Die Arbeitsmedizin umfasst verschiedene Felder und reicht von der Abklärung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen über die Beratung von Organisationen bezüglich Gesundheitsstandards bis hin zur Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ganz generell befasst sie sich also mit dem Wechselspiel zwischen Arbeit und Gesundheit. Die Arbeitsmedizin ist in der Theorie eine sehr ganzheitliche Medizin und berücksichtigt physische, psychische und soziale Faktoren. In der Praxis standen bis anhin jedoch die physischen Faktoren stark im Vordergrund. In den letzten 30 Jahren wurden die Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz massiv verbessert und als Folge davon sind die Berufsunfälle deutlich gesunken. Der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin rückt momentan stärker in den Fokus. Hier ist auch das mit Abstand grösste Potential der Arbeitsmedizin auszumachen.
Da wir in der Schweiz dank der letzten 30 Jahre mittlerweile einen hohen Standard an physischer Arbeitssicherheit geniessen, wäre es sinnvoll, in den nächsten 30 Jahren vermehrt den psychischen Aspekt der Arbeitsmedizin zu betonen (dazu gehört beispielsweise das betriebliche Gesundheitsmanagement, BGM). Dies auch vor dem Hintergrund, dass arbeitsplatzbezogene psychische Erkrankungen (allen voran das Burnout) auf dem Vormarsch sind. Im Artikel zum Burnout wird erläutert, dass sich die burnoutbedingten Kosten in der Schweiz seit 2010 verdoppelt (!) haben. Dieser enorme Kostenanstieg könnte durch den präventiven Ansatz der Arbeitsmedizin massiv verringert werden.
Konkret unternommen wird in der Schweiz dazu aktuell noch wenig. Wie aber könnte eine konkrete Vorbeugemassnahme aussehen? Ein Beispiel ist das regelmässige Ausfüllen eines Fragebogens zum psychischen Befinden am Arbeitsplatz. Dieser Fragebogen sollte von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Unternehmens zweimal jährlich ausgefüllt werden. Bei Auffälligkeiten sollte ein Gespräch mit einer psychologischen Fachperson stattfinden.
Die Fragebögen müssen natürlich strengstens vertraulich sein und von externen Fachpersonen analysiert werden, so dass die eigenen Vorgesetzten keinen Zugriff darauf haben. Eine solche Anonymität gegenüber dem Arbeitgeber bringt eine erhöhte Offenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit sich. Gerade wenn es darum geht, psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz früh zu erkennen, ist dies entscheidend. Die eigenen Vorgesetzen auf psychische Belastungen anzusprechen, ist für die betroffene Person mit viel Mut und Risiko verbunden. Deswegen wird ein solcher Schritt in der Regel erst getan, wenn das Problem bereits eine relativ hohe Leidensschwelle erreicht hat.
Die Psyche ist in allen Fällen weniger greifbar als physische Erkrankungen. Dies erschwert nicht nur die Behandlung, sondern auch Studien. Da der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin und dessen Leistungen auch finanziert werden müssen, braucht es die Krankenkassenanerkennung. Um dies zu erreichen, bedarf es jedoch der Studien, die den Mehrwert der neuen Intervention (z.B. die erwähnten Fragebögen mit externer Auswertung) eindeutig beweisen. Allerdings ist es sehr schwierig, einen direkten kausalen Link herzustellen zwischen einer solchen vorbeugenden Intervention und der Anzahl Burnouts, die verhindert wurden.
Bei physischen Erkrankungen verhält es sich anders: Wenn beispielsweise an einem neuen Tumormarker geforscht wird, kann numerisch und statistisch ganz klar festgelegt werden, welcher Marker zuverlässiger ist – der Altbewährte oder der Neue. Dazu verwendet man eine Untersuchungsgruppe, welche den neuen Marker erhält und eine Kontrollgruppe, die den bewährten Marker erhält. Danach können die Resultate verglichen und Schlüsse gezogen werden. Bei psychischen Erkrankungen ist es schwer, eine solche Beweislage zu schaffen. Dies ist leider einer der Gründe, weshalb der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin bisher nur eine Nebenrolle gespielt hat.
Abschliessend kann also festgehalten werden, dass die arbeitsmedizinische Versorgung in der Schweiz im Bezug auf die physische Gesundheit mittlerweile einen sehr hohen Standard erreicht hat. Die Arbeitssicherheit muss nicht mehr neu erfunden, sondern lediglich in ihren Feinheiten adaptiert – und vor allem umgesetzt – werden. Der psychische Aspekt der Arbeitsmedizin geniesst einerseits noch nicht den selben Stellenwert wie der physische, andererseits wird er aber auch zunehmend relevanter und dringlicher.
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Die Schwangerschaft ist vermutlich der Zeitraum, in dem man als Frau am meisten gut gemeinte Ratschläge erhält. Dabei ist es sehr schwierig zu entscheiden, welche Tipps man umsetzen will und welche nicht. Dieser Artikel soll in Bezug auf die Ernährung während der Schwangerschaft Abhilfe und Klarheit schaffen.
Höherer Energiebedarf während der Schwangerschaft
Ganz generell muss die Ernährung während der Schwangerschaft während der Schwangerschaft erhöht werden, denn als werdende Mutter muss man zwei Organismen versorgen und hat somit einen höheren Energiebedarf. Das Austauschorgan für Nährstoffe ist die Plazenta. Die Erhöhung der Nahrungszufuhr ist jedoch nicht während der gesamten Schwangerschaft notwendig, sondern erst nach der sogenannten histiotrophen Phase der Schwangerschaft, welche drei Monate dauert.
Die histiotrophe Phase der Schwangerschaft beschreibt den Zeitraum, in dem der Embryo nicht über die Plazenta, sondern durch umliegende Zellen (sogenannte Deziduazellen) versorgt wird. Die histiotrophe Phase umfasst die ersten 10 Wochen der Schwangerschaft, da die Plazenta so lange braucht, um sich optimal aufzubauen und ihre Funktionen ausüben zu können. Das ist insofern verwunderlich, als dass der Embryo während der gesamten Embryogenese (in dieser findet die gesamte Organbildung statt) nicht durch die Mutter versorgt wird, sondern durch ebendiese Deziduazellen.
Die erhöhte Nahrungszufuhr ist demzufolge erst ab dem vierten Monat notwendig, da der Energiebedarf erst nach der histiotrophen Phase ansteigt. Fortan muss der Grundbedarf der Mutter und des Fötus abgedeckt sein. Der höhere Bedarf ist jedoch nicht sehr ausgeprägt. Bereits ein zusätzliches Joghurt, eine Frucht und zum Beispiel Nüsse reichen aus, um den täglichen Mehrbedarf abzudecken. Wichtig ist, alle Energielieferanten (Kohlenhydrate, Proteine, Fette) aber auch Vitamine ungefähr gleichmässig einzunehmen.
Welche Nahrungsmittel werden empfohlen und auf welche sollte man ganz verzichten?
Am naheliegendsten und auch am bekanntesten, wenn es um die Ernährung während der Schwangerschaft geht, ist der Alkoholverzicht während der Schwangerschaft. Doch warum eigentlich auf Alkohol verzichten? Sobald die Plazenta vollständig ausgebildet ist, trinkt der Fötus immer mit. Die Mutter und der Fötus hätten also innert Minuten denselben Alkoholpegel! Das ist sehr gefährlich, da Alkohol die Zellteilung negativ beeinflusst und Mutationen, die zu Fehlbildungen führen, fördert.
Obwohl der Embryo während der histiotrophen Phase noch nicht über die Plazenta versorgt wird, muss auch in dieser Phase vom Alkoholkonsum dringend abgesehen werden. Denn der Alkohol wirkt sich auch in dieser Zeit negativ auf die Zellteilungen aus und erhöht daher die Gefahr für körperliche und neurologische Fehlbildungen ab dem ersten Tag der Schwangerschaft. Die Mechanismen, wie der Alkohol in die den Embryo versorgenden Deziduazellen gelangt und damit schädigende Wirkung ausüben kann, sind bis heute ungeklärt.
Ähnlich wie beim Alkohol gilt auch beim Koffein, dass das Kind innert Minuten denselben „Pegel“ hat. Deshalb sollte Koffein während der Schwangerschaft nur sehr moderat konsumiert werden. Numerisch bedeutet das, dass zwei Tassen pro Tag das Maximum sind, denn die Effekte auf den Fötus sind dieselben wie für die Mutter. Die Wachheit wird gefördert und das Nervensystem des Fötus wird allgemein angeregt.
Ein weiterer Inhaltsstoff, den man bei der Ernährung während der Schwangerschaft meiden sollte, ist Chinin. Chinin ist ein Alkaloid mit sehr bitterem Geschmack und kommt zum Beispiel in Tonic Water und Bitterlimonaden vor. Er wird auch als Arzneimittel gegen Krämpfe eingesetzt und kann in hohen Dosen sogar Abtreibungen bewirken. Früher wurde Chinin sogar als Wehenauslöser eingesetzt.
Doch was gehört nun zu einer gesunden Ernährung während der Schwangerschaft? Sehr gesund sind eine überdurchschnittlich hohe Zufuhr an pflanzlichen Produkten. Bei tierischen Produkten wird empfohlen, dass nichts roh verzehrt wird. Rohe Lebensmittel müssen gemieden werden, um den Fötus vor einer Infektion mit Listerien oder Toxoplasmose zu schützen. Diese beiden Erreger kommen häufig in rohen Lebensmitteln vor und sind für die Mutter ungefährlich. Der Fötus trägt jedoch erhebliche Schäden davon, denn die Listerien (eine Bakterienform) lösen vorzeitige Wehen aus und können zu einer Sepsis beim Kind führen. Eine sehr gute Proteinzusammensetzung für den Fötus liefert beispielsweise gekochter Lachs.
Abschliessend eine zusammenfassende Übersicht: Alkohol muss während des gesamten Schwangerschaftszeitraums komplett gemieden werden! Ein Chininverzicht ist auch wichtig, hier kann man sich jedoch, wenn der Wunsch danach besteht, wöchentlich ein Glas gönnen, ohne sich Sorgen machen zu müssen. Koffein sollte ebenfalls nur moderat genossen werden. Sehr gesund sind pflanzliche Produkte sowie Lachs. Bei pflanzlichen und tierischen Produkten muss jedoch streng darauf geachtet werden, nichts roh zu verzehren.
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Die Colitis ulcerosa (umgangssprachlich meist nur „Colitis“ genannt) ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Ungefähr 0.5% der Schweizer Bevölkerung leidet an Colitis ulcerosa, und die Häufigkeit hat in den letzten Jahren zugenommen. Prognostoziert wird eine weitere Zunahme der Prävalenz in den nächsten 20 Jahren. Die Zunahme der Prävalenz lässt sich nicht genetisch erklären, sondern liegt an Umweltfaktoren. Diese sind schwer zu bestimmen. Jedoch weiss man, dass ein Mangel an Vitamin-D und Ballaststoffen die Ausbildung einer Colitis ulcerosa begünstigt.
Wie äussert sich die Colitis ulcerosa klinisch?
Das Leitsymptom aller chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist der Durchfall. Bei der Colitis ulcerosa sind Blutbeimengungen im Stuhl sehr häufig und die allermeisten Patienten und Patientinnen klagen auch über Schmerzen. Die Schmerzen sind in der Regel auf die linke Seite des Bauches beschränkt, weil die Colitis ulcerosa vor allem linksseitig (in 80% der Fälle) auftritt. Regelmässiger Durchfall (Diarrhoe) mit Blutbeimengung ist aufgrund der hohen Prävalenz mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Colitis ulcerosa. Durch die Blutbeimengung kann man die Colitis ulcerosa vom Morbus Crohn unterscheiden, denn beim Morbus Crohn treten Blutbeimengungen nur in ca. 15% der Fälle auf. Zusammen bilden Colitis ulcerosa und Morbus Crohn die beiden häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.
In den allermeisten Fällen sind die Betroffenen bei der Diagnosestellung einer Colitis ulcerosa zwischen 20 und 40 Jahren alt. Die genaue Ursache der Erkrankung versteht man bis heute nicht, es wird jedoch ein Zusammenspiel von genetischen Risikofaktoren und Umweltfaktoren postuliert. Zudem wird ein Barrieredefekt an der Darmschleimhaut angenommen, was lokale Entzündungen begünstigt. Aufgrund des Barrieredefekts ist das Epithel des Kolons durchlässiger, was das Präsentieren von Antigenen und das Eindringen von Immunzellen deutlich vereinfacht.
Wie wird die Colitis ulcerosa diagnostiziert?
Der Goldstandard zur Diagnostik einer Colitis ulcerosa ist die Ileokoloskopie (Darmspiegelung). Dort präsentiert sich die Krankheit mit starken Blutbeimengungen im Darm und Pseudopolypen. Ein Pseudopolyp beschreibt eine kleine Vorwölbung der Darmschleimhaut und unterscheidet sich vom echten Polypen dadurch, dass der Pseudopolyp nicht in das Lumen des Kolons, also in den freien Raum zwischen den Darmschlingen, hineinragt. Mit Kolon ist der Hauptteil des Dickdarms gemeint, zu dem auch der Blinddarm zählt. Die Pseudopolypen sind sehr dicht aneinander und bilden eine höckerige Darmschleimhaut.
Für das Krankheitsbild der Colitis ulcerosa ist sehr typisch, dass sich der Befall auf das Kolon begrenzt und auch innerhalb des Kolons nur ein Abschnitt (meist das linksseitige Kolon) betroffen ist. Dies ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zum Morbus Crohn, denn beim Morbus Crohn weitet sich der Befall auch auf den Dünndarm und teils sogar auf den Magen aus.
Therapiert wird die Colitis ulcerosa mittels 5-Aminosalizylsäure. Dieses Molekül wirkt antiinflammatorisch und wirkt nur lokal. Das bedeutet, dass es nicht in die Zirkulation gelangt und sich nur im Darm entfaltet. Das Medikament wirkt dadurch, dass es die Bildung von Entzündungsmediatoren unterdrückt und die Botenstoffe, welche Immunzellen «anlocken» würden, gehemmt werden.
Was wäre die optimale Therapie der Colitis ulcerosa und was wird in der Praxis umgesetzt?
Weil die 5-Aminosalizylsäure nur lokal wirkt, gab es Untersuchungen zur rektalen Anwendung. Die Studie hat gezeigt, dass die rektale Anwendung (= das rektale Einlassen eines Schaums mit demselben Wirkstoff) bessere Ergebnisse ergibt, als die orale Anwendung (Tablette). Die Kombinationstherapie aus oraler und rektaler Anwendung ergibt die mit Abstand beste Wirkung! Der klinische Alltag sieht jedoch leider so aus, dass nur 15% aller Betroffenen mit Colitis ulcerosa eine orale und eine rektale Therapie erhalten.
Dies hat nichts mit höheren Kosten oder fehlendem Wissen auf Seiten der Ärzteschaft zu tun, sondern einzig und allein mit Konventionen. Umfragen haben jedoch gezeigt, dass über 80% der Patientinnen und Patienten die rektale Therapie durchgeführt hätten, wenn sie darüber aufgeklärt worden wären. Auch wenn die Therapieform unkonventionell ist, sollte sie den Betroffenen dennoch nicht vorenthalten werden, insbesondere da die Unterschiede in der Wirkung beachtlich sind. Hinzu kommt, dass die rektale Therapie von den Betroffenen selbst durchgeführt werden kann und sie dabei nicht auf fremde Hilfe angewiesen sind.
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Hauptmerkmale und Risikofaktoren von Muskelkater
Vereinfacht gesagt entstehen in der Muskulatur kleine Faserrisse und somit strukturelle Veränderungen in der Muskulatur. Dadurch kommt es zu einer entzündlichen Reaktion, welche als Schmerz oder «Muskelkater» wahrgenommen wird. Muskelkater tritt hauptsächlich nach körperlichen Aktivitäten bei einer vorangehenden Inaktivität oder nach besonders schweren, ungewohnten Belastungen auf.
Die Symptome können sich nach einigen Stunden zeigen und erreichen ihren Höhepunkt nach ein bis drei Tagen. Sie äussern sich in Kraftlosigkeit, Druckempfindlichkeit und Festigkeit der betroffenen Muskulatur. Die entstandenen «Schäden» heilen komplett aus. Erfahrungsgemäss kann eine Schmerzlinderung erreicht werden. Ruhigstellung, Schonung und warme sowie kalte Anwendungen können helfen.
Dehnen oder nicht?
Wissenschaftlich konnte nicht belegt werden, ob Dehnungen nach Auftreten von Muskelkater diesen vermindern (Herbert et al., 2011). Ob im Allgemeinen Muskeldehnungen bezüglich einer Vermeidung von Muskelkater einen Einfluss haben, wird in der Literatur nach wie vor diskutiert. Die Studie von Wiemann und Kamphoefner (1995) war eine der ersten, die die Meinung, dass Dehnungen Muskelkater verhindern, widerlegte. Man kam sogar zu dem Schluss, dass das Risiko, sich zu verletzen, und das Erscheinen von Muskelkater wahrscheinlich steigen (ebd.). Dadebo et al. (2004) hingegen berichteten von vermindert auftretenden Zerrungen am hinteren Oberschenkel bei Fussballspielern, je mehr Dehnungen angewandt wurden.
Es ist wichtig, zwischen Vorbeugung und Behandlung zu unterscheiden. Ich vertrete die Meinung, dass bei einer akuten Form von Muskelkater – wenn dieser also bereits aufgetreten ist – auf Dehnungen verzichtet werden sollte. Der Muskel ist in dieser Phase bereits beschädigt und sollte nicht weiter gezerrt werden.
In Literaturarbeiten und experimentellen Studien gibt es wiederum Hinweise darauf, dass eine verminderte Muskelflexibilität (= Dehnfähigkeit der Muskulatur) mit dem gehäuften Auftreten von Verletzungen in Verbindung steht. Daraus kann man schliessen, dass Muskeldehnungen zur Verletzungsprophylaxe eingesetzt werden können.
Wärme oder Kälte?
Kältebäder dienen Profisportlern dazu, sich nach Strapazen zu regenerieren. Der Körper wird heruntergekühlt und die vom Herz entfernt gelegenen Gefässe verengt. Durch diesen Vorgang werden die Stoffwechselprozesse verlangsamt und entzündliche Prozesse gebremst. Die Kälte hemmt auch die Schmerzrezeptoren, was schmerzstillend wirkt.
Während einer körperlichen Belastung produziert der Muskel Wärme und der Stoffwechsel sowie die Durchblutung sind erhöht. Nach der Belastung kühlt der Muskel ab und damit gehen Stoffwechsel und Durchblutung zurück. Jedoch ist dieser Prozess nicht förderlich für die Regeneration, da sich nun entzündungsfördernde Prozesse in der Muskulatur bilden. Durch Wärmeanwendungen können Temperatur und Durchblutung aufrechterhalten werden. Dadurch werden auch Stoffwechselabbauprodukte schneller abtransportiert.
Ob Wärme oder Kälte die Schmerzen beim Muskelkater besser bekämpfen können, war die Fragestellung einer veröffentlichen Metaanalyse (Wang et al., 2021). Es wurden 22 Studien analysiert, die sich mit dieser Thematik beschäftigen (ebd.). Die Ergebnisse zeigen, dass Kälte die Schmerzen nach 24 Stunden bedeutend reduzieren können. Jedoch führen Kälteanwendungen zu keiner signifikanten Reduktion nach mehr als 24 Stunden (ebd.).
Wärme wurde ebenfalls untersucht. Auch hier konnte eine erhebliche Schmerzreduktion festgestellt werden (Wang et al., 2021). Diese war sogar nach mehr als 24 Stunden noch bemerkenswert. Vor allem Wärmeauflagen (z. B. Fango oder Wärmepflaster), die über einen längeren Zeitraum von acht Stunden angewendet werden, haben einen grossen Effekt (ebd.). Tendenziell waren die Effekte bei Wärmeanwendungen grösser als bei Kälteanwendungen.
Eine Studie mit 100 Probanden, die Wärmeauflagen für acht Stunden mit Cool-Packs für 20 Minuten verglich, kam zwar zum Ergebnis, dass Kälte die Schmerzen in einem grösseren Ausmass lindern konnte (Petrofsky et al., 2015). Dafür war die Wärmeanwendung direkt nach der Belastung am effektivsten, um den Kraftverlust an den Folgetagen möglichst gering zu halten.
Praktische Tipps aus der Physiotherapie bei Muskelkater
– Vermeiden von hohen Kraftbelastungen bis zum Abklingen der Schmerzen (Seidel, J. 2017)
– Ruhigstellung, Schonung (ebd.)
– kürzere Trainingsphasen und geringe Intensität bei ungewohnten Belastungen (ebd.)
– präventive Integration von Dehnungen / Mobilitätseinheiten als einzelne Trainingseinheit
– kaltes Wasser / Eiswasser (ebd.)
– Wärmeanwendungen
Quellen
Herbert, RD. & de Noronha, M. & Kamper, SJ. (2011). Stretching to prevent or reduce muscle soreness after exercise. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 7. https://doi.org/10.1002/14651858.CD004577.pub3.
Wiemann, K. & Kamphoefner, M. (1995). Verhindert statisches Dehnen das Auftreten nach Muskelkater nach exzentrischem Training? Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, vol. 1995, 411-421. 0344-5925, 2627-2458
Dadebo, B., White, J., & George, K. P. (2004). A survey of flexibility training protocols and hamstring strains in professional football clubs in England. British journal of sports medicine, 38(4), 388–394. https://doi.org/10.1136/bjsm.2002.000044
Petrofsky, J. S., Khowailed, I. A., Lee, H., Berk, L., Bains, G. S., Akerkar, S., Shah, J., Al-Dabbak, F., & Laymon, M. S. (2015). Cold Vs. Heat After Exercise-Is There a Clear Winner for Muscle Soreness. Journal of strength and conditioning research, 29(11), 3245–3252. https://doi.org/10.1519/JSC.0000000000001127
Wang, Y., Li, S., Zhang, Y., Chen, Y., Yan, F., Han, L., & Ma, Y. (2021). Heat and cold therapy reduce pain in patients with delayed onset muscle soreness: A systematic review and meta-analysis of 32 randomized controlled trials. Physical therapy in sport: official journal of the Association of Chartered Physiotherapists in Sports Medicine, 48, 177–187. https://doi.org/10.1016/j.ptsp.2021.01.004
Seidel, J. (2017). Handbuch Physiotherapie – Manuelle Therapie (1. Auflage). KVM – Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH, ein Unternehmen der Quintessenz-Verlagsgruppe
Physiotherapeut
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Die Feuerwehr hat als eine von drei Blaulichtinstitutionen einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und wird in der Schweiz zu einem überwiegenden Grossteil durch ein Milizsystem abgedeckt. Das bedeutet, dass die Feuerwehrleute ihre Arbeit vorwiegend freiwillig (nebenberuflich) ausüben. Feuerwehrleute setzen sich bei ihren Arbeiten regelmässig einem grossen Risiko aus. Die gesundheitlichen Risiken für Feuerwehrleute sowie mögliche Lösungsansätze zur Minimierung des Risikos und verschiedene Präventionsmassnahmen werden in diesem Artikel erläutert.
Der naheliegendste Risikofaktor, dem Feuerwehrleute bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind, ist der Rauch. Der Rauch, der bei einem Feuer entsteht, ist nachgewiesenermassen krebserregend. Dies hat damit zu tun, dass modernes Baumaterial viele krebserregende Stoffe enthält. Zum Vergleich: eine alte brennende Holzscheune erzeugt einen „gesünderen Rauch“ (weniger krebserregende Stoffe, da nur Holz) als ein modern gebautes Einfamilienhaus. Weil der Rauch vor allem über die Schleimhäute in den Körper gelangt, sind insbesondere Lungenkarzinome und Karzinome im Rachenbereich häufige Erscheinungen nach regelmässiger Rauchexposition. Auch abgesehen vom Rauch sind Feuerwehrleute krebserregenden und giftigen Substanzen ausgesetzt. Denn die Feuerwehr ist beispielsweise auch involviert, wenn giftige Substanzen in die Natur ausgetreten sind. Daher ist die korrekte Anwendung von Schutzausrüstung zentral bei der Bekämpfung von giftigen Substanzen.
Nebst dem Risiko durch Rauch und giftige Substanzen gibt es weitere gesundheitliche Risiken für Feuerwehrleute. So haben Feuerwehrleute beispielsweise ein erhöhtes Risiko von plötzlich auftretenden Problemen des Herzkreislaufsystems. Der Grund liegt darin, dass das Kreislaufsystem bei einem Brand einem länger anhaltenden massiven Stress und einer starken Hitze ausgesetzt ist. Dies erfordert eine massiv erhöhte Leistung des Herzens während Feuerwehreinsätzen.
Wie kann das kardiovaskuläre Risiko von Feuerwehrleuten minimiert werden? Weil Feuerwehrleute durch ihre Tätigkeit ein erhöhtes Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen haben, sind präventive Massnahmen entscheidend. Bei Stress und Hitze reagiert der Körper mit sehr starker Schweissproduktion (= starker Flüssigkeitsverlust) sowie einer Erhöhung der Körpertemperatur. Zudem wird die Bildung von Blutplättchen angeregt. Die Bluttplättchen können dann im schlimmsten Fall zu einem Gerinnsel verklumpen und ein arterielles Gefäss verstopfen. Dies erklärt das erhöhte kardiovaskuläre Risiko. Die beste Prävention für kardiovaskuläre Erkrankungen ist eine gute Fitness. Feuerwehrleute werden daher dazu angehalten, in ihrer Freizeit regelmässig ihre Fitness zu trainieren. Schnelles Joggen oder Intervalltraining bilden dabei die beste Grundlage, um das kardiovaskuläre System positiv zu belasten. Diese Belastung soll dazu dienen, dass der Körper und das Kreislaufsystem sich an die Herausforderungen bei einem Feuerwehreinsatz gewöhnen und ein Feuerwehreinsatz keine zu hohe Anforderung an den eigenen Körper darstellt.
Ein Beispiel für ein kardiovaskuläres Ereignis bei Feuerwehrleuten ist der Hitzschlag. Beim Hitzschlag versagen die Thermoregulationsmechanismen des Körpers, was zu einem Anstieg der Körpertemperatur auf über 40°C führt. Dies bringt die verschiedenen Organsysteme an ihre Belastungsgrenze und es treten die Leitsymptome Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zur Synkope (= Bewusstlosigkeit) auf.
Entscheidend für die Bekämpfung der gesundheitlichen Risiken für Feuerwehrleute sind gute Aufklärungsarbeit und die korrekte Anwendung sowie Reinigung der entsprechenden Ausrüstung. Diese zwei Aspekte erhöhen die Sicherheit für Feuerwehrleute entscheidend. Das Vermitteln von Wissen und die Sensibilisierung sind zwar Eckpfeiler der Prävention, dennoch muss die Umsetzung regelmässig überprüft werden. Um die körperliche Fitness der Feuerwehrleute sicherzustellen, gibt es beim Eintritt in die Feuerwehr einen obligatorischen Fragebogen und eine medizinische Untersuchung zur Tauglichkeitsabklärung. Wer bei der Feuerwehr ein Atemschutzgerät trägt, muss zudem alle fünf Jahre eine Lungenfunktionsprüfung absolvieren. Ab 40 Jahren reduziert sich das Intervall – dann müssen sich atemschutzgerättragende Feuerwehrleute alle drei Jahre und ab 50 Jahren sogar jährlich einer Lungenfunktionsprüfung unterziehen. Das hängt damit zusammen, dass die Lungenfunktion mit dem Alter physiologischerweise abnimmt und das Risiko von bösartigen Lungenerkrankungn steigt. Der gängigste Test zur Tauglichkeit ist der 12-Minuten-Lauf. Dieser prüft die Lungenfunktion und das kardiovaskuläre System sehr gezielt und zuverlässig.
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Essstörungen sind häufige Erkrankungen im Erwachsenenalter, die aber meist bereits im Jugendalter beginnen. Drei häufige Essstörungen sind die Anorexia nervosa (Magersucht), die Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht) und die Binge-Eating-Störung (Ess-Sucht). Diese drei Essstörungen treten nicht immer isoliert auf, sondern zeigen sich häufig als Mischformen oder können im Verlaufe der Erkrankung auch ineinander übergehen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Betroffenen einen gestörten Bezug zum eigenen Körper und zum Essverhalten aufweisen. Das daraus resultierende Unter- oder Übergewicht kann gesundheitsschädigende Folgen haben.
Die Ursachen für Essstörungen sind sehr vielfältig. Persönliche, soziale, gesellschaftliche, familiäre oder biologische Faktoren können die Essstörung begünstigen oder verursachen. Die Betroffenen weisen auch häufig ein verzerrtes Schönheitsideal auf, was zu einer ständigen Beschäftigung mit ihrem Essverhalten führen kann. Die Essstörung entwickelt sich häufig schleichend und anfangs unbemerkt. Bei einer Essstörung handelt es sich deshalb um eine ernstzunehmende schwere psychische Erkrankung, die einer professionelle Behandlung und Therapie bedarf. In den meisten Fällen ist nicht nur eine medizinische, sondern auch eine psychologische Betreuung vonnöten.
Die wahrscheinlich bekannteste Essstörung ist die Anorexia nervosa (umgangssprachlich Magersucht). Bei dieser Essstörung steht der Schlankheitswahn, die Angst vor einer Gewichtszunahme und ein verzerrtes Körperbild im Vordergrund. Aufgrund dessen schränken die Betroffenen die Nahrungsaufnahme stark ein und treiben exzessiv Sport, was zu einem Gewichtsverlust führt. Die Anorexia nervosa beginnt meist im Jugendalter und betrifft häufiger Mädchen als Jungen. Personen, die an einer Anorexia nervosa erkranken, zeigen oft zwanghafte und perfektionistische Charakterzüge.
Die Ursachen der Anorexia nervosa sind nicht endgültig geklärt, aber genetische sowie soziale, also umweltbedingte Faktoren haben klar einen Einfluss. Auch Personen mit psychischen Belastungsfaktoren weisen eine Prädisposition für diese Erkrankung auf. Bei einem BMI < 17 kg/m² wird in der Medizin von einer Anorexia nervosa gesprochen. Ohne Behandlung sterben etwa 10% der Betroffenen an dieser Essstörung. Insgesamt kann die Mangelernährung zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen. Die Betroffenen können einen Verlust der Knochendichte, Dehydrierung oder sogar Herzrhythmusstörungen erleiden. Die Behandlung setzt sich aus langfristiger Psychotherapie und regelmässigen ärztlichen Untersuchungen zusammen. Ausserdem müssen Massnahmen ergriffen werden, durch die die Kalorien- und Nährstoffzufuhr gewährleistet werden kann; wie zum Beispiel eine stationäre Aufnahme ins Krankenhaus.
Eine ebenfalls bekannte Essstörung ist die Bulimia nervosa (umgangssprachlich Bulimie). Hierbei handelt es sich um eine Essstörung, bei der in kurzer Zeit grosse Mengen an Nahrungsmitteln verzehrt werden und anschliessend Gegenmassnahmen wie Erbrechen, Abführen oder exzessiver Sport angewandt werden. Aufgrund der durchgeführten Gegenmassnahmen sind die Betroffenen häufig normalgewichtig. Von der Bulimia nervosa sind hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene betroffen. Auch hier sind häufiger Mädchen als Jungen betroffen. Personen, die an einer Bulimia nervosa erkranken, zeigen eher impulsive und depressive Charakterzüge. Die Betroffenen erleiden wiederholte Episoden von Essattacken, bei denen sie ein Gefühl des Kontrollverlustes erleben. Häufig greifen sie zu fettreicher und zuckerreicher Nahrung. Die Nahrungsmenge der Essattacke variiert je nach Person, kann aber mehrere tausend Kalorien betragen. Nach der Essattacke versuchen die Betroffenen, diese übermässige Kalorienzufuhr wieder auszugleichen, in den meisten Fällen durch selbstinduziertes Erbrechen.
Um die Diagnose dieser Essstörung zu stellen, müssen die Betroffenen in den letzten drei Monaten mindestens einmal pro Woche eine Essattacke gehabt, währenddessen einen Kontrollverlust gefühlt und nach den Essattacken eine Gegenmassnahme ergriffen haben. Die Behandlung der Bulimia nervosa setzt sich aus langfristiger kognitiver Verhaltenstherapie und einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (eine Form von Antidepressivum) zusammen. Der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer kann die Anzahl der Essattacken und dadurch auch des Erbrechens senken.
Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT, auf Englisch «cognitive behavioral therapy») kann bei beinahe allen psychischen Störungen und psychischen Begleiterscheinungen von körperlichen Erkrankungen genutzt werden. Die KVT wird aber besonders häufig bei Panik-, Angststörungen und Zwangserkrankungen eingesetzt. In der KVT entwickelt die Therapeutin bzw. der Therapeut mit der Patientin oder dem Patienten zusammen alternative Gedanken oder Verhaltensweisen für induzierende Ereignisse. Diese Bewältigungsstrategien sollen dann im Alltag wiederholt geübt und integriert werden. Die KVT zielt darauf ab, die Selbstständigkeit der Patienten und Patientinnen zu steigern und deren Gefühle zu regulieren.
Eine etwas unbekanntere Essstörung ist die Binge-Eating-Störung. Diese Erkrankung zeichnet sich ebenfalls durch Essattacken mit einem einhergehenden Kontrollverlust aus, allerdings werden hierbei keine Gegenmassnahmen ergriffen. Aufgrund der fehlenden Gegenmassnahmen sind die meisten Betroffenen übergewichtig oder leiden an Adipositas (krankhafte Fettleibigkeit). Von dieser Essstörung sind erwachsene Frauen und Männer beinahe gleichhäufig betroffen. Die Betroffenen zeigen während einer Esssattacke ein ähnliches Verhalten, wie Personen mit Bulimia nervosa. Sie essen sehr grosse Nahrungsmengen, bis ein unangenehmes Völlegefühl erreicht wird, und verspüren nach den Essattacken häufig Schuldgefühle, Ekel oder Depressionen. Um die Diagnose zu stellen, müssen Betroffene in den letzten drei Monaten mindestens einmal pro Woche eine Essattacke gehabt haben und währenddessen einen Kontrollverlust wahrgenommen haben. Die Behandlung der Binge-Eating-Störung erfolgt durch kognitive Verhaltenstherapie, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (eine Form von Antidepressivum) und Medikamente zur Gewichtsabnahme oder Appetitzügler.
Quellen
Attia E., Walsh B. T. Anorexia nervosa. Msdmanuals.com. Anorexia nervosa – Psychische Gesundheitsstörungen – MSD Manual Ausgabe für Patienten (msdmanuals.com)
Attia E., Walsh B. T. Bing-Eating-Störung. Msdmanuals.com. Binge-Eating-Störung – Psychische Gesundheitsstörungen – MSD Manual Ausgabe für Patienten (msdmanuals.com)
Attia E., Walsh B. T. Bulimia nervosa. Msdmanuals.com. Bulimia nervosa – Psychische Gesundheitsstörungen – MSD Manual Ausgabe für Patienten (msdmanuals.com)
Bundesministerium für Gesundheit (2021). Die kognitive Verhaltenstherapie. Gesund.bund.de. Essstörungen – wenn Essen zur Belastung wird | gesund.bund.de
Bundesministerium für Gesundheit (2020). Essstörungen: Wenn Essen zur Belastung wird. Gesund.bund.de. Essstörungen – wenn Essen zur Belastung wird | gesund.bund.de
Studentin Humanmedizin
Medizinische Content-Providerin (MED4LIFE)
Heutzutage arbeiten 20% aller erwerbstätigen Schweizer in einem Schichtsystem. Schichtarbeit wird definiert als eine Arbeitsleistung zu wechselnden Tages- oder Nachtzeiten oder zu konstanten, jedoch ungewöhnlichen Arbeitszeiten abseits der Tagesarbeit. Zu diesen Berufen gehören beispielsweise Pflege, Polizei, Logistik, Transport und Verkauf. Grundsätzlich gilt Tagesarbeit als Arbeit zwischen 6 Uhr und 20 Uhr, Abendarbeit zwischen 20 Uhr und 23 Uhr, Nachtarbeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr. Es gibt permanente Schichtsysteme (Dauerfrühschicht, Dauerspätschicht, Dauernachtschicht), aber auch rotierende Systeme sind oft im Einsatz (siehe „Arbeiten in der Nacht und in Schicht“, 2018). Durch zahlreiche Studien, die in einer Literaturanalyse ausgewertet wurden, konnte belegt werden, dass Nacht- und Wechselschichten durch die Störung des Tag-Nacht-Rhythmus zu Schlafmangel und Schlafstörungen führen können. Dies kann verminderte physische und mentale Leistungsfähigkeit bis hin zu Erkrankungen zur Folge haben (siehe „Leitlinie ‚Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit‘“, 2021).
Auswirkungen auf den Schlaf
Die Schlafdauer ist bei rotierenden 3-Schichtsystemen (also Früh-, Spät-, und Nachtdienst) und Nachtschichten reduziert, bei Spätschichten wiederum erhöht. Insbesondere im schnell-rotierenden 3-Schichtsystem ist der Schlaf merklich reduziert. Die permanente Nacht- und Spätschicht scheint die Schlafdauer weniger zu beeinträchtigen. Das heisst, schnell-rotierende 2- beziehungsweise 3-Schichtsysteme reduzieren die Schlafmenge am meisten. Des Weiteren zeigte die Literaturanalyse („Leitlinie ‚Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit‘“, 2021), dass Ruhezeiten zwischen zwei Diensten unter 11 Stunden mit vermehrter Müdigkeit einhergehen. Hinsichtlich Schlafproblemen und Müdigkeit vertragen Männer Schichtarbeit besser als Frauen, jüngere Personen besser als Ältere, wobei Ältere mehr Probleme im Nachtdienst, Jüngere hingegen mehr Schwierigkeiten mit dem Frühdienst haben.
Fehler und Unfälle
Die Literaturanalyse zeigte auf, dass die Häufung von risikobehafteter Arbeitsgestaltung (lange Arbeitszeit, Nachtdienste, hohe Anzahl von aufeinanderfolgenden Nachtdiensten) zu einem Anstieg des Unfallrisikos beitragen. Es konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass permanente Nachtschichtsysteme zu einer erhöhten Unfallhäufigkeit führen. Daraus ist zu entnehmen, dass nicht die Nachtarbeit an sich, sondern ein schnell-wechselndes Rotationssystem mit verminderter Konzentrationsfähigkeit und Fehlerhäufigkeit einhergeht, was wiederum zu Unfällen führen kann.
Herz-Kreislauferkrankungen
Schichtarbeit kann zu Schlafmangel, schlechter Schlafqualität und einer eingeschränkten Möglichkeit zur Erholung führen. Schichtarbeit ist mit ungünstigen Lebensstilveränderungen verbunden – dazu gehören schlechte Ernährungsgewohnheiten und Rauchen. Diese Faktoren begünstigen Entzündungen, Veränderungen in der Blutgerinnung und Blutdruckanstieg. Dadurch ist das Risiko für Herz- und Gefässerkrankungen erhöht.
Stoffwechselekrankungen
Die negativen Wirkungen von Schichtarbeit auf den Stoffwechsel beruhen auf den folgenden Faktoren: Nahrungsaufnahme zu einer Zeit, in der der Körper nicht auf Verdauung eingestellt ist, Schlafmangel und Störung des circadianen Rhythmus. Die Literaturanalyse deutete daraufhin, dass Schichtarbeit mit einem erhöhten Diabetes Typ II Risiko assoziiert ist. Ebenfalls ist das sogenannte metabolische Syndrom mit Schichtarbeit assoziiert. Dieses Syndrom beschreibt das Auftreten von den folgenden vier Veränderungen im Körper: hoher Blutzucker und damit einhergehende Insulinresistenz, stammbetonte Fettleibigkeit, erhöhte Blutfettwerte und hoher Blutdruck. Das metabolische Syndrom ist ein Risikofaktor für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Diabetes. Bei den genannten Stoffwechselerkrankungen sollte Schichtarbeit, insbesondere Nachtschicht, kritisch überprüft werden.
Gastrointestinale Erkrankungen
Ebenfalls gibt es einen Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und den folgenden Magen-Darm-Erkrankungen gibt: Magengeschwüre, funktionelle Darmerkrankungen wie Reizmagen und Reizdarm sowie Refluxkrankheit. Ferner gibt es laut der Studienanalyse Anhaltspunkte, dass das Risiko für Dickdarmkrebs bei einer Schichtarbeitstätigkeit über 15 Jahre erhöht ist. Die Frage, ob man zum Beispiel mit chronischer Darmerkrankung einer Schichttätigkeit nachgehen sollte, muss immer individuell erwägt werden und kann im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung evaluiert werden.
Neurologische Erkrankungen
Schichtarbeitende haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Migräne und Kopfschmerzen. Unregelmässiges Schlafverhalten und Schlafstörungen gelten als Triggerfaktor für Migräneanfälle und chronische Kopfschmerzen. Obwohl kein Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und einem Auftreten von Epilepsie zu beobachten ist, sollte bei Personen mit Epilepsie sehr sorgfältig überlegt werden, ob Schichtarbeit in Frage kommt.
Psychische Erkrankungen
Es zeigt sich ein erhöhtes Risiko für Depressionen beziehungsweise depressiver Symptomatik in Zusammenhang mit Schichtarbeit. Zu depressiver Symptomatik gehören zum Beispiel Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, Interessensverlust und eine gedrückte Stimmung. Wiederum gibt es den sogenannten „healthy worker effect“, das bedeutet, dass viele Beschäftigte auf die beginnende Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit mit dem Verlassen der Schichtarbeit reagieren. Erschöpfung, Erholungsbedürfnis sowie Schlafstörungen führen nämlich vermehrt zu einem Wechsel in reguläre Arbeitszeiten.
Krebserkrankungen
Aktuell kann man aus der Literatur nicht eindeutig beantworten, ob Schichtarbeit mit vermehrtem Auftreten von Krebserkrankungen einhergeht. Obwohl bis heute keine Kausalzusammenhänge zwischen Krebserkrankungen und Schichtarbeit gefunden wurden, gibt es Hinweise auf interne (genetische) und externe Faktoren (Lifestyle-Faktoren wie Rauchen, Essverhalten, Lichtexposition), welche das Krebsrisiko durch Schichtarbeit erhöhen.
Gibt es eine optimale Schichtplangestaltung?
Prinzipiell gilt, dass Schichtpläne sich möglichst nach den Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren sollten, beispielsweise durch Wahlarbeitszeiten oder individualisierte Dienstpläne. Es gelten zudem folgende Empfehlungen:
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Schichtarbeit einen indirekten und direkten Einfluss auf die Gesundheit hat. Da Schichtarbeit in vielen Berufen unabdingbar ist, ist es umso wichtiger, die Schichtpläne nach den physischen, psychischen und sozialen Bedürfnissen der Beschäftigten zu gestalten.
Quellen
Arbeiten in der Nacht und in Schicht. (2018). SECO | Direktion für Arbeit | Arbeitsbedingungen.
Groll, T. (2013, Januar 31). Gegen den Biorhythmus und die Gesundheit. Die Zeit. https://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-01/schichtarbeit-gesundheit-risiken?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
Leitlinie „Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit“. (2021). Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM).
Assistenzärztin (MED4LIFE)
4.8% der schweizerischen Bevölkerung leidet laut einer Umfrage aus 2019 an Kaufsucht. Dies spiegelt eine Umfrage aus dem Jahr 2003, wobei die Anzahl an Online-Kaufsüchtigen zum ersten Mal erfasst wurde. Demnach leidet 3.8% der Bevölkerung an einer physischen Kaufsucht in herkömmlichen Läden, 2.9% sind online-kaufsüchtig (Faktenblatt zu Kaufsucht – prevention.ch, 2021).
Die Studie zeigt, dass das Bildungsniveau das Kaufverhalten prägt: Personen mit geringerem Bildungsgrad sind häufiger kaufsüchtig. Auch sind jüngere Personen häufiger von Kaufsucht betroffen als ältere. Bei den Geschlechtern teilt sich das Konsumverhalten: Frauen kaufen eher modische Accessoires wie Schuhe, Kleidung und Kosmetik, Männer lieber Technik. Insgesamt befinden bis zu 21% der schweizerischen Bevölkerung in einer Vorstufe der pathologischen Kaufsucht, dem sogenannten risikoreichen Kaufverhalten.
Wie ist Kaufsucht definiert?
Eine eigenständige Diagnose für die Kaufsucht gibt es derzeit noch nicht, sie zählt aber allgemein zu den sogenannten „Verhaltenssüchten“. Dazu gehören zum Beispiel Spiel- und Glücksspielsucht. Auch wenn sich die Wissenschaft also noch nicht einig ist, wie Kaufsucht definiert werden soll, kann man sich an folgenden Merkmalen orientieren:
Doch Vorsicht: Auch bei einer Hypomanie oder Manie kann es zu unkontrolliertem Kaufverhalten kommen. Wenn das exzessive Kaufen zusammen mit weiteren Anzeichen einer Manie auftritt, wie vermindertes Schlafbedürfnis, Appetitlosigkeit, unkontrolliertem Rededrang, Ideenflucht und körperlicher Unruhe sollte dringend medizinischer Rat aufgesucht werden.
Wie äussert sich Kaufsucht?
Hier gibt es kein einheitliches Bild – die Kaufsucht äussert sich bei jedem Betroffenen anders. Manche Betroffene kaufen sich teure, exklusive Artikel. Andere sind auf der Suche nach Schnäppchen. Es gibt Betroffene, die unaufgefordert Geschenke für ihre Freunde und Familie besorgen. Die einen suchen nur im Internet, die anderen sind im Handel unterwegs. Mischformen kommen ebenfalls vor. Viele Betroffene durchlaufen auch längere Phasen, in denen sie ihrer Kaufsucht nicht nachgehen. Wichtig in der Diagnostik der Kaufsucht sind somit vor allem die oben genannten Merkmale (Kaufsucht, 2021).
Wer wird kaufsüchtig?
Alle Betroffenen haben eine objektbezogene Werteorientierung. Diese kann aber verschiedene Ursachen haben. Man geht davon aus, dass eine gewisse psychische Vulnerabilität häufig bereits vor der Kaufsucht besteht. So stecken hinter einer Kaufsucht manchmal zum Beispiel Depressionen, soziale Ängste, Persönlichkeitsstörungen (Borderline-Störung, narzisstische Störung, etc.) oder eine schwierige Kindheit. Allerdings muss die Kaufsucht nicht auf einer psychischen Krankheit gründen. Es gibt auch intrinsische Auslöser; negative Gefühlszustände wie Trauer, Frustration, Langeweile und ein geringes Selbstwertgefühl. Durch den Kauf ist die Stimmung kurz gehoben, dies ist aber kurzlebig – nach kurzer Zeit setzt meist Reue ein.
Wie kann man Kaufsucht behandeln?
Wenn Kaufsucht vorliegt, wird empfohlen, eine Verhaltenstherapie durch einen Psychotherapeuten bzw. einer Psychotherapeutin in Anspruch zu nehmen. Der entscheidende Punkt ist allerdings, dass der oder die Betroffene selbst die notwendige Änderungsmotivation mitbringt. Da das Kaufen eine alltägliche Aktivität ist, kann man es nicht komplett vermeiden. Das heisst, das therapeutische Ziel liegt darin, ein kontrolliertes Kaufverhältnis zu etablieren. Dabei werden die hinter der Sucht verborgenen Bedürfnisse und Enttäuschungen analysiert. Im nächsten Schritt werden alternative Verhaltensweisen gesucht, die zum Vermeiden der Kaufexzesse führen. Zusätzlich kann man das therapeutische Angebot sinnvoll ergänzen: zum Beispiel durch Selbsthilfegruppen, Schuldnerberatung und weitere psychotherapeutischen Angebote (Musiktherapie, Bewegungstherapie, Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankungen (z.B. einer Depression).
Der Kanton Zürich bietet einen Online-Beratungsfinder für diverse Suchterkrankungen an –für stoffgebundene (Alkohol, Cannabis) und Verhaltenssüchte (Kaufsucht, Spielsucht). Durch den Beratungsfinder kann man angeben, welche Art von Angebot man sich vorstellt, beispielsweise mit Onlinetools, vor Ort mit anderen Betroffenen oder durch Fachpersonen in einer Klinik oder Ambulanz. Es lohnt sich in jedem Fall, dieses Tool auszuprobieren – auch wenn man nicht im Kanton Zürich wohnt. Es werden nämlich viele internetbasierte und ortgebundene Angebote ausserhalb des Kantons Zürich empfohlen: https://suchtpraevention-zh.ch/safer-use-und-sucht/verhaltenssuchte/kaufsucht/ („Kaufsucht – Shopping-Sucht“, o. J.).
Was kann ich selbst gegen Kaufsucht tun?
Betroffene können diese Sofortmassnahmen auch ohne Hilfe durchsetzen:
Kaufsucht ein zunehmendes Phänomen. Mit ein Grund dafür ist der stark wachsende Online-Markt sowie die Tatsache, dass Kaufhürden tendenziell gesenkt werden (z.B. durch One-Click-Zahlungen online oder kontaktlosen Kartenzahlungen vor Ort). Glücklicherweise findet dieses Phänomen zunehmend Aufmerksamkeit in der Wissenschaft. Das Angebot an Beratungs- und Behandlungsstellen wächst kontinuierlich. Kaufsucht ist ein Krankheitsbild, das sich durchaus behandeln lässt. Wer sich gerne vertiefter mit dem Thema beschäftigen möchte, für den gibt es an dieser Stelle noch eine Filmempfehlung: „Shopaholic – die Schnäppchenjägerin“ (Originaltitel: „Confessions of a Shopaholic“). In diesem Film geht es um eine junge Frau in New York City, die an einer ausgeprägten Kaufsucht leidet. Er basiert auf zwei Romanen von Sophia Kinsella.
Quellen
Faktenblatt zu Kaufsucht—Prevention.ch. (2021, März 16). prevention.ch. https://www.prevention.ch/article/faktenblatt-zu-kaufsucht
Kaufsucht. (o. J.). Gesundheitsportal. Abgerufen 12. Oktober 2022, von https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/sucht/kaufsucht.html
Kaufsucht: Wenn Konsum zur Krankheit wird. (2021, Juli 2). https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/sucht/kaufsucht-wenn-konsum-zur-krankheit-wird/
Kaufsucht—Shopping-Sucht. (o. J.). Suchtprävention. Abgerufen 12. Oktober 2022, von http://suchtpraevention-zh.ch/safer-use-und-sucht/verhaltenssuchte/kaufsucht/
Assistenzärztin (MED4LIFE)
4.8% der schweizerischen Bevölkerung leidet laut einer Umfrage aus 2019 an Kaufsucht. Dies spiegelt eine Umfrage aus dem Jahr 2003, wobei die Anzahl an Online-Kaufsüchtigen zum ersten Mal erfasst wurde. Demnach leidet 3.8% der Bevölkerung an einer physischen Kaufsucht in herkömmlichen Läden, 2.9% sind online-kaufsüchtig (Faktenblatt zu Kaufsucht – prevention.ch, 2021).
Die Studie zeigt, dass das Bildungsniveau das Kaufverhalten prägt: Personen mit geringerem Bildungsgrad sind häufiger kaufsüchtig. Auch sind jüngere Personen häufiger von Kaufsucht betroffen als ältere. Bei den Geschlechtern teilt sich das Konsumverhalten: Frauen kaufen eher modische Accessoires wie Schuhe, Kleidung und Kosmetik, Männer lieber Technik. Insgesamt befinden bis zu 21% der schweizerischen Bevölkerung in einer Vorstufe der pathologischen Kaufsucht, dem sogenannten risikoreichen Kaufverhalten.
Wie ist Kaufsucht definiert?
Eine eigenständige Diagnose für die Kaufsucht gibt es derzeit noch nicht, sie zählt aber allgemein zu den sogenannten „Verhaltenssüchten“. Dazu gehören zum Beispiel Spiel- und Glücksspielsucht. Auch wenn sich die Wissenschaft also noch nicht einig ist, wie Kaufsucht definiert werden soll, kann man sich an folgenden Merkmalen orientieren:
Doch Vorsicht: Auch bei einer Hypomanie oder Manie kann es zu unkontrolliertem Kaufverhalten kommen. Wenn das exzessive Kaufen zusammen mit weiteren Anzeichen einer Manie auftritt, wie vermindertes Schlafbedürfnis, Appetitlosigkeit, unkontrolliertem Rededrang, Ideenflucht und körperlicher Unruhe sollte dringend medizinischer Rat aufgesucht werden.
Wie äussert sich Kaufsucht?
Hier gibt es kein einheitliches Bild – die Kaufsucht äussert sich bei jedem Betroffenen anders. Manche Betroffene kaufen sich teure, exklusive Artikel. Andere sind auf der Suche nach Schnäppchen. Es gibt Betroffene, die unaufgefordert Geschenke für ihre Freunde und Familie besorgen. Die einen suchen nur im Internet, die anderen sind im Handel unterwegs. Mischformen kommen ebenfalls vor. Viele Betroffene durchlaufen auch längere Phasen, in denen sie ihrer Kaufsucht nicht nachgehen. Wichtig in der Diagnostik der Kaufsucht sind somit vor allem die oben genannten Merkmale (Kaufsucht, 2021).
Wer wird kaufsüchtig?
Alle Betroffenen haben eine objektbezogene Werteorientierung. Diese kann aber verschiedene Ursachen haben. Man geht davon aus, dass eine gewisse psychische Vulnerabilität häufig bereits vor der Kaufsucht besteht. So stecken hinter einer Kaufsucht manchmal zum Beispiel Depressionen, soziale Ängste, Persönlichkeitsstörungen (Borderline-Störung, narzisstische Störung, etc.) oder eine schwierige Kindheit. Allerdings muss die Kaufsucht nicht auf einer psychischen Krankheit gründen. Es gibt auch intrinsische Auslöser; negative Gefühlszustände wie Trauer, Frustration, Langeweile und ein geringes Selbstwertgefühl. Durch den Kauf ist die Stimmung kurz gehoben, dies ist aber kurzlebig – nach kurzer Zeit setzt meist Reue ein.
Wie kann man Kaufsucht behandeln?
Wenn Kaufsucht vorliegt, wird empfohlen, eine Verhaltenstherapie durch einen Psychotherapeuten bzw. einer Psychotherapeutin in Anspruch zu nehmen. Der entscheidende Punkt ist allerdings, dass der oder die Betroffene selbst die notwendige Änderungsmotivation mitbringt. Da das Kaufen eine alltägliche Aktivität ist, kann man es nicht komplett vermeiden. Das heisst, das therapeutische Ziel liegt darin, ein kontrolliertes Kaufverhältnis zu etablieren. Dabei werden die hinter der Sucht verborgenen Bedürfnisse und Enttäuschungen analysiert. Im nächsten Schritt werden alternative Verhaltensweisen gesucht, die zum Vermeiden der Kaufexzesse führen. Zusätzlich kann man das therapeutische Angebot sinnvoll ergänzen: zum Beispiel durch Selbsthilfegruppen, Schuldnerberatung und weitere psychotherapeutischen Angebote (Musiktherapie, Bewegungstherapie, Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankungen (z.B. einer Depression).
Der Kanton Zürich bietet einen Online-Beratungsfinder für diverse Suchterkrankungen an –für stoffgebundene (Alkohol, Cannabis) und Verhaltenssüchte (Kaufsucht, Spielsucht). Durch den Beratungsfinder kann man angeben, welche Art von Angebot man sich vorstellt, beispielsweise mit Onlinetools, vor Ort mit anderen Betroffenen oder durch Fachpersonen in einer Klinik oder Ambulanz. Es lohnt sich in jedem Fall, dieses Tool auszuprobieren – auch wenn man nicht im Kanton Zürich wohnt. Es werden nämlich viele internetbasierte und ortgebundene Angebote ausserhalb des Kantons Zürich empfohlen: https://suchtpraevention-zh.ch/safer-use-und-sucht/verhaltenssuchte/kaufsucht/ („Kaufsucht – Shopping-Sucht“, o. J.).
Was kann ich selbst gegen Kaufsucht tun?
Betroffene können diese Sofortmassnahmen auch ohne Hilfe durchsetzen:
Kaufsucht ein zunehmendes Phänomen. Mit ein Grund dafür ist der stark wachsende Online-Markt sowie die Tatsache, dass Kaufhürden tendenziell gesenkt werden (z.B. durch One-Click-Zahlungen online oder kontaktlosen Kartenzahlungen vor Ort). Glücklicherweise findet dieses Phänomen zunehmend Aufmerksamkeit in der Wissenschaft. Das Angebot an Beratungs- und Behandlungsstellen wächst kontinuierlich. Kaufsucht ist ein Krankheitsbild, das sich durchaus behandeln lässt. Wer sich gerne vertiefter mit dem Thema beschäftigen möchte, für den gibt es an dieser Stelle noch eine Filmempfehlung: „Shopaholic – die Schnäppchenjägerin“ (Originaltitel: „Confessions of a Shopaholic“). In diesem Film geht es um eine junge Frau in New York City, die an einer ausgeprägten Kaufsucht leidet. Er basiert auf zwei Romanen von Sophia Kinsella.
Quellen
Faktenblatt zu Kaufsucht—Prevention.ch. (2021, März 16). prevention.ch. https://www.prevention.ch/article/faktenblatt-zu-kaufsucht
Kaufsucht. (o. J.). Gesundheitsportal. Abgerufen 12. Oktober 2022, von https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/sucht/kaufsucht.html
Kaufsucht: Wenn Konsum zur Krankheit wird. (2021, Juli 2). https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/sucht/kaufsucht-wenn-konsum-zur-krankheit-wird/
Kaufsucht—Shopping-Sucht. (o. J.). Suchtprävention. Abgerufen 12. Oktober 2022, von http://suchtpraevention-zh.ch/safer-use-und-sucht/verhaltenssuchte/kaufsucht/
Assistenzärztin (MED4LIFE)
Obwohl die DNA-Forschung ihre Ursprünge in der Medizin hat, findet sie heute in den verschiedensten Bereichen Anwendung. So kann die Lebensmittelindustrie dank der Gentechnik Lebensmittel züchten, welche länger haltbar sind oder weniger anfällig für Schädlinge. Die Forensik wiederum nutzt DNA-Analysen, um Verbrecher aufzuspüren oder Verdächtige zu entlasten. Trotz dieser verschiedenen neuen Anwendungsgebiete hat die Genetik in der Medizin nicht an Relevanz verloren. Im Gegenteil – die Humangenetik ist ein aufstrebendes Gebiet der modernen Medizin. Sie befasst sich mit dem Erbgut des Menschen und liefert Hinweise zu verschiedenen Erbkrankheiten, deren Therapie und teilweise auch deren Prävention.
Doch was ist DNA, wieso ist sie so wichtig für das Leben auf der Erde und vor allem, kann ich meine DNA schützen? Genau diese Fragen werden in diesem Artikel behandelt und sollen einen kleinen Einblick in die Humangenetik ermöglichen.
Was ist DNA?
Die DNA ist der Träger unserer Erbinformationen. Ein Massenspeicher. Ausgeschrieben steht DNA für Desoxyribonukleinsäure. Aufgebaut ist die DNA aus jeweils zwei Strängen bestehend aus Nukleotiden. Diese setzen sich zusammen aus Zucker Desoxyribose, Phosphaten und vier verschiedenen Basen. Die Basen sind Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Jede Base hat seinen festen Partner. So binden sich die Basen mithilfe von Wasserstoffbrücken miteinander – Adenin immer mit Thymin und Guanin mit Cytosin. Die Nukleotide sind in einem Strang nebeneinander aufgereiht und die Base bindet mit seinem jeweiligen Partner vom Gegenstrang. So entsteht eine Doppelhelix, zwei miteinander und umeinander verdrillte Einzelstränge.
Ein Abschnitt dieser Doppelhelix wird Gen genannt. Auf den Genen sind alle möglichen Eigenschaften des lebenden Organismus codiert, von sichtbaren Körpermerkmalen wie Haarfarbe, Augenfarbe oder Körpergrösse bis hin zu den nicht Sichtbaren wie zum Beispiel der Risikofaktor, an Brustkrebs zu erkranken. Allele sind Varianten eines Gens. Ein Beispiel dazu: Jeder Mensch besitzt Gene, welche die Augenfarbe bestimmen, aber nicht jeder hat das Allel für blaue Augen. Die DNA ist um Histone (Proteine) gewickelt, sodass Chromosomen entstehen. Der Mensch besitzt 46 Chromosomen, die jeweils paarweise vorkommen. 44 Autosomen und zwei Geschlechtschromosomen. Anders als Autosomen, die nummerisch geordnet sind, werden Geschlechtschromosomen mit Buchstaben angegeben. Sind zwei X-Chromosomen vorhanden, handelt es sich bei diesem Menschen um eine Frau. Männer hingegen haben ein X- und ein Y-Chromosom.
Was ist Trisomie 21?
Die Chromosomen kommen deshalb paarweise vor, weil immer eines von der Mutter und das andere vom Vater vererbt wird. Bei der Befruchtung kann es vorkommen, dass ein Chromosom zu viel oder zu wenig von der Mutter oder vom Vater weitergeben wird. Oft ist ein Fötus mit einer Chromosom-Störung nicht lebensfähig, was zu einem Schwangerschaftsabbruch führt. Allerdings gibt es Ausnahmen. Eine der bekanntesten ist die Trisomie 21, auch bekannt unter dem Namen «Down Syndrom». Bei der Trisomie 21 handelt es sich um ein zusätzliches Chromosom auf dem einundzwanzigsten Chromosomenpaar.
Was schädigt die DNA?
Strahlungen:
Ungesunder Lebensstil:
Die eigene DNA schützen
Die DNA wird von Generation zu Generation vererbt und ist schon vorgegeben. Trotzdem sind unsere Gene durch Umweltfaktoren beeinflussbar. Die Epigenetik ist ein Fachgebiet der Biologie, die sich genau mit dieser Frage auseinandersetzt: Durch welche Faktoren werden die Zellen beeinflusst? Da der menschliche Körper aus Zellen besteht und die DNA in den Zellen vorzufinden ist, gilt vereinfacht gesagt: Behandelt man seinen Körper gut, behandelt man auch sein Erbgut gut.
Quellen
Röntgen: Wie es funktioniert, worauf man achten sollte. (o. J.). Stiftung Gesundheitswissen. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/koerper-wissen/roentgen-wie-es-funktioniert.
Student Humanmedizin
Medizinischer Content-Provider (MED4LIFE)