt

Wichtig zu erwähnen ist, dass bei längerer Einnahme von rezeptfreien Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Naproxen und Paracetamol ein sogenannter medikamenteninduzierter Kopfschmerz auftreten kann, welcher sich durch Kopfschmerzen an mindestens 15 Tagen im Monat trotz Schmerzmitteleinnahme äussert. Daher sollte man diese nicht länger als 3 Tage beziehungsweise an 10 Tagen im Monat verwenden.

Migräne

Migräne ist die zweithäufigste Kopfschmerzart. Betroffen sind mehr Frauen als Männer. Dabei entwickeln sich meist einseitige, pulsierende, pochende oder hämmernde Kopfschmerzen von mittelstarker bis starker Intensität. Zusätzlich treten meistens Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit bis hin zu Erbrechen auf. Bei manchen Personen zeigt sich vor Auftreten der Kopfschmerzen eine sogenannte „Aura“; diese besteht aus Sehstörungen wie Lichtblitzen, Flimmern und Gesichtsfeldausfällen, aber auch Sprachstörungen, Missempfindungen wie Kribbeln und Taubheitsgefühl bis hin zu Lähmungen können auftreten. Eine Migräne kann einige Stunden bis zu drei Tagen dauern.

Als Ursache der Migräne geht man von einer genetischen Veranlagung aus. Das Risiko einer Migräne kann wiederum durch bestimmte Auslöser, auch als „Trigger“ bekannt, erhöht werden. Dazu zählen Stress, Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus, Wetterwechsel und bestimmten Lebens- und Genussmittel wie Zitrusfrüchte, Bananen, Schokolade, Rotwein, Käse und Nikotin. Auch hormonelle Veränderungen erhöhen das Risiko eines Migräneanfalles, beispielsweise kurz vor der Menstruation durch den Östrogenabfall oder durch hormonelle Verhütungsmittel.

Am besten behandelt man eine Migräne im Akutstadium mittels Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Naproxen oder Paracetamol. Es gibt auch Kombinationspräparate, die aus einer Kombination von ASS, Paracetamol und Koffein bestehen. Schwere Migräneattacken können mit sogenannten Triptanen unterbunden werden. Diese gibt es auch als Nasenspray, da es bei starker Übelkeit und Erbrechen schwerfallen kann, Tabletten einzunehmen. Wenn Migräneanfälle häufiger als dreimal im Monat auftreten, besonders lang andauern oder nicht effektiv behandelbar sind, kann man zu Migräne-Prophylaktika, sprich Migräne-Vorbeuger, greifen. Dazu zählen Betablocker (Metoprolol, Propanolol), Flunarizin und Amitriptylin sowie auch bestimmte Antiepileptika (Topiramat, Valproinsäure). Abgesehen davon sollte man sich während einer Migräne am besten in einen ruhigen, abgedunkelten Raum begeben (Schrör & Seyfried, 2022).

Cluster-Kopfschmerzen

Diese Art von Kopfschmerz ist gekennzeichnet durch starke, stechende oder brennende Schmerzen hinter dem Auge, der Stirn und der Schläfe. Cluster-Kopfschmerzen treten immer nur einseitig auf. Die Schmerzen nehmen innerhalb einer Attacke schnell zu, meistens innerhalb von zehn Minuten. Im Vergleich zu einer Migräne gehen die Schmerzen mit einem Bewegungsdrang einher. Begleitend dazu ist das betroffene Auge oft gerötet und tränt; die Nase verstopft oder laufend. Die Schmerzattacken dauern in der Regel zwischen fünfzehn Minuten und drei Stunden an. Bei Betroffenen treten diese Attacken mehrmals täglich auf, können aber auch für mehrere Monate verschwinden.

Eine genaue Ursache für Cluster-Kopfschmerzen konnte bis jetzt nicht erforscht werden, jedoch geht man von fehlgesteuerten biologischen Rhythmen (zum Beispiel dem Tagesrhythmus), genetischer Veranlagung sowie anderen Risikofaktoren aus (Alkohol, Nikotin, flimmerndes Licht). In der Akutbehandlung einer Schmerzattacke haben sich Triptane als Nasenspray oder als Injektion bewährt. Auch das Einatmen von reinem Sauerstoff, beispielsweise über eine Gesichtsmaske, führt bei den meisten Betroffenen zu einer Schmerzlinderung. Ferner wirkt bei ca. 30% der Betroffenen ein lokales Betäubungsmittel in der Form eines Nasensprays mit dem Inhaltsstoff Lidocain. Als vorbeugendes Medikament wird häufig Verapamil, ein sogenannter Kalziumantagonist zusammen mit Prednison, einem Kortikosteroid eingesetzt. Da die medikamentösen und vorbeugenden Therapien nicht bei jedem zu einer Besserung der Beschwerden führen, kommen unter Umständen operative Eingriffe in Frage, wie die okzipitale Nervenstimulation. Dies ist eine elektrische Stimulation der Nerven am Hinterkopf über Drähte, die in der Nähe dieser Nerven unter der Haut implantiert werden. Auch die tiefe Hirnstimulation kann Abhilfe schaffen, wobei feine Elektroden durch eine Operation im Hirn eingesetzt werden und dauerhaft elektrische Impulse an die betroffenen Hirnregionen übertragen.

Wann sollte man bei Kopfschmerzen umgehend medizinische Hilfe aufsuchen?

Bei folgenden Warnsignalen sollte man direkt eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen, da diese Symptome möglicherweise auf eine seltene, aber ernste Erkrankung hinweisen:

  • Neu auftretende, heftige Kopfschmerzen (kann ein Hinweis sein auf: Subarachnoidalblutung, d.h. eine Blutung innerhalb der Hirnhäute)
  • Starke Kopfschmerzen zusammen mit Nackenversteifung und Fieber (kann ein Hinweis sein auf: Meningitis, d.h. eine Hirnhautentzündung)
  • Starker Druckschmerz an den Schläfen im höheren Alter (kann ein Hinweis sein auf: Riesenzellarteriitis, d.h. eine Entzündung der sauerstoffreichen Blutgefässe am Kopf und Nacken) (Silberstein, 2021)

Zusammenfassend haben die meisten Kopfschmerzen keine ernste zugrundeliegende Ursache. Jedoch sollte bei häufig auftretenden Kopfschmerzen, die den Alltag beeinträchtigen, oder bei einem der oben genannten Warnsignale eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Für die häufigsten Arten von Kopfschmerzen kann man vorbeugende Massnahmen implementieren, um das Auftreten zu verhindern oder zumindest zu reduzieren. Dazu gehören ein regelmässiger Schlaf-Wach-Rhythmus, eine ausgewogene Ernährung, gleichbleibender Koffeinkonsum, eine ausreichende Wasser-Trinkmenge und regelmässige Bewegung.

Quellen

Gaul, C., Pinar, K., & Kraus, U. (2022). Ausdauersport gegen Kopfschmerzen | MigräneLiga e.V. Deutschland. https://www.migraeneliga.de/ausdauersport-gegen-kopfschmerzen/

Kopfschmerzen. (2022). Universitätsspital Zürich. https://www.usz.ch/krankheit/kopfschmerzen/

Schrör, S., & Seyfried, F. (2022, Mai 12). Kopfschmerzen: Formen, Ursachen, Behandlung. NetDoktor. https://www.netdoktor.ch/symptome/kopfschmerzen/

Silberstein, S. D. (2021, Juli). Überblick über Kopfschmerzen—Störungen der Hirn-, Rückenmarks- und Nervenfunktion. MSD Manual Ausgabe für Patienten. https://www.msdmanuals.com/de/heim/störungen-der-hirn-,-rückenmarks-und-nervenfunktion/kopfschmerzen/überblick/über-kopfschmerzen

Dr. med. univ. Anemone Rutter

Assistenzärztin Psychiatrie
Medizinische Content-Providerin (MED4LIFE)

Obwohl sie oft unangenehm sind, erfüllen auch Schmerzen ihren Zweck – meist in der Form eines Warnsignals. Trotzdem können sie, vor allem wenn sie langanhaltend und chronisch sind, eine hohe Belastung sein. Auch ist die Empfindung von Schmerz ein komplexer Vorgang und sehr individuell. Forscherinnen und Forscher setzen sich seit langer Zeit intensiv mit dem Thema Schmerz auseinander. Dennoch gibt es immer noch viele Unklarheiten, vor allem auf dem Gebiet der Phantomschmerzen.

Die Weltschmerzorganisation IASP (International Association for the Study of Pain) hat Schmerzen wie folgt definiert: ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird. Schmerzen können in verschiedenen Kategorien unterteilt werden. Die grossen Hauptkategorien sind somatischer Schmerz und viszeraler Schmerz. Der viszerale Schmerz kommt aus den inneren Organen, ist dumpf und schwer zu lokalisieren. Der somatische Schmerz wird nochmals unterteilt in Oberflächen- und Tiefenschmerz. Tiefenschmerzen betreffen häufig Muskeln oder Knochen, äussern sich eher dumpf und strahlen aus. Oberflächliche Schmerzen hingegen betreffen häufig die Haut und beruhen auf Verletzungen oder Entzündungen. Diese sind gut lokalisierbar.

Die Schmerzrezeptoren, oder auch Nozizeptoren, sind der erste Schritt bei der Wahrnehmung des Schmerzes. Ihre Nervenenden liegen in der Haut, den Gelenken und in den Organen. Sie können mechanisch, thermisch oder chemisch aktiviert werden. Ist der Reiz stark genug, senden die Nozizeptoren durch Fasern die Signale weiter an das Rückenmark. Dabei können zwei verschiede Arten von Fasern unterschieden werden. Die schnellen A-Delta-Fasern übertragen den Reiz mit bis zu 120m/s. Typischerweise wird dieser Schmerz als genau lokalisierbarer Erstschmerz empfunden, der schnell abklingt. Im Rückenmark angekommen wird falls notwendig der sogenannte Reflexbogen aktiviert. Dieser sorgt zum Beispiel dafür, dass beim Anfassen einer heissen Herdplatte die Hand reflexartig weggezogen wird. Das Signal für das Zurückziehen der Hand wird direkt aus dem Rückenmark gesendet, noch bevor das Schmerzsignal das Gehirn erreicht. Durch die so gesparte Zeit wird die Verletzung minimiert. Die zweiten Fasen, die dünneren C-Fasern, übertragen den Schmerz mit 2m/s deutlich langsamer. Im Gegensatz zu den A-Delta-Fasern haben diese Fasern keine Myelin-Ummantelung. Dieser Schmerz äussert sich ungenauer, dumpfer und meist auch deutlich intensiver.

Vom Rückenmark gelangen die Schmerzreize über das Zwischenhirn zum Thalamus. Der Thalamus bewertet den Schmerz emotional hinsichtlich seiner Erträglichkeit. Dann verteilt er den Schmerz-Impuls an weitere Gehirnareale. Diese Gehirnregionen übernehmen verschiedene Aufgaben der Schmerzverarbeitung:

  • Der Hypothalamus ist zuständig für das vegetative Nervensystem und reguliert den Blutdruck, die Atmung, Wärmeregulation und Schweisssekretion.
  • Die Hypophyse schüttet Stresshormone aus.
  • Am Ende erreicht der Schmerzreiz die Grosshirnrinde mit dem präfrontalen Cortex. Dort wird der Schmerz bewusst und die Grosshirnrinde bewertet ihn rational.

Die verschiedenen Bereiche des zentralen Nervensystems und des Gehirns koordinieren sich bezüglich der Schmerzweiterleitung mithilfe biochemischer Vorgänge. Der Schmerz des jeweiligen Körperteils wird im Gehirn produziert und auf die betroffenen Körperareale projiziert. Da viele Schmerzfasern jedoch miteinander verknüpft sind, kann dies zu einer Schmerzausstrahlung führen. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Herzinfarkt. Die Schmerzfasern des Herzens sind so verflochten, dass ein Schmerzimpuls aus dem Herzen bis in die Bauchgegend oder den linken Arm ausstrahlen kann.

Ein sehr spezieller Fall von Schmerzen sind die Phantomschmerzen. Hierbei handelt es sich um Schmerzen von Gliedmassen oder anderen Körperteilen, die nicht mehr vorhanden sind. Dies ist möglich, da Schmerzen im Gehirn entstehen. Die Ursache von Phantomschmerzen ist nicht genau erforscht. Früher ging man davon aus, dass sich die betroffenen Patienten die Schmerzen nur einbilden. Heute gibt es verschiedene Ansätze, die Ursachen der Phantomschmerzen zu erklären. Eine mögliche Ursache könnten Veränderungen im Gehirn sein, die nach einer Amputation zustande gekommen sind. Jedoch könnten auch Faktoren wie eine Nervenverletzung oder eine Verengung mancher Blutgefässe im amputierten Bereich zu Phantomschmerzen führen.

Eine der vielversprechendsten Behandlungsmöglichkeit bei dieser Art von Schmerzen ist die sogenannte Spiegeltherapie. Dabei wird ein Spiegel vor den Patienten gestellt und dieser bewegt die noch vorhandene Gliedmasse. Die so im Spiegel projizierte Reflexion gaukelt den Patienten vor, dass sich die nicht vorhandene Gliedmasse mitbewegt. Durch diese Scheinbewegungen werden im Gehirn die Areale aktiviert, die für das verlorene Körperteil verantwortlich waren. Diese Reaktivierung kann Phantomschmerzen lindern. Eine moderne Form der Spiegeltherapie ist die Nutzung von VR-Brillen (Virtual-Reality). Diese sind noch effektiver als die Spieltherapie und werden in Zukunft den Betroffenen noch besser helfen können, die Schmerzen zu lindern.

Milos Morarevic

Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)